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Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)

Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)

Titel: Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)
Autoren: Wilhelm Carl Grimm , Jacob Ludwig Carl Grimm
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solches Licht, wie man sich nirgendsher sonst könnte zu Wege bringen. Das von der Spindel zum Schlaf gestochene Dornröschen ist die vom Dorn entschlafene Brunhilde, nämlich nicht einmal die nibelungische, sondern die altnordische selber. Schneewitchen schlummert in rotblühender Lebensfarbe wie Snäfridr, die schönste ob allen Weibern, an deren Sarg Haraldur, der haarschöne, drei Jahre sitzt, gleich den treuen Zwergen, bewachend und hütend die totlebendige Jungfrau; der Apfelknorz in ihrem Munde aber ist ein Schlafkunz oder Schlafapfel. Die Sage von der goldnen Feder, die der Vogel fallen läßt, und weshalb der König in alle Welt aussendet, ist keine andere, als die vom König Mark im Tristan, dem der Vogel das goldne Haar der Königstochter bringt, nach welcher er nun eine Sehnsucht empfindet. Daß Loki am Riesen-Adler hängen bleibt, verstehen wir besser durch das Märchen von der Goldgans, an der Jungfrauen und Männer festhangen, die sie berühren; in dem bösen Goldschmied, dem redenden Vogel und dem Herz-Essen, wer erkennt nicht Sigurds leibhafte Fabel? Von ihm und seiner Jugend teilt vorliegender Band andere riesenmäßige, zum Teil das, was die Lieder noch wissen, überragende Sagen mit, welche namentlich bei der schwierigen Deutung des zu teilenden Horts willkomene Hilfe leisten. Nichts ist bewährender und zugleich sicherer, als was aus zweien Quellen wieder zusammenfließt, die früh von einander getrennt, in eignem Bette gegangen sind; in diesen Volks-Märchen liegt lauter urdeutscher Mythos, den man für verloren gehalten, und wir sind fest überzeugt, will man noch jetzt in allen gesegneten Teilen unseres Vaterlandes suchen, es werden auf diesem Wege ungeachtete Schätze sich in ungeglaubte verwandeln und die Wissenschaft von dem Ursprung unserer Poesie gründen helfen. Gerade so ist es mit den vielen Mundarten unserer Sprache, in welchen der größte Teil der Worte und Eigentümlichkeiten, die man längst für ausgestorben hält, noch unerkannt fortlebt.
     
    Wir wollten indes durch unsere Sammlung nicht bloß der Geschichte der Poesie einen Dienst erweisen, es war zugleich Absicht, daß die Poesie selbst, die darin lebendig ist, wirke: erfreue, wen sie erfreuen kann, und darum auch, daß ein eigentliches Erziehungsbuch daraus werde. Gegen das letztere ist eingewendet worden, daß doch eins und das andere in Verlegenheit setze und für Kinder unpassend oder anstößig sei (wie die Berührung mancher Zustände und Verhältnisse, auch vom Teufel ließ man sie nicht gern etwas böses hören) und Eltern es ihnen geradezu nicht in die Hände geben wollten. Für einzelne Fälle mag die Sorge recht sein und da leicht ausgewählt werden; im Ganzen ist sie gewiß unnötig. Nichts besser kann uns verteidigen, als die Natur selber, welche gerad diese Blumen und Blätter in dieser Farbe und Gestalt hat wachsen lassen; wem sie nicht zuträglich sind, nach besonderen Bedürfnissen, wovon jene nichts weiß, kann leicht daran vorbeigehen, aber er kann nicht fordern, daß sie darnach anders gefärbt und geschnitten werden sollen. Oder auch: Regen und Tau fällt als eine Wohltat für alles herab, was auf der Erde steht, wer seine Pflanzen nicht hineinzustellen getraut, weil sie zu empfindlich dagegen sind und Schaden nehmen könnten, sondern lieber in der Stube begießt, wird doch nicht verlangen, daß jene darum ausbleiben sollen. Gedeihlich aber kann alles werden, was natürlich ist, und darnach sollen wir trachten. Übrigens wissen wir kein gesundes und kräftiges Buch, welches das Volk erbaut hat, wenn wir die Bibel obenan stellen, wo solche Bedenklichkeiten nicht in ungleich größerm Maaß einträten; der rechte Gebrauch aber findet nicht Böses heraus, sondern nur wie ein schönes Wort sagt: ein Zeugnis unseres Herzens. Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere nach dem Volksglauben Engel damit beleidigen.
     
    Abweichungen, so wie allerlei hierher gehörige Anmerkungen haben wir wieder im Anhang mitgeteilt; wem diese Dinge gleichgültig sind, wird das Überschlagen leichter werden, als uns gerade das Übergehen wäre; sie gehören zum Buch insofern es ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Volksdichtung ist. Alle Abweichungen namentlich erscheinen uns merkwürdiger als denen, welche darin bloß Abänderungen oder Entstellungen eines wirklich einmal da gewesenen Urbildes sehen, da es im Gegenteil vielleicht nur Versuche sind, einem im Geist bloß vorhandenen, unerschöpflichen, auf
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