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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht
Autoren: Unbekannter Autor
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da so blauäugig sein, diesen Quatsch zu glauben?
    Tat sie aber. »Das ist sein Helfersyndrom. Für einen Kriminalbeamten läßt er sich wirklich tief in die Probleme anderer Menschen hineinziehen!«
    »Eigentlich hatten wir ja gehofft, Sie würden ihn vielleicht davon abbringen. Sie wissen, wie sehr er Sie mag.«
    »Nein, weiß ich nicht.« Sie machte mit ihrem Glas nasse Ringe auf dem Tisch.
    Ein unbehagliches, ratloses Schweigen senkte sich über die Gruppe. Vivian tat, was sie konnte, um beschäftigt zu bleiben - öffnete ihre Handtasche, ließ sie wieder zuschnappen, trank etwas, fiel über die Nüsse her, die noch in der Schale waren. Dann sagte sie mit gepreßter Stimme: »Ich kann nur sagen, er muß völlig vernarrt in sie sein, wenn er drei oder vier Kinder in Kauf nimmt. Ein jugendlicher Crackdealer - das hat ihm gerade noch gefehlt.«
    Melrose und Trueblood lachten. »Die ganze Situation übersteigt unser Vorstellungsvermögen. Ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen, als daß sich der Rücken unseres Superintendent beugt unter der Last -«
    Melrose trat ihn noch einmal.
    »Also hatte er nicht vor, zu meiner Hochzeit zu kommen?« Sie zog die Stirn kraus und zupfte an einem Faden ihres Dickens and Jones-Kleides. Melrose beobachtete, wie die Naht an ihrem Ärmel auf ribbelte.
    Trueblood sagte: »Doch. Natürlich mit der Familie.«
    Melrose legte die Hand vor Augen. Ursprünglich sollte ihre Taktik nur dazu führen, sie zurück nach Northants zu kriegen. Jetzt zerstörte Trueblood auch noch die Verbindung zwischen Jury und seiner Zukünftigen - o Gott, allmählich glaubte er es selbst!
    Vivian wußte nicht, wo sie hinsehen sollte - auf die beiden Männer? den Ärmel? die Decke? »Ich muß gehen. Franco wartet auf mich.«
    »Es war wunderbar, Sie zu sehen. Sie sehen strahlend schön aus. Franco muß sehr gut zu Ihnen sein.« Trueblood lächelte.
    Das würde sie nun völlig aus der Bahn werfen, dachte Melrose. Nicht ein einziges Mal war von Särgen, Transsylvanien, angespitzten Pflöcken oder Spiegeln die Rede gewesen.
    »O ja, ja, das ist er.« Diese neue Sichtweise auf den Grafen verwirrte sie. Sie erhob sich.
    »Wir sind in dem Hotel am Lido, falls Sie Ihre Meinung ändern sollten«, sagte Melrose und gab sich niedergeschlagen.
    »Ändern? Ich habe mir ja noch nicht einmal eine gebildet.«
    »Um so besser.« Er hielt Vivians Hand in beiden Händen. Wahrscheinlich würde sie es nicht aushalten, daß er und Trueblood wieder abzogen.
    Sie verließen den Palazzo Gritti alle zusammen. Sie war blaß und schrecklich verwirrt. »Wann fahren Sie zurück?«
    »In ein paar Tagen. Steht noch nicht fest.«
    »Es war nett von Ihnen zu kommen. Und mir zu erzählen, was los ist. Sie wissen schon.«
    Während sie in unterschiedliche Richtungen davongingen, sagte Trueblood: »Das war glänzend.«
    Woraufhin Melrose säuerlich sagte: »Das einzige
    Problem ist, daß er nicht heiratet.«
    »Ach was. Wenn Vivian kommt, wird sich das mit Jury, der Frau, den Krabbelkindern und dem Junkie längst erledigt haben.«
    Der Junge im Baum hatte sein Zeiss-Hochleistungsfernglas sorgfältig auf eine Szene gerichtet, die sich weniger als zweihundert Meter vom Gelände der Severn School entfernt abspielte.
    Ein tragbares Telefon baumelte ihm von der Schulter.
    Schon oft war der Junge auf diesen Baum geklettert und hatte über der hohen Steinmauer gesessen. Er hätte in der Hochstimmung schwelgen können, die bei solchen Ausblicken entsteht. Vielleicht bewegte es ihn so sehr, das er am liebsten ein Gedicht über das geschrieben hätte, was er sah.
    Dem war aber nicht so. Der Junge war nur an dem Ausblick interessiert, den ihm der Baum auf die Rennbahn unten gestattete, und auf die Pferde, die dort genau in diesem Augenblick ihre Runden drehten. In der Sekunde, als Rogue’s Gallery bei einer Drei-zu-fünf-Gewinnchance die Ziellinie überquerte, sprach er ins Telefon.
    »Nummer zehn, Dusty Answer, dreißig zu eins.«
    »Alles klar, Junge«, sagte sein um einiges älterer Kumpel, der vor den Toren der Severn School in einem zerbeulten Land Rover saß. Er drückte vier Ziffern auf seinem Autotelefon und wiederholte für die Person am anderen Ende den Namen des Pferdes, die Nummer des Rennens und die bescheidene Wette von zwanzig Pfund.
    Der Buchmacher seufzte. »Ich muß Sie timen, Boss, damit das klar ist.«
    »Natürlich«, sagte der Mann im Auto und wählte dann den Jungen im Baum an. »Er timt es. Aber ich glaube, bald haben wir ihn
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