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Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor
Autoren: Unbekannter Autor
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Achillesferse, einen Riß in der alten Cordjacke, hier war die Gelegenheit, Jurys tauben Ohren mehr zu predigen, als nur daß das Leben eines Polizisten dornenvoll sei, denn das lag auf der Hand. Jury konnte direkt sehen, wie Racer im Geist auf ihn anlegte, zielte und eine Salve abschoß. Nur daß er Platzpatronen geladen hatte.
    »Sie haben noch nie Genesungsurlaub beantragt.«
    »Vielleicht bin ich deshalb krank.«
    »>Genesungsurlaub< fällt in Wiggins’ Ressort. Der nimmt ihn für uns alle.«
    Antrag abschlägig beschieden. Immer das gleiche Lied. Immer die alte Leier. Wer von uns könnte nicht ein wenig Ruhe gebrauchen, insbesondere ich. Aber schmeiße ich etwa den Kram einfach hin ?
    »Ich finde, er sieht krank aus«, sagte Fiona Clingmore, die ins Zimmer getreten war und zwei hohe Papierstapel abtransportieren wollte, die sie jetzt im Arm balancierte. Ihre Augen jedoch hingen wie gebannt an der Falle, die Racer für den Kater Cyril aufgestellt hatte.
    Bildet sich der Chef wirklich ein, er könnte Cyril überlisten? hatte Fiona in ihrem Büro gefragt, wo sie sich die glänzenden Krallen feilte. In letzter Zeit wird es immer schlimmer mit ihm.
    »Falls Sie eine Krankschreibung von meinem Arzt haben wollen - wird gemacht.«
    »Ich bin überzeugt, Wiggins kann Ihnen ein Blatt aus einem Rezeptblock reißen. Die liegen sicherlich stapelweise auf seinem Schreibtisch rum.« Racer lächelte sein Rasiermesserlächeln, sah Jury über gefaltete Hände hinweg an und ließ dabei die Daumen umeinander rotieren wie Propeller.
    Fiona blickte von Jury zu Racer.
    »Er ist vollkommen erschöpft. Man kann ihm doch an der Nasenspitze ansehen, daß er sich praktisch nicht mehr auf den Beinen halten kann.«
    Für gewöhnlich trug Fiona Schwarz, heute beispielsweise ein leichtes Wollkleid mit enganliegendem Oberteil und Plisseerock; bedingt durch die Strümpfe mit Naht und die schwarze Kapuze, die ihr mattgoldenes Haar umschmeichelte, sah sie aus, als wollte sie eine Beerdigung sprengen. Immer wenn Jury Fiona ansah, mußte er an alte Schrankkoffer voller Cocktailkleider aus Taft, Briefe mit rosa Bändchen und rosenumrankte Oblaten denken, wie sie sie als Schüler in Poesiealben klebten .
    Trotz des schroffen Achselzuckens und kessen Hüftschwungs hatte Fiona etwas unendlich Rührendes. Hör auf, über sie und die Vergangenheit nachzudenken, sonst landest du im Geist noch bei deiner Mutter in der Fulham Road, Hand in Hand mit ihr, und siehst zu, wie sich die Wäsche in der Maschine dreht und dreht. Eine große Dosis Nostalgie war nun wirklich nicht das richtige gegen eine ausgewachsene Depression. Obwohl sich hier in Racers Büro beim Anblick der brillant konstruierten Katerfalle seine Laune zusehends besserte. Bei der Falle handelte es sich um eine kleine Holzkiste mit einem Klappverschluß, dessen Scharniere zuschnappten, sobald man die Klappe mit Fuß oder Pfote berührte. In der Kiste stand eine Büchse mit Ölsardinen. Racer behauptete, die Idee dazu aus alten Filmen über Jäger und Hottentotten (oder sonstige Ureinwohner) zu haben, in denen die Hottentotten andauernd in Gruben mit Netzen fielen, die mit Buschwerk verdeckt waren und sich rasch um sie zusammenzogen.
    Nur vergaß er dabei, daß Cyril - der Kater, der sich scheinbar aus dem Nichts in den heiligen Hallen von Scotland Yard eingefunden hatte - kein Hottentotte war. Jury und Fiona konnten es nicht fassen, die Sardinenfalle war einfach zu idiotisch. Natürlich klappte die Sache mit der Klappe. Aber Cyril brauchte sie nur mit der Schnauze wieder aufzuschieben, wenn er seine Büchse Sardinen verputzt hatte. Racer mußte irgendwie vorgeschwebt haben, er würde bei seiner Rückkehr aus dem Klub Cyril erwischen, wie er gerade mit den Tatzen verzweifelt an der Kiste kratzte. Sollten sich Racer und Cyril jemals begegnen (so Fiona), dann nur in der Hölle. Und das wäre dann (so Jury) eine in der Tat kurze Begegnung, denn schließlich konnte Cyril durch Feuer gehen, ohne sich auch nur ein Härchen seines glänzenden, kupferfarbenen Fells anzusengen. Houdini (so alle beide) hätte sich schneller aus seinem Unterwasserkäfig befreien können, wenn er Cyril mitgenommen hätte.
    Fiona verwahrte im Aktenschrank zwei Dutzend Büchsen Sardinen, um immer wieder die zu ersetzen, die Cyril verspeiste. Die Kiste war Cyrils wahre Wonne; sie war sein zweites Zuhause. Zuweilen war er so vollgefressen und träge, daß er über der Dose einnickte und Fiona ihn herauszerren mußte, ehe Racer
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