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Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)

Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)

Titel: Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)
Autoren: Lorna Freeman
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erinnerte mich auch an Ranulfs Feindseligkeit, als wir uns in Freston wiederbegegnet waren, und an seine Versuche, einen Keil zwischen Jusson und mich, zwischen mich und die Kirche und zwischen mich und mein Heim zu treiben.
    Doch dann hörte ich plötzlich das Rauschen des Meeres, und andere Bilder stiegen in mir hoch: Ranulf, umhüllt von Draht, dessen Stacheln sich in seine Haut gruben. Sein schmerzverzerrtes Gesicht und seine qualvolle Verwandlung. Und wie er aussah, nachdem der Fluch von seinem Haus genommen worden war. Wie er jetzt wirkte, mit seinen strahlenden Augen, selbst während er sich bemühte, seine Furcht nicht zu zeigen.
    Dann kam mir ein weiterer Gedanke, über das Wesen einer zweiten Chance. Und ich dachte, dass mir eine Eigenschaft meines Wasseraspekts, die des Rechtsprechenden, erheblich mehr Schwierigkeiten machen würde als meine Wahrheitsrune.
    Ich seufzte kurz. »Lasst Rosea durch Reinigungsriten läutern, dann sollen Dyfrig und Laurel sie untersuchen. Findet Seine Eminenz keine Spur der Hölle in ihr, kann sie nach Hause gehen. Findet Laurel keinen Wahnsinn, möge sie es ohne Ketten tun.«
    Unruhe machte sich unter den Anwesenden breit. Suiden drehte sich um und sah mich überrascht an, Thadro und Dyfrig blinzelten verwirrt, und Laurel legte die Ohren an. Nur Wyln blieb gelassen wie immer.
    »Der Richter …«, setzte der Zauberer an.
    »Ich weiß«, fiel Jusson ihm ins Wort. »Eine weitere Eigenschaft irgendeines pockenverseuchten Aspekts.« Er beäugte mich forschend. »Hast du vielleicht vor, das von jetzt an immer zu machen, hm? Ohne jede Vorwarnung mit vollendet schlichten Lösungen für höchst komplizierte Probleme herausplatzen?«
    »Ich …« Ich konnte gerade noch vermeiden, mit den Schultern zu zucken, und fühlte, wie ich errötete. »Es ist mir einfach so in den Sinn gekommen, Sire.«
    »Und außerdem ist dein Rat weit klüger als viele Ratschläge, die ich während meiner Herrschaft erhalten habe«, meinte Jusson. Müde wedelte er mit der Hand. »Also schön. Ich verfüge hiermit, was mein Cousin vorgeschlagen hat.«
    Ranulf schrie vor Freude auf, während eine Träne Beol lan über die Wange rollte und auf seiner Hand landete, die er im Schoß gefaltet hatte, wo sie funkelnd liegen blieb. Offenbar war Trauer nicht die einzige Möglichkeit, wie man Drachen Diamanten abluchsen konnte. »Danke, Sire«, sagte Beol lan leise. »Vielen Dank.«
    »Gern geschehen«, meinte Jusson, in dessen schwarzen, goldgeränderten Augen sich die Flammen des Kamins spiegelten. Das heißt, in Anbetracht der Ereignisse dieses Tages war es vielleicht auch keine Spiegelung. »Möchte sich jetzt auch jemand«, fuhr der König fort, »für Gawell und Ednoth einsetzen, hm?«
    Raues, finsteres Gelächter antwortete ihm, und man sah viele gefletschte Zähne.
    »Ich nehme das als Nein.« Jusson überging Thadro und wandte sich direkt an die Gardisten, die neben der offenen Tür standen. »Schafft sie herbei.«
    Einer der Gardisten eilte davon und kehrte Augenblicke später mit Friedenshüterin Chadde und Hauptmann Javes zurück, denen dieselbe bunt zusammengewürfelte Abteilung von Wachen folgte, die Gawell und Ednoth ins Haus eskortiert hatte. Jetzt wurden der Bürgermeister und der Vorsitzende der Kaufmannsgilde vor den König geschoben. Javes und Chadde schienen verhindert zu haben, dass die Leute sie verprügelten, denn sie sahen genauso aus wie vorher: Sie wiesen keine neuen blauen Flecken oder Schürfwunden auf. Aber Gawell trug nicht mehr die Amtskette des Bürgermeisters. Chadde hatte sie in der Hand und legte sie jetzt mit einer kurzen Verbeugung vor Jusson auf den Schreibtisch.
    »Sie ist nicht verflucht, Euer Majestät«, sagte sie, so gelassen wie gewöhnlich. »Wir haben Cais gefragt.«
    »Ah«, meinte Jusson, nahm die Kette hoch und hielt sie gegen das Licht.
    »Ist Cais auch ein Magier, Sire?«, fragte einer der Adligen zögernd.
    »Nein«, antwortete Jusson. »Er ist der Hüter meines Herdes.« Hüter des Herdes? Ich drehte mich herum und fing Cais’ Blick auf. Er lächelte gelassen, und seine Augen blitzten violett im Licht der Nachmittagsonne.
    »Habt Ihr noch nie einen Kobold gesehen, Hase?«, erkundigte sich Wyln amüsiert.
    »Ein anderes Thema für eine andere Gelegenheit«, kam Jusson mir zuvor. Er lehnte sich wieder auf dem Stuhl zurück und faltete die Hände über seinem Bauch, die Amtskette des Bürgermeisters um die Hand geschlungen. Dann streckte er die Beine aus und sah nicht
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