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Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)

Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)

Titel: Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)
Autoren: Lorna Freeman
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Friedenshüterin Chadde und führte mit ihr offenbar eine angeregte Diskussion.
    »Irgendwelche Kunde von Helto oder Bram, Sir?«, fragte ich, während ich die beiden beiläufig beobachtete.
    »Nein.« Javes seufzte. »Die Suchtrupps haben keine Spur von ihnen gefunden. Aber die beiden kannten jeden Pfad und jeden Wildwechsel in der Gegend. Vermutlich sind sie schon fast in Gresh.«
    »Sehr wahrscheinlich, Sir …« Ich hielt inne und versteifte mich. Trotz der Kälte trug Chadde keine Handschuhe, und ich sah etwas auf ihrer Handfläche. Etwas, das in dem dämmrigen Licht schimmerte. Etwas, das ich selbst auf meiner Handfläche trug.
    »Ich muss schon sagen«, meinte Javes, der die Friedenshüterin ebenfalls ansah. Er hob sein Lorgnon, um die Wahrheitsrune besser erkennen zu können. »Die hatte sie gestern noch nicht.« Der Hauptmann drehte sich zum König herum, aber Jusson war ein wenig zur Seite getreten, um die Neuankömmlinge zu begrüßen. »Weiß Jusson …?«
    Javes unterbrach sich, als Dyfrig vor den tragbaren Altar trat und mit seinem Amtsstab auf den Boden klopfte. Die Glöckchen bimmelten. Die Gespräche erstarben, und wir drehten uns alle zu dem Doyen um. In dem Moment stieg die Sonne über die Wipfel der Bäume und tauchte Dyfrig und den Altar in ihr kühles Morgenlicht. Ein perfekter Zeitpunkt, dachte ich, oder etwas anderes. Als ich hörte, wie Wellen an einen Sandstrand plätscherten, kam ich zu dem Schluss, dass ich es lieber nicht genauer wissen wollte.
    »Ist Ihnen schon aufgefallen, dass wir in letzter Zeit einen Ort immer nach einer Beerdigung verlassen?«, murmelte Javes.
    »Reiner Zufall, Sir«, erwiderte ich und widerstand dem Drang, mich zu bekreuzigen.
    Dyfrig hatte uns offenbar reden hören, denn er klopfte erneut mit dem Amtsstab auf die Erde. Der Hauptmann und ich verstummten. Dann lehnte der Doyen den Stab an den Altar und drehte sich mit leeren Händen zu uns herum. »Vor langer Zeit kam ich hierher, als ein Mord geschah. Ich unternahm nichts, um die Tat zu verhindern, sondern ging weg. Ich empfand nicht mehr Gewissensbisse, als ich beim Anblick einer braven Bürgerin empfunden hätte, die ihr Haus von Ungeziefer reinigte. Ich habe gefehlt.« Er zog seine Kirchenkleidung aus und enthüllte das weiße Büßergewand darunter. »Ich könnte eine Woche lang darüber predigen, wie sehr ich gefehlt habe und wie ich diesen Irrtum an alle jene weitergegeben habe, die meiner Obhut anvertraut waren.« Er legte die Kleidung auf den Altar. »Aber eine Rede, so gut ihre Absicht auch sei, bleibt dennoch nur das: Worte.« Er zog seine Schuhe aus, rollte seine Hose hoch und stand barfuß auf dem kalten Boden. »So lasst stattdessen unsere Taten sprechen.«
    Einen Moment herrschte Schweigen, dann setzte Jusson seine Krone ab, streifte seinen Umhang von den Schultern und entledigte sich ebenfalls seiner Stiefel. Thadro und die Königstreuen folgten seinem Beispiel, ebenso Jussons Adlige, ihre Bewaffneten, Ranulf und Beol lan. Rosea war bereits barfuß und schlug sich nun die Hände vors Gesicht, während ihr die Tränen zwischen den Fingern herunterliefen, als die Städter und Dorfbewohner ebenfalls ihre Schuhe auszogen. Ebner drehte sich herum, um seinen Soldaten ein Zeichen zu geben, aber diese hatten bereits ihre Umhänge abgenommen, und einige saßen auf dem Boden, um anderen zu helfen, ihre Stiefel auszuziehen. Ich entledigte mich meiner Stiefel im Stehen und platzierte sie neben meinen Umhang. Wyln betrachtete den Doyen einen Moment mit geneigtem Kopf, als lauschte er auf etwas, das nur er hören konnte. Dann streifte auch er Umhang und Schuhe ab, während Laurel seinen Umhang ablegte und den Stab an einen Baum lehnte.
    Dyfrig wartete, bis wir ihn wieder ansahen. Einige zitterten, und unser Atem bildete Wolken in der kühlen Luft. »In einigen Tagen werden wir die Ernte feiern«, sagte er. »Die Tage bis zum Erntefest jedoch erkläre ich hiermit zur heiligen Fastenzeit und zu Tagen der Trauer.« Er drehte sich zum Altar herum, ein Büßer unter vielen. »Lasst uns beten.«
    Als ich die Gebete der Buße anstimmte, flatterten die beiden Schmetterlinge von den Bäumen herab und setzten sich auf meine Schulter. Ihr Gewicht verband mich mit der Erde. Ich drehte mich um in der Erwartung, einen Schatten mit einem Geweih zwischen den Bäumen zu sehen, aber es war keiner da. Was nicht unbedingt etwas zu bedeuten hatte. Dann fühlte ich, wie der Boden sich unter meinen nackten Füßen bewegte, und sprang
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