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Greife nie in ein fallendes Messer

Greife nie in ein fallendes Messer

Titel: Greife nie in ein fallendes Messer
Autoren: Friedhelm Busch
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Sprache.
    Zwar drohte der Immobilienmarkt in den USA aus dem Tritt zu geraten, weil die Notenbank seit dem Sommer des Jahres 2004 kontinuierlich die Leitzinsen von 1 Prozent auf 5,25 Prozent angehoben hatte. Reichtum war also mit Häusern und Mietwohnungen nicht mehr zu erringen, doch dank der guten Konjunktur stiegen das Angebot an Arbeitsplätzen und das regelmäßige Lohneinkommen. Warum also den vergangenen Immobiliengewinnen nachtrauern? Schließlich kann man ja auch mit normaler Arbeit sein Geld verdienen und nicht nur mit Spekulationen auf dem Häuser- und Aktienmarkt. Sicher, das zuvor stürmische Wirtschaftswachstum in den USA verlor seit einigen Monaten an Kraft, aber deswegen von einer drohenden Rezession zu reden, das hielt ich für übertrieben. US-Notenbankchef Bernanke sah das lange Zeit genauso. Es würde zwar durch die Schwäche am Immobilienmarkt zu einem leichten Konjunkturabschwung und geringerem Gewinnwachstum in der Bauwirtschaft und im Einzelhandel kommen, von einer allgemeinen Rezession könne jedoch keine Rede sein, höchstens von einer weichen Landung der Wirtschaft mit entsprechenden Kurskorrekturen an den amerikanischen Aktienmärkten.
    Und so schnitzten wir uns alle unsere ideale Welt zurecht, während Professor Roubini in seinem New Yorker Quartier schmollte und gar nichts mehr verstand.
    Aus der Immobilienblase würde nach Meinung der Bankvolkswirte hüben wie drüben die Luft ganz langsam und fast geräuschlos |282| entweichen, wobei das Schlimmste offensichtlich schon überstanden war. Die Abkühlung der Wirtschaft sollte eigentlich die überhöhten Rohstoffpreise drücken, folglich könnte die US-Notenbank bald die Zinsen wieder senken, ohne sich um Inflationsgefahren zu sorgen, was den amerikanischen Verbrauchern neues Vertrauen und der Wirtschaft neue Stärke gäbe. Und gerade die deutsche Wirtschaft käme, selbst bei einer leichten Schwäche der US-Wirtschaft, ohne größeren Schaden davon, da die florierenden asiatischen Märkte und die Ölförderländer mit ihrer explodierenden Nachfrage nach deutschen Maschinen für einen Ausgleich sorgten.
    Alles im Konjunktiv! Alles nur Hoffnungen und Erwartungen, die sich aber an der Börse ganz real – und meiner Meinung nach zu früh – in steigenden Kursen niederschlugen. Wer mochte sich da schon durch die ketzerischen Gedanken des Herrn Roubini aus dem Börsenparadies verjagen lassen? Ganz bestimmt nicht die deutschen Analysten, entsprachen doch die Aktienkurse der Unternehmen hierzulande längst noch nicht deren künftigen Gewinnen.
    In dem Bemühen, sich selbst und anderen die Börsenwelt schönzureden, übersahen viele die warnenden Zeichen an der Wand. Das heißt, man sah die geheimnisvollen Worte wohl, konnte aber, wie einst der verblendete babylonische König Belsazar aus dem Alten Testament, mit diesen Informationen nichts anfangen. Die Börsen nahmen sie nicht ernst genug. »Belsazar ward aber in selbiger Nacht von seinen Knechten umgebracht«, reimte Heinrich Heine den Schluss seiner schaurigen Ballade. Aber wer liest heute noch Gedichte?
     
    Doch zu Beginn des Jahres orakelte die Ratingagentur Fitch für 2007 wegen der hohen Zinsen über steigende Verluste im US-Kreditgeschäft. Noch seien im historischen Vergleich die roten Zahlen unerheblich, aber der Trend würde sich womöglich beschleunigen. Und genau vier Wochen vor Beginn der Stuttgarter Invest beschäftigte sich die Börsen-Zeitung zum ersten Mal in einem längeren Artikel mit der leichtfertigen Kreditvergabe amerikanischer Hypothekenbanken an Schuldner mit geringer Bonität. Zwar war in dem Bericht bereits von möglichen Schieflagen am US-Hypothekenmarkt die Rede und von 22 kleineren Finanzinstituten, die wegen dieser sogenannten Subprimekredite |283| die Segel gestrichen hatten. Aber wahrscheinlich konnten die wirklich wichtigen Banken die Zahlungsprobleme einzelner Kunden mit leichter Hand durch höhere Rückstellungen abfedern.
    So las ich den Artikel zwischen den Zeilen. Die glänzenden, milliardenschweren Bankgewinne würden sich halt hinter dem Komma ein wenig verschlechtern. Das müsste es dann auch gewesen sein, zumal der Preiseinbruch bei US-Immobilien bereits ein Ende zu finden schien. Von einigen Standorten in den USA wurden sogar schon wieder steigende Preise bei Hausverkäufen gemeldet. Na also! Und warum sollten wir uns in Deutschland groß aufregen über das Platzen der amerikanischen Immobilienblase, hatte doch die US-Notenbank mit ihren andauernden
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