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Greife nie in ein fallendes Messer

Greife nie in ein fallendes Messer

Titel: Greife nie in ein fallendes Messer
Autoren: Friedhelm Busch
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Liquiditätsschwierigkeiten des IOS-Dachfonds befragte, geriet dieser völlig außer sich, wollte mir das Mikrofon entreißen und bezeichnete das Gerücht als »eine der böswilligsten Verleumdungen«. Wenig Monate später verließ er IOS. Und 1973 war der Traum der deutschen Kleinanleger vom Reichtum endgültig geplatzt, die Idee des Dachfonds in Deutschland auf Jahre hinaus diskreditiert. Nie wieder Aktienfonds! Nie wieder Aktien!
    Aktien sind spekulatives Teufelszeug, das der normale Sparer tunlichst meiden sollte. Diese Einstellung war damals weit verbreitet, und ich begegnete ihr selbst noch 1986 in den obersten Etagen der deutschen Sparkassenorganisation, als ich um Unterstützung für eine tägliche Börsensendung im Fernsehen warb.
     
    Die nächste Börsenblase platzte 1989/90, als der Wert japanischer Optionsscheine zusammenschnurrte. Diesmal erwischte es allerdings nicht die deutschen Kleinanleger, sondern vor allem junge Börsenhändler, die seit Mitte der 1980er Jahre mit günstigen Hauskrediten im Sog der berauschenden Hausse der japanischen Börse erfolgreich mitgeschwommen waren. Als 1990 die Tokioter Börse einbrach – wovon sie sich bis heute nicht vollends erholt hat –, wurde in der Optionsscheinecke des Frankfurter Börsensaals tagelang Blut gewischt. Börsianer lieben bisweilen eine derart drastische Ausdrucksweise.
     
    Nur zehn Jahre später wurden große wie kleine Anleger vom nächsten Börsen-Tsunami überrollt. Doch während die IOS-Katastrophe und der Zusammenbruch der japanischen Börse die Anleger ohne Vorwarnung getroffen hatten, war die weltweite Euphorie in der New Economy schon 1998 in ihren Anfängen bei vielen Beobachtern |10| auf Skepsis gestoßen. Gegen die von Beginn an sensationellen Kurssteigerungen all der jungen Hightech-Unternehmen, gegen das Trommeln der Banken und das ohrenbetäubende Triumphgeschrei der Medien war jedoch letztlich kein Kraut gewachsen.
    Wohl selten zuvor hat sich die Börsenweisheit »Gier frisst Hirn« so brutal bestätigt wie im Aufstieg und Fall der New Economy. Ich empfand die lärmenden Aktienerfolge in der Boomphase und die Beifallsstürme der Kleinanleger als persönliche Niederlage. Mit der Telebörse hatte ich den Bundesbürgern die Aktienanlage als Instrument einer langfristigen Altersvorsorge und als sinnvolles Mittel zur Teilhabe an der Wirtschaft näher bringen wollen. Die Demokratisierung der Wirtschaft durch breit gestreutes Aktienvermögen, dieses Ideal hatte mir vorgeschwebt, aber doch nicht die Aktie als Vehikel für schnellen Reichtum! Zu meiner Ernüchterung kam noch die Sorge, dass sich vor allem die privaten Anleger in Deutschland verbittert von der Aktienanlage verabschieden würden, sollten ihre hochfliegenden Träume auf dem harten Boden der Wirklichkeit aufschlagen. Eine Vermutung, die sich leider nach dem Zerplatzen der Hightech-Blase bewahrheitete. Von der Erholung der deutschen Börse seit März 2003 haben in erster Linie Anleger aus dem angelsächsischen Raum profitiert, während die Deutschen lange Zeit nur zugeschaut und schmollend ihre Wunden gepflegt haben, die ihnen der Neue Markt zugefügt hatte.
    Andererseits erweist sich diese Zurückhaltung der Kleinanleger in der gegenwärtigen Krise der Finanzmärkte als segensreich. Provozieren doch selbst die heftigsten Kurseinbrüche keine Panik, bleibt doch die Berichterstattung der Massenmedien erstaunlich moderat. Warum soll man sich in dramatischen Schlagzeilen aufregen, wenn die Masse der Leser oder Zuschauer vordergründig gar nicht betroffen ist? Der Auflage und der Quote dient es nicht. Also lässt man es. Daher sehe ich in der aktuellen Kreditkrise, die auf dem amerikanischen Immobilienmarkt ausbrach und binnen weniger Monate die Finanzmärkte weltweit infizierte, auch eine Chance, alle Marktteilnehmer zur Besinnung zu bringen. Banken, Investoren wie Unternehmen und nicht zuletzt auch die privaten Anleger, sie alle sollten sich bei ihrer verbissenen Jagd nach dem höchstmöglichen Gewinn daran erinnern, dass manchmal weniger mehr sein kann.
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    Vorwort der ersten Ausgabe von 1999
    Seit mehr als einem Jahrzehnt versuche ich in der Fernsehsendung Telebörse, die 1987 nur wenige Tage vor dem Oktobercrash auf SAT 1 startete und wenige Jahre später vom Nachrichtensender n-tv übernommen wurde, eine Antwort auf die Frage zu finden: »Was bewirkt das Auf und Ab der Aktienkurse am deutschen Aktienmarkt?« Im Laufe der Jahre habe ich nach intensiven Gesprächen mit
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