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Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe

Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe

Titel: Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
Autoren: Todtsteltzers Erbe
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weithin verfügbaren Technik des Klo
nens und der Regeneration gab jedermann eine gute
Chance, hundertfünfzig Jahre alt zu werden. Manche
brachten es gar auf zweihundert. In der Folge stieg
die Bevölkerungsdichte im ganzen Imperium und
füllte die zivilisierten Planeten mit Schwindel erre
gendem Tempo. Die Kleinfamilie mit nur einem oder
höchstens zwei Kindern wurde allerorten gefördert,
durch schier jede Maßnahme, die hinter der Verab
schiedung entsprechender Gesetze gerade noch zu
rückblieb; und der König und die Königin leisteten
als Vorbilder ihren Beitrag.
Was ja alles schön und gut war, bis der einzige
Prinz des Imperiums sterbend in der Gosse lag und
die Regenerationsmaschine nicht rechtzeitig eintraf.
Alles stand still für James’ Begräbnis. Alle betrau
erten den Verlust des besten Königs, den sie nun nie
haben würden. Die Leute machten einen Heiligen aus
ihm oder aus dem Mann, der aus ihm hätte werden
können, und bis zum heutigen Tag brannte eine
Flamme über seinem Grab. Trotzdem – der König
brauchte einen Prinzen, und so kam es zu Douglas,
recht spät im Leben von Mutter und Vater. Der
Prinz, der nicht perfekt war. Heutzutage blieben die
Menschen bis kurz vor dem Tod in körperlicher
Hochform, aber selbst unter diesen Umständen erleb
te Douglas seine Eltern nur für ungewöhnlich kurze
Zeit, ehe die ersten unausweichlichen Zeichen des
Verfalls erkennbar wurden. Es war schwierig für ihn,
sich an eine Zeit zu erinnern, in der sie noch nicht alt
gewesen waren.
Und James war ein so schwer zu erreichendes
Vorbild!
Douglas’ Mutter, Königin Niamh, starb ganz un
vermittelt. Ohne erkennbaren Grund schwand das
Leben aus ihr, und innerhalb weniger Monate ver
wandelte sie sich von einer alten, aber noch immer
vitalen Frau in ein runzeliges Gesicht im Kranken
hausbett, das Douglas kaum noch erkannte. Sie starb,
während man noch zu ergründen versuchte, was sie
eigentlich umbrachte. Douglas hätte es erklären kön
nen. Sie war alt und fühlte sich alt. Ihre Zeit war ge
kommen, und sie war von jeher viel zu höflich gewe
sen, um so lange zu bleiben, dass sie den Gastgebern
zur Last fiel. König William hatte nicht wirklich alt
gewirkt, bis seine Frau starb; aber als sie ging, schien
es Douglas, dass sie das Beste ihres Gatten mitnahm
und nur einen gebrochenen alten Mann zurückließ,
der sich auf den eigenen Tod freute.
Obwohl ihm genug Feuer verblieb, um seinen
Sohn fertig zu machen. William stand vielleicht kurz
vor dem Ruhestand, um die restliche Zeit in den his
torischen Archiven herumzustöbern – seinem Helden
nacheifernd, dem legendären Owen Todtsteltzer –, aber
ehe er auf den Thron verzichtete, war William ent
schlossen, aus Douglas jeden Zoll den König zu ma
chen, als den William sich ihn stets gewünscht hatte.
»Tut mir Leid, dass ich nicht der König sein kann,
zu dem James geworden wäre«, sagte Douglas bei
nahe grausam. »Tut mir Leid, dass ich nicht der Sohn
für dich sein kann, der er war.«
»Das habe ich nie behauptet«, entgegnete William.
»Das brauchtest du gar nicht.«
Der König ließ nun eine weitere Ansprache vom
Stapel, aber Douglas hörte gar nicht zu. Er betrachte
te den Vater und wünschte sich, sie hätten einander
näher stehen können. Erwünschte sich, sie hätten et
was gemeinsam gehabt. Aber das Gespenst von Ja
mes leistete ihnen von jeher Gesellschaft, und Doug
las sah sich nicht in der Lage, damit zu konkurrieren.
So blieb ihm nichts weiter übrig, als nach besten
Kräften jemand Eigenständiges zu werden, selbst
wenn das ein Mann war, den sich sein Vater nie ge
wünscht, den er nie geplant hatte.
König William war ungeachtet seiner Jahre immer
noch schlank und elegant, aber mit Niamhs Tod hatte
ihn viel Haltung verlassen. Das kurze, sauber ge
stutzte Haar wies ebenso viele weiße wie graue
Strähnen auf und zeigte allmählich deutliche Lücken.
Das Gesicht war ausgesprochen faltig und eingesun
ken, und die Amtsroben flatterten inzwischen lose
um William. Er bewegte sich langsam und vorsich
tig, als wäre er zerbrechlich, und vielleicht war er das
auch. Sein Verstand war weiterhin scharf, obwohl
seine Reden inzwischen oft bemüht wirkten und in
den eigenen Argumenten untergingen, wenn sie zu
lange dauerten. Wie die jetzige. Douglas hörte mit
einem Ohr zu, blickte wieder über das Parkett des
Hofs hinweg und versuchte damit ins Reine zu
kommen, dass von morgen an all dies sein war.
Es hätte James
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