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Grappa 08 - Grappa und die fantastischen Fuenf

Grappa 08 - Grappa und die fantastischen Fuenf

Titel: Grappa 08 - Grappa und die fantastischen Fuenf
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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ja gern helfen«, sagte er, »aber mir ist nichts aufgefallen. Ich habe den ganzen Tag Kunden bedient.«
    »Und die Tage davor?«
    Kossmann überlegte. Er war ein Mann von Anfang Fünfzig, hatte eine Halbglatze und einen dichten Vollbart. Die Uhr an seinem Handgelenk und die handgenähten Schuhe an den Füßen ließen mich wissen, dass er unter dem Kostendämpfungsgesetz im Gesundheitswesen noch nicht übermäßig gelitten haben konnte. Er war teuer und langweilig gekleidet.
    »Alles war eigentlich wie immer. Nichts Ungewöhnliches. Außer ... nein, das hat bestimmt nichts mit dem Mord zu tun.«
    »Erzählen Sie's trotzdem, Herr Kossmann«, bat ich.
    »Da war die Sache mit dem Geigenspieler ...«
    »Ein Geigenspieler?«
    »Ich war deshalb schon bei der Polizei – im Betrugsdezernat. Die machen mir allerdings wenig Hoffnung, dass ich mein Geld wiederbekomme.«
    Ich verstand nur Bahnhof. »Erzählen Sie mir die Sache bitte von Anfang an, Herr Kossmann.«
    »Vor etwa zwei Wochen begann es. Ein junger Mann lief auf dem Platz herum und spielte Geige. Wunderschöne Melodien. Nicht so Zigeunerzeug, sondern gehobene klassische Stücke. Ich kenne mich aus, denn ich habe ein Konzertabonnement bei den Städtischen Bühnen. Ich genoss die Musik, summte die Stücke manchmal sogar mit. Am dritten Tag betrat der Geigenspieler meine Apotheke. Er behauptete, Kopfschmerzen zu haben, und bat um eine Tablette. Natürlich gab ich sie ihm. Dann kamen wir ins Gespräch.«
    Der junge Musiker hatte Kossmann von einem abgebrochenen Geigenstudium erzählt und von der Violine, die er von seinem Großvater geerbt hatte. Der gutgläubige Apotheker lud ihn schließlich zum Mittagessen ein und kümmerte sich um ihn.
    »Ich bot sogar an, ihm ein Zimmer zu besorgen, denn er hatte kein Dach über dem Kopf – so sagte er jedenfalls.«
    »Wo hat er denn übernachtet?«
    »Deshalb erzähle ich Ihnen die Sache ja, Frau Grappa«, fuhr Kossmann fort. »Er sagte mir, dass er auf dem Platz schliefe. In der Nähe der Bibliothek. Wenn das stimmt, dann hat er vielleicht etwas mitgekriegt. Von dem Mord, meine ich.«
    »Das ist ein wertvoller Hinweis«, lobte ich. »Aber erzählen Sie weiter.«
    »Vor ungefähr einer Woche bat mich der junge Mann, seine Geige, den Bogen und den Klappstuhl in meinem Laden deponieren zu dürfen, da er eine dringende Besorgung zu machen habe. Ich stimmte natürlich zu – warum auch nicht? Ich legte die Geige hierhin ...« Kossmann deutete auf den Tisch vor uns.
    »Wo ist die Pointe?«, fragte ich.
    »Die kommt noch, Frau Grappa. Der Geiger war gerade mal zwei Stunden weg, als ein Pärchen mein Geschäft betrat. Der Mann war groß und schlank, ganz schwarz gekleidet mit einem Schnurrbart und einem weißen Seidenschal. Die Frau war sehr attraktiv, sie trug eine rote Federboa um den Hals und allerhand Schmuck. Die beiden sahen wie Künstler aus. Der Mann verlangte nach einem Heuschnupfenmittel, als sein Blick auf die Violine fiel. Er fragte, ob er sie berühren dürfe. Bevor ich antworten konnte, hatte er sie schon hochgehoben, ans Kinn gedrückt, den Bogen genommen und zu spielen begonnen. Wunderbare Töne, sage ich Ihnen! Meine Angestellten stellten ihre Arbeit ein, auch die Kunden lauschten aufmerksam – so außergewöhnlich war das alles. Der Mann behauptete schließlich, dass die Geige in seiner Hand eine sehr alte Stradivari cremonensis sei. Er wollte sie mir abkaufen.«
    »Sie gehörte Ihnen doch nicht!«
    »Eben. Deshalb sagte ich nein, bot mich aber an, ihn mit dem Straßenmusikanten bekannt zu machen.«
    »Und? Was hat er gesagt?« Der Mann nervte mich mit seiner umständlichen Erzählweise.
    »Die Frau wollte das nicht. Ihr Mann sei der berühmte Geiger Milan Ulanov aus der Ukraine, ein international bekannter Star. Wenn der Besitzer der Stradivari das erführe, würde er den Preis für die Geige sicherlich in astronomische Höhen schrauben. Ob ich nicht für ihren Mann verhandeln könnte? Ich sollte ihm bis zu 10.000 Mark für das Instrument bieten.«
    »Und?« Langsam erahnte ich das Ende der Story. »Ist dieser Ulanov wirklich ein bekannter Virtuose?«
    Kossmann ignorierte meine Frage. »Ich willigte ein. Die beiden wollten am nächsten Tag wiederkommen. Als der junge Mann wieder da war, um seine Sachen zu holen, bot ich ihm für die Geige Geld an. Er wollte zuerst nicht, konnte dann aber doch nicht widerstehen. Ich gab ihm 8.000 Mark aus der Kasse.«
    »Der berühmte Geiger Ulanov ist bestimmt nicht wieder
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