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Grace - Die Biographie

Grace - Die Biographie

Titel: Grace - Die Biographie
Autoren: Thilo Wydra
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auch knapp gewinnt. Dass der irischstämmige Katholik Kelly im zu dieser Zeit noch überwiegend protestantisch geprägten Philadelphia unterliegt, ist nicht die einzige schmerzende Niederlage, die er zwar zähneknirschend hinnehmen muss, jedoch mit Haltung trägt.
    Immerhin, viele Jahre später zollt die Stadt Philadelphia ihrem populären Bürger Tribut, indem die mehrere Kilometer lange Straße, die am oberen, östlichen Ufer des Schuylkill Rivers entlangführt, in »John B. Kelly Drive« umbenannt wird. Da Vater und Sohn identische Namen tragen, heißt es oftmals, hiermit werde auch Kell, der Sohn, gewürdigt. Zudem steht im East Fairmount Park, der vom Ufer des Schuylkill Rivers und dem John B. Kelly Drive eingerahmt wird, eine Bronzeskulptur, geschaffen 1965 von Harry Rosin, mit der Inschrift John B. Kelly Olympic Champion Singles 1920 Doubles 1920 Doubles 1924 auf dem Sockel. Sein gleichnamiger Sohn, der die Henley-Regatta schließlich an seiner statt gewinnen wird, wird nicht erwähnt.
    Erst ein gutes Vierteljahrhundert nach Kellys Niederlage bei den Bürgermeisterwahlen ist es der Demokrat John F. Kennedy (1917–1963), irischstämmiger Katholik aus jenem anderen noch legendäreren Familienclan, der schließlich am 20.  Januar 1961 dreiundvierzigjährig der zweitjüngste US-Präsident werden soll und bis heute der einzige Katholik überhaupt in diesem Amt ist. John B. »Jack« Kelly und Joseph P. »Joe« Kennedy (1888–1969), John F. Kennedys Vater, sind denn auch freundschaftlich miteinander verbunden. Zwei Patriarchen. Zwei Geschäftsmänner. Zwei Multimillionäre. Die Kellys und die Kennedys, das sind zwei sich durchaus sehr ähnelnde Clans, zwei Dynastien, in denengleiche Wertvorstellungen vorherrschen: Disziplin, Ausdauer, Ehrgeiz, gesellschaftlicher Aufstieg, auf der Siegerseite stehen. Die einen haben sich den Sport auf die Fahne geschrieben, die anderen die Politik.
    Eine andere Niederlage neben besagter Bürgermeisterwahl stellt Jack Kellys Bewerbung für die renommierte royale Ruderregatta im englischen Henley dar: Kelly, zu dessen Passionen der spezielle Rudersport des Sculling gehört – in seinen Augen ein veritabler Männersport –, bewirbt sich im Jahre 1919 um die Teilnahme an der unter Ruderern begehrten Meisterschaft, die beinahe den Status der Olympiade innehat. Mit nahezu obsessiver Passion trainiert und trainiert John B. Kelly Sr. eisern, mit seinem eigenen neu erworbenen Skullboot, Tag für Tag. Die Diamond Sculls , die Siegertrophäe des Wettbewerbs – sie sind es, wovon er träumt. Doch was folgt, ist eine herbe Enttäuschung: Nur drei Tage vor dem Wettkampf erhält er via Telegramm Nachricht aus England, dass das britische Komitee ihn ausgeschlossen habe. Für John Brendan »Jack« Kelly muss in diesem Moment eine Welt zusammenbrechen.
    Selbst hierfür wird Grace, die ihn ein Leben lang bewundert und verteidigt, später eine Entschuldigung zugunsten ihres Vaters parat haben, zumal die Gründe für diese schon schicksalhafte Absage mannigfaltiger Natur sind. Ein – womöglich vorgeschobener – offizieller Grund der Absage seien der irische Sponsor und Kellys Verein gewesen, der den englischen Organisatoren, die Henley ausrichteten, nicht genehm war. Es ist eine Relativierung der Dinge. Und so ist, was diese Variante anbelangt, der wahrscheinlichere Grund, dass nämlich Vater Jack selbst als gesellschaftlich unerwünschte Person Anlass dieser niederschmetternden Absage durch die Briten war: Jack Kelly war nun einmal kein britischer Gentleman, sondern ein irischer Immigrant und einfacher Maurer. Ein Ire unter Gentlemen, das stelle für die Organisatoren der Regatta eine Unmöglichkeit dar. Dessen ungeachtet gehört Jack Kelly 1920 der amerikanischen Olympiamannschaft an und gewinnt bei den Olympischen Sommerspielen in Antwerpen erst im Einer die Goldmedaille und hernach im Zweier zusammen mit seinem Cousin Paul Costello erneut. 1924, bei den in Paris ausgerichteten Olympischen Sommerspielen,wiederholt Jack Kelly mit seinem Cousin den Medaillenerfolg abermals. Er ist somit gleich mehrfacher amerikanischer Meister im Rudern und gelangt hierdurch zu internationaler Bekanntheit.
    Es ist Sohn Kell, der schließlich unter massivem Druck das hehre Ziel erreichen muss, welches dem Vater zuvor verwehrt blieb: die Henley-Regatta, die Rudermeisterschaft in England 1947. Inzwischen sind die Regularien von einst überholt und verändert, ist nunmehr also auch ein Kelly zugelassen. Gemeinsam
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