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Gott sacker Kriminalroman

Titel: Gott sacker Kriminalroman
Autoren: Michael Boenke
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kryptisch.
Doch dann musste ich lachen.
    Die schnell getrunkenen WalderBräu naturtrüb hell und die
Hitze zeigten ihre Wirkung. Als die Polizei eintraf, war die äußere Hülle
meines Kopfes knallrot und das Innere wattiert.
    Die beiden Polizisten grüßten förmlich und setzten ihre
schicken Dienstmützen auf. Ihre Schritte knirschten uniform auf dem gekiesten
Boden.
    »Sie haben einen Leichenfund gemeldet. Sind Sie sicher, dass
es sich um eine menschliche Leiche handelt?«
    Ich nickte und zeigte in Richtung Ried.
    »Dort liegt sie.«
    Sie nahmen meine Personalien auf und wollten hören, wie ich
die Leiche gefunden hatte.
    »Können Sie uns die Stelle zeigen?«
    Ich stieg zu ihnen in den grün-weißen Passat – er hatte keine
Klimaanlage, aber schon 250.000 Kilometer auf dem Tacho, wie mir der Fahrer
stolz erklärte.

     
    Diesmal blieb ich an der glühenden Straße
stehen. Mit einer Stiefelspitze bohrte ich im flüssigen Teer. Der Geruch gefiel
mir, er erinnerte mich an meine Kindheit. Mit zehn Jahren hatte ich die
Schlattersche Krankheit, eine Erweichung des Knochens im rechten Knie
kombiniert mit einer Entzündung der dazugehörigen Sehne. Und meine Oma war der
Überzeugung, dass die Behandlungsmethoden des Arztes falsch waren. Das Beste
sei, Umschläge mit Ichtolan zu machen – einer teerhaltigen Salbe. Wenn ich
hinter einem LKW herfahre, der Teer geladen hat, überhole ich nie – ich genieße es.

     
    Ich
beobachtete von der glühenden Straße aus, wie die Polizisten mit roten,
verschwitzten Köpfen durch das hohe Gras in die Richtung des schiefen winzigen
Glockentürmchens staksten. Bald kamen sie zurück mit deutlich weniger Farbe im
Gesicht. Ich hörte, wie sie mit dem Funkgerät redeten. Dieses gab ihnen
krächzend und unverständlich Antwort. Dann kamen sie zu mir und stellten
nochmals Fragen, wie ich die Leiche gefunden und warum ich gerade hier
angehalten hätte. Und dann musste ich wieder warten.
    In der spiegelnden Spätnachmittagshitze kam die blau-silberne
Prozession wie in Zeitlupe die holprige Riedallee entlang. Es stiegen mehr
Männer als Frauen aus den Autos. Einige hatten weiße Overalls, Handschuhe und
weiße Hauben an. Sie trugen Köfferchen, Kistchen, Kameras und mir unbekannte
technische Geräte. Andere waren in Uniform und brachten rot-weiße
Absperrbänder. Ein paar waren in Zivil und zwei von ihnen kamen geradewegs auf
mich zu.
    »Grüß Gott, Härmle, Kripo, Sie haben die Leiche gefunden? Das
ist meine Kollegin Frau Krieger.«
    Seine nicht unansehnliche blonde Begleitung nickte mir kurz
zu und musterte mich von oben bis unten. Ganz unten blieb ihr Blick eine
Sekunde zu lange an meinen Stiefeln haften. Mein Blick blieb kurz an der
nachlässig geknöpften Bluse der attraktiven braunäugigen Beamtin hängen.
    »Ihr Name?«, fragte sie und kramte etwas aus ihrer
Handtasche.
    »Bönle, Daniel Bönle.«
    Und wieder erzählte ich die Geschichte vom Insekt und dem
Visier …
    Der Kommissar hörte aufmerksam zu, seine Begleiterin machte
mit einem zahnstocherartigen Stift Notizen in ein Gerät, das aussah wie ein
Handy. Allerdings zeigten ihre hektischen und ruckartigen Handbewegungen,
gekoppelt mit ärgerlichem Kopfschütteln, dass Kugelschreiber und Notizblock
ihre Aufgaben besser erfüllt hätten.
    Ich bin ja ansonsten kein altmodischer Mensch, aber diese
Minicomputer finde ich einfach lächerlich.
    Als ich meine Geschichte wiederum zum Besten gegeben hatte,
ihnen noch einmal versicherte, dass ich die Kapelle nicht betreten, die Tür
aber etwas aufgestoßen hatte und meine Personalien noch einmal aufgenommen
wurden, war ich endlich entlassen. Jedoch nicht, ohne einen Termin fürs
Protokoll abgemacht zu haben.
    Ein Polizist bot sich an, mich nach Riedhagen zu fahren. Ich
lehnte ab.

     
    Ich wollte
meinen Kopf frei laufen. Ich muss zugeben, dass ich ansonsten nicht viel laufe.
Die größte Strecke, die ich in meinem poststudentischen Leben so zurücklege,
ist die vom Bett zum Kühlschrank. Deshalb hatte ich auch die Strecke durchs
Ried völlig unterschätzt. Vier Kilometer sind auch so kaum machbar, aber unter
den gegebenen Umständen eine Spitzenleistung. Meine neuen Stiefel waren noch
nicht eingelaufen und meine Lederjacke eindeutig zu warm für diesen Marsch.
Hätte ich sie ausgezogen, hätte ich sie tragen müssen. Und die Sonne ließ sich
heute mit dem Untergehen besonders viel Zeit. Rechterseits neben der Straße lag
Riedhagen,
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