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Google-Mitarbeiter Nr. 59

Google-Mitarbeiter Nr. 59

Titel: Google-Mitarbeiter Nr. 59
Autoren: Douglas Edwards
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befand. Der Ort war getränkt von Adrenalin und ständigen Richtungswechseln. Veränderung, Veränderung, Veränderung. Immer nach vorn. Niemals zurück. Nach drei Monaten stieg ich aus und nur wenige Wochen später hörte die Firma auf zu existieren. Ich lernte daraus, dass Hyperaktivität nicht dasselbe ist wie Produktivität. Google dagegen strahlte eine ganz andere Stimmung aus.
    Einen Großteil davon machten die Leute aus, denen ich begegnete.
    »Hi, ich bin Jim«, stellte sich der Typ vor, der mir mein Laptop brachte und mein Telefon installierte. »Jim Reese. Bin in einer Sekunde fertig.« Irgendetwas an ihm erinnerte mich an Dustin Hoffman in Rain Man : Seine offene und freundliche Art, der tiefe Seitenscheitel, der Hauch von Strebertum, den ich bemerkte, als er unter den Tisch kroch, einen Schraubendreher zückte und geschickt an einem der Stecker herumfummelte.
    Später fand ich heraus, dass Google Jim als Systemadministrator (sysadmin) eingestellt hatte, weil die bisherigen Techniker alle Programmierer waren und sich nicht gut mit Hardware auskannten. Es war eigentlich nicht das, was Jim in Harvard und an der Yale Medical School studiert oder was er während seiner Facharztausbildung als Neurochirurg in Stanford gelernt hatte. Aber irgendwo unterwegs hatte er ein Interesse an Computernetzwerken entdeckt und war bei einem Telefonat mit Urs Hölzle gelandet, dem technischen Leiter von Google. Recruiter anderer Unternehmen hatten die Vorstellungsgespräche damit verbracht, ihm den Job schmackhaft zu machen, auf den er sich beworben hatte. Nicht so Urs.
    »Urs hat mir nichts über das Unternehmen erzählt«, erinnerte sich Jim. »Seine Fragen waren alle in der Art: ›Sag mir, wie viele Bits in einer Netzmaske für ein Slash 28 Netzwerk enthalten sind.‹ Und das war erst der Anfang.« Der Fokus auf Technologie hatte Jim überzeugt, den Vertrag zu unterschreiben.
    An dem Tag im Juni 1999, als Jim als Google-Mitarbeiter Nr. 18 anfing, brauchte er weniger als eine Minute, um sich zu orientieren. »Da ist dein Arbeitsplatz«, hatte Larry ihn eingewiesen. »Da drüben findest du einen Stapel Einzelteile. Bau dir deinen eigenen Computer.« Dem nächsten neu eingestellten Typen passierte das Gleiche: Larry, »Schwim« Schwimmer, der zuständig wurde für Googles Mail-und Sicherheitssysteme.
    Ich blieb bei dem Büro stehen, dass sich Jim mit Schwim teilte, um mir einen E-Mail-Account einrichten zu lassen. Ein großer Stoffpinguin, das Maskottchen des Linux-Betriebssystems, das unsere Techniker statt Windows benutzten, saß in einem Klappstuhl neben dem Modell eines menschlichen Schädels – ein Überbleibsel von Jims Zeit an der medizinischen Fakultät. Wie die meisten Büros bei Google war auch dieser Raum vollgestopft mit Kabeln, RAM-Modulen und Computern in unterschiedlichen Montagestadien. Schwim peilte hinter seinem Monitor hervor, mit diesem typischen Blick, wenn jemand mit den Gedanken ganz woanders ist – wie John Malkovich in dem Film, in dem ein Puppenspieler die Kontrolle über sein Gehirn übernimmt.
    »Du bist der erste Doug«, sagte mir Schwim. »Möchtest du [email protected] ?« Ja, das wollte ich. Ich spürte ein sonderbares Kribbeln, als ich über die Bedeutung dieser Worte nachdachte. Der erste Doug. Im Silicon Valley sagt deine E-Mail-Adresse mitunter mehr über dich aus als der Wagen, den du fährst, oder die Klamotten, die du trägst. Ich mochte den Status, einer der ersten zu sein, der mir mit [email protected] verliehen wurde.
    Ich würde »Jim und Schwim«, wie sie genannt wurden, noch oft zu Gesicht bekommen. Ihr Team war verantwortlich für sämtliche Maschinen im Haus, die Google am Laufen hielten. An seinem zweiten Arbeitstag hatte Jim von Larry eine Liste der hundert wichtigsten Dinge bekommen, gestaffelt nach Prioritäten, die erledigt werden mussten. Nummer eins war »Sicherstellen, dass wir genügend Kapazität haben, um die Website am Laufen zu halten; und falls Probleme auftauchen, sie zu lösen oder jemanden zu finden, der sie löst.«
    »Im ersten Jahr habe ich neun Punkte erledigt«, gestand mir Jim später mit einem Anflug von Stolz, »und in den darauffolgenden fünf Jahren waren es 15.« Ich lernte rasch, dass Jims Job nicht durch diese Liste definiert wurde, genauso wenig wie meiner durch den allgemeinen Titel »Marketingmanager«. Wie Jim betont hatte: »Wenn Probleme gelöst werden müssen, packen alle mit an, unabhängig von der offiziellen Position.«
    CableFest ’99
    »Am
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