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GONE Verloren

GONE Verloren

Titel: GONE Verloren
Autoren: Michael Grant
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Ihr Kinn ruhte auf ihren Knien. Sie schaute ihn nicht an.
    »Was ist?«, fragte er.
    »Es roch wie Brathähnchen«, sagte sie.
    »Was meinst du?«
    Seine Mutter beugte sich zu ihm und gab ihm eine schallende Ohrfeige.
    Er schlug die Augen auf.
    »Entschuldige«, sagte Astrid. »Ich musste dich irgendwie wecken.«
    Sie kniete neben ihm und drückte etwas auf seinen Mund. Eine Maske. Sauerstoff.
    Er hustete und atmete. Er riss die Maske weg und übergab sich, direkt auf dem Bürgersteig, wie ein betrunkener Penner.
    Er atmete mehr Sauerstoff ein.
    Quinn richtete den Gartenschlauch auf die Eisenwarenhandlung. Edilio beeilte sich, einen der größeren Feuerwehrschläuche an den Hydranten anzuschließen. Zuerst kam nur ein Tröpfeln, doch dann, als Edilio den Hydranten mit dem langstieligen Schlüssel ganz aufdrehte, schoss das Wasser nur so heraus. Die Kids mussten mit dem Schlauch ringen, als kämpften sie mit einer Pythonschlange. Normalerweise wäre das lustig gewesen.
    Sam setzte sich auf. Er konnte noch immer nicht sprechen.
    Er deutete mit dem Kinn in die Richtung, wo eine Gruppe um das Feuerkind kniete. Die Kleine war schwarz vom Ruß. Auf einer Seite hatte sie kein Haar mehr, es war verbrannt. Auf der anderen Seite stand ein kleines, von einem rosa Haargummi zusammengehaltenes Zöpfchen ab.
    Die ehrfürchtige Art, wie die anderen neben ihr knieten, sagte alles.
    Dennoch musste Sam fragen. »Lebt sie noch?« Seine Stimme war ein leises Krächzen.
    Astrid schüttelte den Kopf. »Nein, leider nicht.«
    Sam nickte.
    »Ihre Eltern haben wahrscheinlich gerade gekocht«, meinte Astrid. »Das dürfte das Feuer ausgelöst haben. Vielleicht auch eine Zigarette.«
    Nein, dachte Sam. So war es nicht.
    Das kleine Mädchen hatte die Kraft. Die Kraft, die Sam auch besaß, oder zumindest etwas Ähnliches.
    Die Kraft, mit der Sam in Panik ein unmögliches Licht geschaffen hatte.
    Die Kraft, mit der Sam beinahe jemanden umgebracht hätte.
    Die Kraft, die gerade dem Menschen zum Verhängnis geworden war, den er unbedingt hatte retten wollen.
    Er war nicht der einzige Freak. Es gab mindestens noch einen – besser gesagt, es hatte ihn gegeben.

Fünf
    291 Stunden, 7 Minuten
    Es wurde Nacht in Perdido Beach.
    Die Straßenlampen gingen automatisch an. Ihr Licht war zu schwach, um die Dunkelheit zu vertreiben, doch stark genug, um tiefe Schatten auf die verängstigten Gesichter zu werfen.
    Auf der Plaza tummelten sich an die hundert Kinder. Alle schienen einen Schokoriegel und eine Limo zu haben – wahrscheinlich aus dem kleinen Laden, der vor allem Bier und Chips verkaufte.
    Auf dem Bürgersteig lag immer noch die Leiche des kleinen Mädchens. Jemand hatte sie mit einem Tuch zugedeckt. Dafür war Sam dankbar.
    Sam und Quinn saßen nebeneinander auf dem Rasen in der Mitte der Plaza. Quinn hatte die Arme um die Knie geschlungen und wippte hin und her.
    Die Parkbänke waren alle besetzt. Ein paar Gruppen hatten die wenigen Bänke zusammengeschoben und mit Laken und Decken notdürftige Zelte gebaut. Viele waren in ihre leeren Häuser zurückgekehrt, wieder andere brauchten Menschen um sich herum. Sie suchten Trost in der Menge. Und dann gab es die, die alles im Auge behalten mussten.
    Zwei Jungs, die Sam nicht kannte und auf elf Jahre schätzte, gesellten sich zu ihm. Der schmächtigere der beiden sprach ihn an. »Weißt du, was passieren wird?«
    Sam schüttelte den Kopf. »Nein, ich hab keine Ahnung.«
    »Was tun wir jetzt?«
    »Ich schätze, wir werden erst mal eine Weile rumhängen.«
    »Meinst du hier?«
    »Ja. Ihr könnt aber auch nach Hause gehen, in euren eigenen Betten schlafen. Macht das, was sich für euch richtig anfühlt.«
    »Wir haben keine Angst.«
    »Echt nicht?« Sam zog zweifelnd die Augenbrauen hoch. »Ich hab mir vor Angst in die Hosen gemacht.«
    Der Junge grinste. »Hast du nicht.«
    »Nein, du hast Recht. Aber Angst zu haben, ist völlig in Ordnung. Jeder hier hat Angst.«
    Das ging schon die ganze Zeit so. Kinder kamen zu Sam und stellten ihm Fragen, auf die er keine Antworten wusste.
    Er wünschte, sie würden damit aufhören.
    Orc und seine Crew zerrten Gartenstühle aus der Eisenwarenhandlung. Sie stellten sie mitten auf die bis vor Kurzem noch meistbefahrene Kreuzung von Perdido Beach, direkt unter die Ampel, die nach wie vor von Grün auf Gelb auf Rot schaltete.
    Howard beschimpfte gerade einen Jungen, der mit einem brennenden Streichholz ein Lagerfeuer entfachen wollte. Orcs Leute brachten Axtstiele und
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