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Gomorrha

Gomorrha

Titel: Gomorrha
Autoren: Thomas Gifford
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Anruf für dich …« Eine seiner Sekretärinnen war hereingekommen und hatte ihm ein Zeichen gegeben. »Ist das der Anruf für Mr. Driskill, Jane?«
    »Ja, Mr. President. Mr. Larkspur hat ihn durchgestellt.«
    Er zeigte zum Telefon auf seinem Schreibtisch und ging mit der Rede zum Fenster, damit ich ungestörter sprechen konnte.
    »Hallo? Hier Ben Driskill.«
    Ich hörte stumm zu. Tränen liefen mir übers Gesicht. Ich konnte kaum sprechen.
    »Elizabeth«, würgte ich schließlich heraus. Es ging ihr besser, sie war aus dem Koma aufgewacht.
    Ich legte auf. Der Präsident streckte mir die Hand entgegen. Ich ergriff sie. So standen wir eine Zeitlang stumm da. Als ich ging, rief ich ihm von der Tür aus zu:
    »Einen Rat für heute abend. Bring sie dazu, daß sie dich lieben, Charlie.«
     
    Als ich den Flughafen O’Hare erreichte, wurde es dunkel. Immer noch war es heiß – fast dreißig Grad – und so unerträglich schwül, daß man im Dunst über dem Rollfeld kaum atmen konnte. Im Westen türmten sich Gewitterwolken auf. Chicago im Sommer. Ich wanderte den Korridor zu meinem Flugsteig hinunter. Bis zum Abflug mußte ich noch eine Stunde warten. Urlauberfamilien drängten sich im Flughafen. Ich hörte Gesprächsfetzen. Gott sei Dank, nichts über Politik.
    Ich setzte mich auf einen Hocker an der Bar, wo man Zeit totschlagen konnte. Erstaunlicherweise fühlte ich mich an der Bar wohl. Ich spürte, wie die Spannung von mir abfiel. Ich bestellte ein Bier, und der Barmann schob mir Erdnüsse herüber. Auf dem Fernseher über der Bar waren die Nominierungsreden vorbei. Man machte sich für die Abstimmung durch Zuruf bereit. Eigentlich sah alles nicht viel anders aus als bei früheren Wahlparteitagen. Gemessen an denen aus meiner Jugend, war der Trubel riesig, aber die in den letzten Jahren waren ähnlich gewesen. Ellery Larkspur und die übrigen hatten für eine perfekte Inszenierung gesorgt. Mac und Ellen ganz vorne. Im Augenblick war der Saal ein wogendes Meer der Unterstützung für den Präsidenten. Ein Besucher, der von den Vorgängen der vergangenen Woche nichts wußte, hätte nichts befremdlich gefunden. Unverwüstlich, diese Amerikaner.
    Kapellen spielten. Menschen tanzten und schwangen Spruchbänder und Plakate. Jetzt stellte ich meine Ohren auf Empfang für die Gespräche der Männer neben mir, die ihr Bier tranken und Käse und Nüsse verdrückten. Einer sagte: »Der Punkt ist, daß es eigentlich scheißegal ist, wer die Wahl gewinnt. Alles Arschlöcher. Ich könnte mich totlachen, wenn ich höre, wie sie sich den Arsch aufreißen, um uns weiszumachen, daß es Unterschiede gibt. Demokraten, Republikaner. Höchstens ein winziger Unterschied. Die Republikaner senken meine Steuerlast ein bißchen, die Demokraten heben sie ein bißchen an. Und diesmal redet überhaupt keiner von Steuern. Alles ging nur darum: ›Du bist ein Arschloch‹ und ›Du bist ein noch größeres Arschloch‹, ›Du bist ein Mörder‹ und ›Du aber auch, du Scheißkerl‹. Das nennt sich politische Diskussion.« Er hatte die Schnauze voll.
    »Und die ganze Scheiße, die CIA und die übrigen Geheimdienste abzuwracken. Alles blödes Gequatsche! Nichts wird sich ändern. Sie glauben doch nicht, daß wir draußen ohne Geheimdienste auskommen, die alle bespitzeln und die Bösen zum Teufel jagen? Wer sollte auf die Terroristen und das Nervengas aufpassen? Hazlitt soll verantwortlich gewesen sein, daß dieser Bursche ermordet worden ist … der im Fluß, im Werbespot. Na und? Ich arbeite für eine Firma, die weltweit über eine Million Angestellte hat – und da will mir jemand weismachen, daß da nie einer umgebracht worden ist, der quergeschossen hat? Das gehört einfach zum Geschäft, hab’ ich nicht recht?«
    »Es gibt immer Probleme, die schnell gelöst werden müssen – und das ist der schnellste Weg. Wir leben in einer Welt der Großkonzerne, und die sagen, wo’s langgeht, und wir müssen uns verdammt noch mal danach richten. So ist es doch … Aber Bonner hat eine gute Rede gehalten.«
    Die Männer hatten die Gewalt des Wahlkampfs auf die Kernpunkte zurückgeführt und vereinfacht. Aber letzten Endes war die Sache auch einfach.
    »Und seien wir doch mal ehrlich: Die Wirtschaft ist okay. Bonner hat die Steuern unter Kontrolle gehalten. Meine beiden Kinder haben gute Jobs. Ich wohne nicht mehr in der Scheißinnenstadt – sie auch nicht. Wir exportieren mehr nach Japan, Indien und China. Alles gar nicht so übel, wenn man’s genau
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