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Gomorrha

Gomorrha

Titel: Gomorrha
Autoren: Thomas Gifford
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Chicago Tribune schrieb unter dem Foto des Präsidenten mit dem verwundeten General in den Armen – das buchstäblich in jeder Zeitung der Welt erschien: ES IST BONNER – NOTGEDRUNGEN!
    Es sah so aus, als würde der Parteitag nur einen Mann für das Amt des Präsidenten nominieren und durch Akklamation abstimmen. Dann konnte Charles Bonner den Kampf um seine zweite Amtsperiode aufnehmen und entweder am selben Abend oder am nächsten zur Nation sprechen.
     
    Ich duschte, setzte mich vor die Klimaanlage und las die Zeitung. Dann rief ich meinen alten Freund Ellery Dunstan Larkspur an.
    Er meldete sich mit: »Wer kann das denn sein?«
    »Ich bin’s, Larkie. Kann ich zu dir raufkommen?«
    Kurze Pause. »Irgendein besonderer Grund, Benjamin?«
    »Ja, schon.«
    »Gut, dann komm gleich rauf.«
    Larkspur logierte in der Etage des Präsidenten, wie es seinem Dienstalter und der persönlichen Beziehung entsprach. Ich klopfte. Eine der persönlichen Sekretärinnen Larkspurs machte die Tür auf. »Hallo, Ben«, sagte er leise. »Hast du so einen Abend schon mal erlebt? Ich habe dich im Fernsehen gesehen, draußen unter der Palme … es war absolut surrealistisch.«
    »Stimmt«, sagte ich. »Wie geht’s Charlie?«
    »Sagen wir, er verfügt über enorme Kraftreserven, alles zu akzeptieren und sich von jedem Schlag schnell zu erholen. Er benimmt sich, als wäre gestern abend nichts passiert. Er ist wirklich unglaublich.«
    »Oder vielleicht verrückt«, sagte ich.
    »Diese Möglichkeit hatte ich vergessen.« Die Sekretärin huschte grinsend an mir vorbei auf den Korridor.
    Von Larkies geräumiger Suite konnte man nach Westen zum See schauen und im Süden das Ernie Banks International Convention Center und die Türme am Chicago Loop sehen. Die schweren weißen Vorhänge waren zurückgezogen. Die Fenster standen offen. Eine herrlich frische Brise wehte durch die beiden Zimmer. Tief unten plätscherte der Brunnen des Marlowe. Der Himmel war verhangen. Die dicken weißen Wolken sahen aus, als könnte man sie mit dem Messer zerschneiden. Über den See glitten Segelboote. Ich trat an die offene Tür zum Balkon. Eine Palme stand neben einem weißen Tisch. Ihre großen Blätter bewegten sich im Wind.
    Larkspur trug einen eleganten cremefarbenen Bademantel aus unglaublich weichem Frotteestoff. Auf der Brusttasche war ein marineblaues Wappen. Er war barfuß und hatte sich ein cremefarbenes Handtuch um den Hals gelegt. Die Haare hatte er nach hinten gekämmt. Offenbar war er gerade beim Friseur gewesen. Er trug eine Sonnenbrille mit dickem schwarzem Gestell, wie sie Mastroianni vor Jahrzehnten in La Dolce Vita getragen hatte. Manche Dinge kamen eben nie aus der Mode. Auf dem weißen Tisch lagen Zeitungen, darunter die Washington Post und die New York Times, morgens eingeflogen. Auf einem Servierwagen standen benutzte Gläser und Teller sowie Platten unter silbernen Hauben.
    »Benjamin, setz dich. Du siehst nach dem anstrengenden gestrigen Abend ziemlich mitgenommen aus. Iß einen Happen. Was dein Herz begehrt, steht da. Ich war bei der Bestellung in Spendierlaune. Weißt du, wenn der Boden unter der Welt wegbricht, sollte man sich etwas gönnen, um sich zu beweisen, daß man noch lebt und zu den Überlebenden gehört.«
    »Larkie, ich weiß nicht, wie ich das sagen soll. Ich bin mir nicht sicher, was ich tun werde …«
    »Aber, aber, Benjamin. Bei deinem Larkie brauchst du dich doch nicht zu genieren. Wir machen weiter. Wir heilen das amerikanische Volk. Wir schaffen eine phantastische zweite Amtszeit für Charles Bonner – und wir bemühen uns nach Kräften, zu verhindern, daß die Vergangenheit im nachhinein krank und schlecht gemacht wird, damit sie nicht die Gegenwart ansteckt. Wir sind politisch denkende Menschen.«
    »Ich weiß, daß du es warst. Alles geht allein auf dein Konto.«
    Larkspur goß mir eine Tasse Kaffee ein und schenkte sich nach. Dann schob er die Sahne, den Zucker und den Süßstoff herüber. Er lächelte dabei wie ein Professor, der einen guten Studenten vor sich hat, der sich über Eintagsfliegen den Kopf zerbricht. »Ich fürchte, du mußt dich schon deutlicher ausdrücken. Was alles geht auf mein Konto?«
    »Als Rachel Patton mir von dem Geheimkanal im Weißen Haus erzählte, konnte sie mir zwei Personen nicht mit Namen nennen: den Spiegelmann und den Mann im Weißen Haus. Ich habe herausgefunden, daß Sarrabian der Spiegelmann ist. Dazu brauchte ich nicht allzu viel Scharfsinn … aber du erinnerst dich
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