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Goldstück: Roman (German Edition)

Goldstück: Roman (German Edition)

Titel: Goldstück: Roman (German Edition)
Autoren: Anne Hertz
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lieben Wünsche bezüglich meiner Sackhaare. Mir war schon klar, dass Du meine Entscheidung, mich von Dir zu trennen, nicht verstehen würdest – darum ist sie auch genau richtig. Wir passen nicht zusammen und verstehen uns nicht, es hat keinen Sinn mehr, und deshalb ist es aus. Wenn Du ehrlich bist, bist Du doch auch schon eine ganze Zeit lang unzufrieden gewesen. Die Sache mit Deinem Studium tut mir natürlich leid. Aber das hat überhaupt nichts mit uns beiden zu tun. Irgendwann wirst Du das vielleicht auch verstehen. Mach’s gut und lass mich jetzt bitte endlich in Ruhe.
Gunnar

    Verzweifelt starre ich auf Gunnars Zeilen, sie verschwimmen im Tränenschleier vor meinen Augen.
    »Und?«, will Kiki wissen. »Lässt das noch irgendwelchen Freiraum für Interpretationen?«
    »Nein«, muss ich ihr recht geben, »das tut es wohl nicht.«
    »Eben«, meint meine Cousine resolut, »darum ist es jetzt auch höchste Zeit, dass du den Typen abhakst und dich den wirklich wichtigen Dingen des Lebens zuwendest.«
    »Was ist denn wichtiger als die Liebe?«, gebe ich in einem Anfall von Theatralik zurück.
    »Dass du jobmäßig endlich mal auf die Beine kommst, zum Beispiel?«, schlägt sie vor. »Deine Freunde? Deine Familie? Deine Gesundheit?« Mit diesen Worten deutet sie auf das Glas Rotwein in meiner Hand. »Du trinkst in letzter Zeit viel zu viel, und Alkohol ist jetzt wirklich überhaupt keine Lösung. Im Gegenteil, der hindert dich nur daran, dein Leben in Angriff zu nehmen.«
    »Dafür rauchst du wie ein Schlot«, gebe ich zurück, schnappe ihr die Zigarette aus der Hand und drücke sie mit einer energischen Bewegung im Aschenbecher aus.
    Einen kurzen Moment lang sieht Kiki mich überrascht an – dann muss sie lachen. »Eins zu null für dich«, meint sie, »die Qualmerei ist wirklich ein furchtbares Laster.«
    »Ja, das ist sie, du verpestest damit unsere ganze Wohnung«, sage ich und stelle mein Weinglas weg. »Und für jemanden wie dich, der meint, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben, ist sie auch noch absolut dumm!«
    »He!«, beschwert Kiki sich. »Ich habe nie behauptet, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben!«
    »Dafür spielst du dich mir gegenüber aber immer ziemlich allwissend auf.«
    Kiki zieht die Augenbrauen hoch, was ziemlich lustig aussieht, weil sie als typische Rothaarige mit sehr vielen Som
    mersprossen gesegnet ist, die sich dabei automatisch auch ein Stockwerk nach oben bewegen.
    »Entschuldige, aber wer sitzt denn hier andauernd auf dem Sofa rum und fragt: ›Kiki, was soll ich denn tun? Kiki, mein Leben ist so sinnlos! Kiki, ich weiß gar nicht, wie es weitergehen soll‹?«
    »Okay«, gebe ich zu, »ich hatte in letzter Zeit eben ziemlich viel Pech. Aber mit altklugen Belehrungen ist mir dabei nicht geholfen.«
    »Mit neuklugen ja leider auch nicht«, meint Kiki und streicht sich in gespielter Verzweiflung durch ihre kurzen Haare.
    »Könnten wir«, will ich mit Kleinmädchenstimme wissen, »nicht vielleicht noch einmal in die Karten gucken?«
    Kiki schüttelt den Kopf. »Nein, das können wir nicht.«
    »Bitte!«
    »Nein.«
    »Biiiieeeette!«
    »Ach, mein Goldstück«, seufzt Kiki. Oha, wenn sie mich so nennt, hat sie mich entweder gerade besonders lieb – oder ist besonders genervt von mir. In diesem Augenblick tippe ich eher auf genervt. »Wir haben in den letzten Wochen so gut wie jeden Tag in die Karten geguckt«, fährt sie in einem Tonfall fort, der meine Vermutung bestätigt. »Das bringt überhaupt nichts. Sieh es endlich mal als das, was es ist: Entertainment. Zeitvertreib. Ein lustiges Gedankenspielchen, das hier und da ein paar Hinweise liefern kann.«
    »Ja, aber nach genau den Hinweisen können wir doch noch einmal suchen!«, insistiere ich.
    »Nein«, wiederholt Kiki, »weil es egal ist, was die Karten sagen. Es wird sich an deiner jetzigen Situation nichts ändern, wenn du dich nicht änderst. Es geht um dich, du allein hast es in der Hand.«
    »Na prima«, stelle ich etwas beleidigt fest. »Ich bin schließ
    lich nicht absichtlich durch die Prüfung gefallen und habe auch nicht meinen Freund abserviert!«
    »Nein, das hast du nicht«, gibt sie mir recht. »Aber darüber kannst du jetzt entweder noch monatelang jammern oder endlich deinen Hintern hochkriegen. So wie es jeder normale Mensch auch tut!«
    »Du hast gut reden! Du bist ja zufrieden in deinem Job, bei dir läuft alles wie am Schnürchen, und Stefan trägt dich auf Händen!«
    »Also, erstens bin ich
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