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Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)

Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)
Autoren: Susanne Scharnbeck
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welches wahrscheinlich einige Analogien zu Bloom’s (Anmerkung der Verfasserin: Hauptfigur des Romans „Ulysses“ von James Joyce) „Die Süße der Sünde“ aufweisen dürfte, wohlbedacht mit der Buchrückenseite zur Wand kehrte. So vorbereitet hatte ich mich gerade auf die oberste Sprosse der altersschwachen Leiter begeben um die Tapete einzuweichen, als das Telefon klingelte.
     „Hallo Oma, mir geht’s gut. Warum das so lange gedauert hat? Äh, ich war beschäftigt... Ich will das Zimmer renovieren. Nein, ich falle nicht von der Leiter und hebe nicht schwer. Ja, ich passe auf. Weiß ich nicht. Ich habe jetzt erst angefangen. Möbel kommen später. Ja, ich denke an den Termin, keine Angst. Mach du es auch gut.“
     Das Telefon auf den Küchentisch werfend und die Leiter erklimmend setzte ich meine Arbeit für wenige Minuten fort, da klingelte es erneut. Erst nachdem ich nochmals von der Leiter gestolpert und in die Küche gesprintet war, um schließlich irgendetwas in den Hörer zu prusten, bemerkte ich, dass es diesmal an der Tür läutete.
     „Jaaaa?“, fragte ich hektisch, als ich diese schwungvoll aufriss, und sah mich im gleichen Augenblick meinem unmittelbaren Nachbarn gegenüber. Normalerweise ist dies nichts, was einen in großes Erstaunen versetzen müsste, wie auch der geschätzte Leser mir sicher zustimmen wird, doch meine Augen wurden kugelrund aufgrund der Tatsache, dass ich zwar schon etliche Jahre in dem blechdachbewehrten Haus wohnte, diesen Herrn jedoch bisher allerhöchstens bei zwei bis drei kurzen Gelegenheiten zu Gesicht bekommen hatte. Er schien ein sehr zurückgezogenes Leben zu führen. Während ich vor Überraschung fast in die Knie ging, störte er sich nicht an meinem blöden Gesichtsausdruck, starrte mich aus durchdringenden grauen Augen an und stellte rhetorisch fest: „Ich habe Sie gehört, Sie machen da was in der Wohnung, stimmt's?“.
     „Ja“, antwortete ich, inzwischen hatte ich mich wieder gefangen, „ich renoviere. Wieso? Bin ich zu laut? Ich habe eigentlich noch gar nicht angefangen.“
     Meine Frage hatte er anscheinend nicht gehört. Er starrte mich weiter durchdringend an und wie ich so zurückschaute und ihn in seinem hellgrauen Strickpullunder, den graumelierten Haaren, dem bleichen Gesicht und den anthrazitfarbenen Bundfaltenhosen unauffällig musterte, schoss mir der ketzerische Gedanke durch den Kopf, ob ich ihn tatsächlich nur die wenigen Male getroffen, oder aber nicht vielmehr ihm schon häufiger begegnet war, ihn aber niemals wahrgenommen hatte.
     Er suchte nach Worten – das erkannte ich an den winzigen Bewegungen, die seine Gesichtsmuskeln unter der grobporigen Haut machten. „Renovieren kann gefährlich sein“, begann er linkisch, „Sie sollten aufpassen!“
     Das wurde ja immer schöner! Als ob ich das nicht selbst wüsste.  „Ja“, entgegnete ich flapsiger als es meine Absicht war, „ich kann von der Leiter fallen und mir den Hals brechen. Danke. Ich werde alles tun, um das zu vermeiden.“
     Von dem leichten Unmut in meiner Stimme zurückgehalten, rang er scheinbar mit sich selbst, als wäre da noch etwas mitzuteilen, von dem er nicht wüsste, ob er es tun solle. Ich fühlte sehr deutlich, dass er mehr sagen wollte, doch meine eigene Ungeduld ließ mich davon absehen, genauer nachzufragen. Schließlich beließ er es bei einem kraftlosen: „Wenn Sie irgendwie Hilfe benötigen...?“
     Ich warf einen genaueren kurzen Blick auf das eingefallene Gesicht und die dünnen Ellenbogen in den schneeweißen Hemdsärmeln, dann schüttelte ich versöhnlich den Kopf. „Vielen Dank. Ich komme schon zurecht.“
     Nach dieser doch sehr unverhofften Begegnung war mir etwas seltsam zumute. Vor allem begann mich in meinem nimmermüden Gehirn zu beschäftigen, was jenes wohl gewesen ist, das nun unausgesprochen geblieben war. Diese Grübeleien gewannen fast eine Art Eigenleben und wurden so aufdringlich wie ein Hund, der sich an einem Knochen festgebissen hatte, so dass ich sie schlussendlich rigoros beiseite schieben musste.
     Stattdessen setzte ich meine Bemühungen fort, die Tapete von der Wand zu lösen. Dies erwies sich als relativ einfach, allerdings hatte ich nicht damit gerechnet, dass der Putz dahinter ausschließlich von der Tapete zusammengehalten wurde. Sobald diese fort war, fiel er in einer aufsteigenden Staubwolke aus größeren und kleineren Klumpen in sich zusammen. Hustend keimte in mir bei dieser Gelegenheit die Vermutung, dass
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