Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)

Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)
Autoren: Susanne Scharnbeck
Vom Netzwerk:
einigen geschicktem Schlägen gelang es mir, die Ränder des Loches um einige Zentimeter zu erweitern. Dann nahm ich den Schraubenzieher und schob das, was sich darin befand, mit der Spitze hin zur Öffnung. Es verhakte sich einige Male, aber schließlich, nach geduldigem Fischen, wurde ein kleines Bein sichtbar. Ich vergaß fast zu atmen vor Erstaunen, denn das, was hier das Licht der Welt erblickte, war eine kleine Puppe, kaum größer als zehn Zentimeter. Sie, besser gesagt er, wie ich aus Kleidung und Haarschnitt ableitete, schien mindestens ebenso erstaunt zu sein wie ich, denn er blickte mich mit einem geradezu komisch wirkenden, entsetzten Ausdruck an.
    „Ich fasse es nicht. Da hat doch tatsächlich jemand eine Puppe versteckt.“ Ungläubig schüttelte ich meinen Kopf. „Nein sowas. Bei einem Sparstrumpf könnte ich das ja noch verstehen, aber eine Puppe!“ So führte ich eine Weile meine Selbstgespräche fort, setzte das Püppchen auf die Fensterbank und genehmigte mir statt eines Frühstücks ein Glas Multivitamin-Nahrungsergänzungssaft, welchen ich trank und dabei das kleine Ding neben meinem Orchideentopf unaufhörlich anstarrte.
     Zufällig bemerkte ich, dass meine Fußsohlen schwarz waren. Ich hatte zwar gestern den herabgefallenen Putz notdürftig zu einem wie mir schien riesigen Haufen zusammengefegt, doch der schmierige schwarze Staub klebte überall auf der Folie und nun an meinen Füßen. Ich sprang deshalb unter die Dusche, was nicht nur meinen Füßen gut tat, und machte mich mit neuer Energie an die Arbeit. Dieser Mann, Raik hieß er, war völlig vergessen.
     Zuerst pinselte ich eine Flasche Tiefengrund auf den sandigen Putz, welche ich hellsichtigerweise ebenfalls gekauft hatte, und als dieser getrocknet war, plünderte ich meine Spachtelpulvervorräte, welche ich in einer großen Schüssel mit Hilfe eines traditionell dekorierten polnischen Volkskunst-Kochlöffels anrührte. Eine Glättkelle war auch zur Hand und nach mehreren Stunden emsigen Rührens und Spachtelns, waren die Ziegelsteine unter einer glatten Füllschicht verschwunden. Zufrieden betrachtete ich das Ergebnis und klaubte einige Klumpen der hellen Masse aus meinen Haaren und von meinem Gesicht, da klopfte jemand an die Tür. „Himmel! Das wird doch nicht wieder mein Nachbar sein?“ betete ich, aber es kam viel schlimmer – es war Raik.
    „Hi!“, grinste er und seine Grübchen sprangen mich an, während ich versuchte ruhig zu bleiben und nicht urplötzlich zu sterben. „Wollte mal schauen, ob du heil angekommen bist und ob es dir gut geht.“
     „Danke“, erwiderte ich zerstreut, damit bemüht, meine bekleckerten Ringelleggings und das verschwitzte Unterhemd mit Würde zu tragen. Dann erst fiel mir auf, dass er immer noch vor der Tür stand und keine Anstalten machte, zu gehen. Also bat ich ihn herein.
    Ich merkte, wie sein Schritt kurz stockte, als er das Zimmer betrat. Eine Sekunde für ihn, eine Ewigkeit für mich, und da ich ihm nicht anbieten wollte, auf meinem zerwühlten Bett Platz zu nehmen, standen wir beide etwas verloren in der Gegend herum. Licht fiel in breiten Streifen durch das Fenster, kleine Staubflöckchen tanzten emphatisch zwischen uns in der Luft. Alle anderen Möbel waren noch beiseite gerückt und abgedeckt.
     „Hm, sieht nach Arbeit aus“, bemerkte er scharfsinnig.
     „Genau!“, antwortete ich.
     „Komme ich ungelegen?“
     Dämliche Frage. Die konnte er sich wohl selbst beantworten. Doch ich riss mich zusammen und erzählte schnell, was ich mit dem Zimmer vor hatte, ohne auf seine Frage einzugehen. Danach wusste ich vor Verlegenheit nicht mehr, was ich sagen sollte und griff schnell nach der kleinen Puppe.
     „Schau mal. Die habe ich in einem Ziegelstein gefunden. Ist das nicht komisch?“
     Er schien weder etwas Komisches noch sonst Interessantes daran zu finden, ja, ich hatte sogar den Eindruck, dass er mir gar nicht zuhörte. Wahrscheinlich hatte er sich seinen Besuch bei mir irgendwie anders vorgestellt.
     „Kann man dich auch mal treffen, ohne dass du gerade blau oder beschäftigt bist?“
     Dieser leise Spott in seiner Stimme gefiel mir überhaupt nicht, um es gelinde auszudrücken. Er hätte sich ja wenigstens an seine gestrige elegantere Umschreibung erinnern können. In mir begann es zu brodeln.
     „Du hast mich doch gerade zweimal getroffen“, antwortete ich trocken.
     „Ja, eben. Und ich würde es gerne wieder. Ich finde dich sehr nett und ich hätte Lust, mal
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher