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Goldfasan

Goldfasan

Titel: Goldfasan
Autoren: J Zweyer
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Kommissar. Für einen kurzen Moment meinte er, nur seinen eigenen heftigen Atem zu hören. Dann ein kurzer, spitzer Schrei. Glas zersplitterte.
    In der Türöffnung stand Charlotte Munder, der eine leere Kognakflasche aus der Hand geglitten war. Aber schon hatte sie sich wieder unter Kontrolle.
    »Der Herr Kommissar«, sagte sie mit schwerer Zunge. »Was machen Sie auf meiner Kellertreppe?« Sie hielt sich an der Türzarge fest, sah verwundert zu Boden, so als ob sie die Glassplitter erst jetzt bemerken würde, und schüttelte entgeistert den Kopf. Es gab keinen Zweifel. Charlotte Munder war betrunken.
    Golsten dachte fieberhaft nach. Selbstverständlich wäre es ihm ein Leichtes gewesen, Charlotte Munder einfach beiseite zu stoßen und zu fliehen – aber was hätte das genutzt? Sinnvoller erschien es ihm, auf ihren Zustand zu bauen und vor allem darauf, dass sie sich möglicherweise später nicht daran erinnern würde, was tatsächlich vorgefallen war.
    »Ich habe mir Ihren Keller angesehen«, antwortete er wahrheitsgemäß.
    »Und wie sind Sie dort hineingekommen?«, wollte die Witwe wissen.
    »Sie haben mich doch vor etwa einer halben Stunde hereingelassen«, log Golsten und hoffte, damit durchzukommen.
    »Ich habe Sie hineingelassen?«, echote Charlotte Munder, sichtlich verwirrt.
    »Ja. Kurz nachdem Sie nach Hause gekommen sind und der Wagen, der Sie gebracht hat, wieder fortgefahren ist, habe ich bei Ihnen geklingelt. Sie haben geöffnet und mich eingelassen, nachdem ich Ihnen mein Anliegen vorgetragen habe.« Golsten war selbst erstaunt über seine Kaltblütigkeit. »Und jetzt bin ich hier. Das ist alles. Können wir nun wieder zurück in den Salon gehen? Ich habe alles gesehen, was ich wollte. Außerdem sollten Sie aufpassen. Hier liegen überall Scherben. Nicht dass Sie sich noch verletzen.«
    Charlotte Munder trug einen seidenen Hausanzug, darüber einen Hausmantel, ebenfalls aus Seide, und leichte Hausschlappen.
    »Scherben? Ach ja. Wieso …?« Sie schaute irritiert zu Golsten, dann auf den Boden. »Was wollte ich nur … Ja. Der Kognak. Die Flasche war leer.«
    »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Wie? Ja. Gerne.«
    »Soll ich eine neue Flasche aus dem Vorratskeller holen?«
    Seine Überrumplungstaktik schien Erfolg zu haben. Charlotte Munder war völlig verunsichert.
    »Wenn Sie so freundlich wären.« Mit diesen Worten schlurfte sie schwankend in den Salon.
    Als Golsten einige Minuten später mit einer vollen Flasche Hennessy in der Hand den Raum betrat, saß die junge Witwe mit hochgezogenen Beinen in einem der Polstersessel und streckte ihm ihr leeres Glas entgegen.
    Der Kommissar schenkte nach.
    »Trinken Sie doch auch etwas, Herr Hauptsturmführer«, kicherte Charlotte Munder. »Gläser stehen im Schrank dort.«
    Golsten kam der Aufforderung nach und füllte einen Fingerbreit Schnaps in den Schwenker.
    »Prosit.« Charlotte Munder hob ihr Glas, trank es in einem Zug leer und hielt es dann Golsten erneut hin. »Bitte.«
    »Frau Munder«, nutzte Golsten die Situation aus. »Ich habe in Ihrem Keller den Koffer Marta Slowackis gefunden.«
    »Ja? Und?«
    »Sie haben ausgesagt, Ihr Mädchen habe den Koffer mitgenommen. Das war gelogen.«
    Charlotte Munder machte einen Schmollmund, bevor sie antwortete: »Stimmt. Da haben Sie uns ja ertappt.« Sie kicherte wieder.
    »Marta Slowacki hat Ihr Haus nicht freiwillig verlassen, sondern sie ist im Wagen Ihres Vaters weggebracht und dann ermordet worden.«
    Die Witwe schüttelte heftig den Kopf. »Ach was. Sie reden Unsinn. Mein Vater hat sie zurück nach Polen bringen lassen. So war das. Sie konnte nicht länger hierbleiben. Das ging doch nicht.«
    »Und warum nicht?«
    Charlotte Munder legte die Stirn in Falten. »Ich weiß auch nicht mehr genau … Ach ja, sie hat das Versteck entdeckt. Und dann noch wegen dieses Kindes. Also, das ging nun wirklich nicht.«
    »Bitte eins nach dem anderen. Mit Versteck meinen Sie den abgemauerten Raum im Keller?«
    Sie nickte und spielte mit dem Glas.
    Golsten rief sich ins Gedächtnis, dass Marta Slowacki schon fast drei Wochen tot gewesen war, als die Kiste zu Munder gebracht wurde. Sie konnte die Hehlerware also nicht mehr gesehen haben. »Was war so schlimm daran, dass sie das Versteck kannte?«, fragte er deshalb.
    »Weiß nicht«, lallte Charlotte Munder und rollte sich im Sessel zusammen.
    Es würde nicht lange dauern und sie wäre eingeschlafen. Wenn Golsten noch etwas erfahren wollte, musste er sich beeilen. »Was
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