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Goldener Reiter: Roman (German Edition)

Goldener Reiter: Roman (German Edition)

Titel: Goldener Reiter: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Weins
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schaue zu Frank und dem Bass hoch. Die sind gar nicht so weit weg, der vierte Stock ist gar nicht so hoch, meine ich.
    Nein, sage ich. Nein, ich mache das nicht.
    Ich weiß, dass ich einen Fehler mache. Es ist mein erster eigener Bass und ich kann damit Musik machen und er hängt im vierten Stock von einem Balkon.
    Gut. Frank grinst. Denn nich.
    Ich stehe unten und sehe zu, wie Frank mit meinem Bass in seinem Zimmer verschwindet.
     
    20
    Ich bin zwei Ohren. Ich sitze in meinem Zimmer, die Tür ist angelehnt. Es hat geklingelt. Ich sitze vor meinen Playmobil-Soldaten. Meine Armee will das Fort der Engländer einnehmen. Meine Mutter spricht im Flur. Ich höre eine Männerstimme. Die Haustür ist nicht geschlossen worden. Ich höre Geräusche von der Straße. Der Angriff meiner Soldaten ist ins Stocken geraten. Die Soldaten sind in eine Starre gefallen. Ich schleiche zur Treppe. Der Boden knarzt. Ich spähe in den Flur. Ein Mann hockt vor der geöffneten Haustür. Es ist ein Handwerker, er hat Handwerkerkleidung an und einen Werkzeugkasten. Er macht sich am Türschloss zu schaffen. Meine Mutter ist im Wohnzimmer. Es riecht nach Zigaretten. Ich schleiche zurück in mein Zimmer. Meine Mutter hat einen Handwerker kommen lassen, der sich an der Haustür zu schaffen macht. Ich setze mich mitten in meine Armee. Ich lasse sie Gefechtsaufstellung einnehmen. Ich tue so, als würde ich einen neuen Angriff auf das Fort planen. In Wirklichkeit bin ich mit den Ohren im Flur. In Wirklichkeit stehe ich neben dem Mann und schaue zu, wie er das Türschloss auswechselt. Was machen Sie da, in meinem Haus?, frage ich. In Wirklichkeit gehe ich im Haus herum und suche meine Mutter. Meine Mutter sitzt in der Küche und raucht Zigaretten. Was soll das?, frage ich. Was macht der Mann hier in meinem Haus? Warum lässt du das Türschloss auswechseln? Meine Mutter antwortet nicht, sondern bläst mir den Rauch ihrer Zigarette ins Gesicht. Meine Mutter lacht. Sie sagt: Ich lasse das Türschloss auswechseln, damit du nicht mehr hereinkommst, haha.
    Ich sitze mitten in meiner Armee. Meine Mutter kommt die Treppe herauf, ich höre es an ihrem Schritt. Sie steht in der Kinderzimmertür.
    Joni, kannst du bitte den Mann wegschicken?, sagt sie. Meine Mutter steht in der Tür. Sie wendet den Kopf und schaut die Treppe hinab, sie schaut wieder mich an. Kannst du bitte den Mann wegschicken, bitte.
    Mama, sage ich, was soll das?
    Ich habe den Schlüsseldienst angerufen, weil Terroristen in der Gegend sind. Wir sind nicht mehr sicher. Wir brauchen ein neues Schloss, weil die Terroristen die Schlüssel haben. Aber der Mann ist selbst ein Terrorist, das weiß ich jetzt. Bitte, du musst ihn wegschicken.
    Mama, sage ich. Das ist kein Terrorist, das ist einfach der Mann vom Schlüsseldienst. Das ist kein Terrorist. Geh wieder runter. Setz dich in die Küche, bitte, Mama. Ich schaue meine Mutter an. Wir schauen uns in die Augen.
    Meinst du?, fragt sie.
    Ja, sage ich.
    Meine Mutter geht zurück ins Erdgeschoss. Ich stoße meine Playmobil-Soldaten um. Der Krieg ist aus. Alles Leichen. Ich höre, wie meine Mutter mit dem Mann redet. Ich stehe auf und gehe zur Treppe.
    Bitte verlassen Sie mein Haus, sagt meine Mutter.
    Aber ich bin noch nicht fertig, sagt der Mann. Er starrt meine Mutter an.
    Bitte verlassen Sie mein Haus, sagt meine Mutter.
    Mama, sage ich und lege meine Hand auf ihre Schulter, komm, Mama, bitte.
    Ich bringe sie ins Wohnzimmer.
    Ich weiß nicht, was ich machen soll, sagt meine Mutter. Das ist ein Terrorist.
    Ich gehe in den Flur, ich schließe die Wohnzimmertür hinter mir.
    Also, was soll ich jetzt machen?, sagt der Mann.
    Ich gebe Ihnen Geld, sage ich.
    Ich hole die Zigaretten und den Aschenbecher aus der Küche. Ich öffne die Wohnzimmertür.
    Meine Mutter sitzt auf dem Sofa. Sie hält sich die Hand vor den Mund. Sie schaut zu mir auf, als ich die Zigaretten vor ihr auf den Tisch lege.
    Joni, weißt du was? Ich bin die Terroristin. Der Mann ist gar nicht der Terrorist. Ich bin die Terroristin.
    Mama, sage ich. Du musst mir Geld geben, damit ich die Rechnung bezahlen kann.
    Ich bin die Terroristin, sagt meine Mutter und legt beide Hände auf den Mund.
    Ich setze mich neben meine Mutter auf das Sofa.
    Du bist keine Terroristin, sage ich.
    Sie macht sich eine Zigarette an und saugt.
     
    21
    Nein, ich finde ihn überhaupt nicht niedlich, sage ich. Meine Mutter und ich stehen vor einem Käfig mit goldenen Stäben. Der Käfig erinnert mich an den aus Jim
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