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Goettin meines Herzens

Goettin meines Herzens

Titel: Goettin meines Herzens
Autoren: Elizabeth Beacon
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verdienten. Sich im Stuhl zurücklehnend zwang er sich, die kühle Selbstbeherrschung wiederzugewinnen, die er sich so schmerzvoll anerzogen hatte. Leidenschaftliche Gefühle konnten einen ins Verderben stürzen, wenn man ihnen nachgab.
    Dennoch war ein Teil von ihm Sklave seiner Leidenschaften, gefangen im Bann dieses liebreizenden Wesens. Im Stuhl vor dem Kamin sitzend erinnerte er sich des Tages, an dem er ihrem Zauber verfallen war. Als wäre es gestern gewesen, sah er sie stolz und herausfordernd in dieser billigen Taverne im Hafen von Bristol stehen.
    Damals, vor fünf Jahren, trug er das Haar lang, vergaß gelegentlich, sich zu rasieren und hatte sich die Sprache und Gepflogenheiten der Gosse angeeignet. Vielleicht sollte er für all die Jahre dankbar sein, in denen er in den Straßen Essen und Kleidung für sich und seine Schwestern zusammensuchen, erbetteln oder stehlen musste. Vielleicht sollte er aber einfach auch weiterhin seine noblen Verwandten dafür hassen, dass sie sich einen Dreck um ihn und seine Familie gekümmert hatten und offenbar nur darauf warteten, dass sie allesamt zusammen mit seinem versoffenen Spieler von einem Vater zum Teufel gingen. Seine Gedanken wanderten in die Vergangenheit …
    Dank Bevis Alstones Abstieg und Fall verstand er es gut, sich als zwielichtigen Händler auszugeben, der alles verkaufte, was ihm in die Hände fiel. Mit dieser List hoffte er, eine Spur der beiden Halunken zu finden, die seine Mannschaft erst bestochen, dann ermordet hatten, um seine Fracht zu stehlen. Nachdem er den Tag damit zugebracht hatte, Kunden und Lieferanten auszuhorchen, verbrachte er den Abend beim Würfelspiel in einer der schlimmsten Lasterhöhlen am Hafen, in der Hoffnung, dort den Schurken auf die Spur zu kommen.
    „Gen’lmen“, brüllte eine Stimme über den Lärm in der miefigen Kaschemme hinweg. „Hab’ da ein Angebot für Sie.“
    Nachdenklich musterte Kit den Mann, dessen Gesicht unter dem ungepflegten goldblonden Bart einmal attraktiv gewesen sein musste, bevor Trunksucht und Ausschweifung ihm ihren Stempel aufdrückten. Seine Stimme wies den geschliffenen Tonfall eines Gentleman auf, wenn er auch sonst dieser Bezeichnung in keiner Weise entsprach. Ein Mann, der nichts zu verlieren hat, schloss Kit, und fragte sich, ob er die richtige Spur verfolgte.
    Dann fiel sein Blick auf die Frau an der Seite des Mannes, und es verschlug ihm regelrecht den Atem. Von einer Sekunde auf die andere wurde es still in der Taverne.
    Im Lichtschein des rauchverhangenen Raumes stach ihre üppige Mähne hell hervor, seidig schimmernde Locken, die man weder als goldblond, noch brünett oder rot bezeichnen konnte, sondern vielmehr als reiche Mischung aller drei Farben. Offen floss ihr das Haar über die Schultern, umrahmte ein Gesicht, das für einen besseren Ort gemacht schien – den Olymp vielleicht?
    Blinzelnd versuchte Kit sich einzureden, dass der Rum ihm Trugbilder vor Augen erstehen ließ, aber als er sie öffnete, stand die Göttin immer noch an der gleichen Stelle, schaute ihn ebenso unverwandt an wie er sie.
    Er hätte sich geschmeichelt fühlen können, wenn ihr lapislazuliblauer Blick, in dem er sich am liebsten verloren hätte, nicht von seltsamer Ausdruckslosigkeit gewesen wäre. Ihre halbgeschlossenen Lider über den samtschwarzen Pupillen weckten ihn aus seinem Tagtraum, verrieten ihm, dass sie ihn, betäubt wie sie wohl war, gar nicht wahrnehmen konnte. Offensichtlich war seine Hafenvenus nicht unberührt von dem Übel, das sie umgab.
    „Hat ihr Laudanum gegeben, damit ’se nich’ wegrennt, die arme Seele“, meinte die Schankmagd leise, während sie ein weiteres Glas auf den Tisch vor ihm abstellte.
    Glaubte sie etwa, er würde für eine Dirne, die neu in dem Gewerbe war, gut zahlen, oder trieb sie allein das Mitleid ob der Demütigung, die seiner Göttin bevorstand? Etwas am Verhalten seiner Venus sagte ihm, dass sie vor noch nicht allzu langer Zeit von größerer Unschuld gewesen war als er in seinem ganzen Leben.
    „Hab euch ja gesagt, ich hab’n Angebot“, nuschelte der Mann mit unaufhaltsamer Entschlossenheit. „Biete meine Gemahlin zum Verkauf“, schloss er triumphierend. „So macht ihr Gesindel das doch, warum sollte es dann nicht auch mir etwas einbringen.“
    Zu seinem Glück nahm die Frau an seiner Seite die Aufmerksamkeit zu sehr gefangen, als dass man ihn für seine abfällige Bemerkung zur Rechenschaft gezogen hätte, zumindest im Augenblick.
    „Auf, auf,
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