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Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)

Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)
Autoren: Lars Schütz
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herbekommen?«
    »Ich kann sie stehlen. Das kann ich hier nicht, weil die Doktoren die Mittel immer neu herstellen müssen. Aber woanders handhaben sie es vielleicht nicht so.«
    »Einen anderen Plan hast du nicht?« Domitia verschränkte die Arme vor der schmächtigen Brust.
    »Ich bin nur die Maus aus der Kloake, nicht Orchon, der Kluge und Starke.«
    »Deine Reime waren auch mal besser …«
    »Keine Widerrede!«, sagte er, während er zur Tür lief. »Marentius weiß, dass ich irgendwo hier unten lebe und dieser Mann vergisst niemals, wer ihm was schuldet. Zur Not buddelt er sich auch den Weg zu uns durch.«
    »Wo gehst du hin?«, fragte Clodia.
    »Ich muss noch etwas erledigen.« Er seufzte und rang die Hände. »Packt schon mal eure Sachen. Ich bin so schnell wieder da, ihr werdet gar nicht merken, dass ich weg gewesen bin.«
    »Das hast du letztes Mal auch gesagt«, flüsterte Clodia.
    »Ich weiß«, entgegnete er und starrte noch einmal auf das tiefrote Adergeflecht. Was ich dafür geben würde, diese Last für dich tragen zu können, kleine Schwester , dachte er.

Gott ist tot
    Rowen kletterte aus dem Kanalschacht am Rande des Portiusplatzes, der von den meisten Sichelstädtern nur »Peitschenplatz« genannt wurde. Er war Galyriens größter Umschlagplatz für Sklaven. Sepiahäutige Lastenschlepper aus den Wüsten jenseits der Akolythischen Meerenge, feurige Konkubinen aus dem Osten oder vernarbte Gladiatoren – hier konnte der geneigte Käufer jeden Menschenschlag erwerben, den er brauchte.
    Jetzt, mitten in der Nacht, war nichts mehr vom ständigen Stakkato des Peitschenknallens zu vernehmen. Die Sklaven hockten dicht an dicht in ihren Pferchen und warteten auf den Morgen, in der Hoffnung, dass sie endlich verkauft werden würden.
    Wenn sich ein gewöhnlicher Sklave auf dem Markt nicht innerhalb einer Woche verkaufte, wurde er totgeknüppelt. Dann überstiegen die Haltungskosten nämlich bereits den Gewinn, den man noch mit seinem Verkauf einnehmen konnte.
    Jedes Mal, wenn Rowen hier vorbeischlich, überkam ihn Beklommenheit. Es brauchte nicht viel, um in Ketten gelegt an diesem Ort zu landen. Manche hatten sich selbst in die Sklaverei verkauft, um ihre Schulden loszuwerden, andere waren Kriegsgefangene gewesen oder auf der Landstraße von Menschenjägern erwischt worden.
    Gestank nach ungewaschenen Leibern, Blut und Verzweiflung hing in der Luft. Hier hielt sich niemand gerne auf. Selbst die Bettler und die Straßenverkäufer, die in ihren Bauchläden Honigasseln, Sesamstangen und geröstete Ratten feilboten, mieden den Platz.
    Darauf bedacht, nicht den Weg von einem der Wächter zu kreuzen, schlich er in Richtung Cordiaviertel davon.
    Er musste die Gärten von Nomoli durchqueren, die sich wie ein grüner Ring um das Viertel der Reichen und Regierenden spannten. Sie lagen nur wenige Straßen weiter und hätten keinen größeren Gegensatz zum Peitschenplatz bilden können: ein Wall aus Schönheit und Eintracht, bevölkert von Kolibris und Zikaden, der das Stadtzentrum von der stinkenden und grauen Welt des einfachen Volkes abschirmte.
    Um diese Zeit war der Park verschlossen. Rowen kletterte über den gusseisernen Zaun. Zwölf Parkwächter gab es, allesamt alt und gebrechlich. Rowen machte sich nicht einmal die Mühe, durchs Unterholz zu pirschen, sondern schlenderte über einen der geschwungenen Wandelpfade. In den Straßenlaternen am Wegesrand brannten knisternd Rüböl und Kienspäne. Ganze Heerscharen aus Mücken und Scheinkäfern schwirrten um das Licht.
    Er holte tief Luft und sog den Wohlgeruch der Blumen ein, die in voller Frühlingsblüte standen. Manchmal vermisste er die Ährlande mit ihren weiten Wiesen und Wäldern, nicht auch nur ansatzweise vergleichbar mit dem Moloch Sichelstadts. Er glitt mit den Fingerkuppen über den Galgenstrick. Im Totenreich haben sie sicherlich nicht so hübsche Gärten, dachte er. Ein Glück, dass der Seilspinner bei diesem Strick geschlampt hat.
    »Hallo, Rowen!«
    Eine Pranke legte sich auf seine Schulter und drückte zu. Vor Schmerz und Überraschung schrie er auf. Er versucht einen Satz nach vorne, aber der Unbekannte riss ihn zurück.
    »Keine Sorge, wir wollen dir nichts tun«, flüsterte er mit der kratzigen Stimme eines Mannes, der öfter mal eine Eisenkrautpfeife rauchte. »Mein Freund – und bald auch deiner – will dir nur ein Angebot unterbreiten.«
    »Dein Freund ..?« Rowen wusste nicht, wie ihm geschah. Wie hatte sich der Fremde so nah an ihn
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