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Göttergetöse

Göttergetöse

Titel: Göttergetöse
Autoren: Glen Cook
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war merkwürdig. Und das hasse ich. Merkwürdigkeiten suchen mich heim, als wäre ich ein Blitzableiter für Bizarres.
    Ich hatte Morpheus Ahrms ehemaliger Freudenhöhle einen Besuch abstatten wollen. Es interessierte mich, rauszufinden, wieweit er in seinem Vorhaben gediehen war, aus dem Hirsetempel für Halunken einen schnieken Schickimicki-Laden namens »Palmenhain« zu machen. Aber dieses rothaarige Zuckerstückchen würde ich nicht mal auch nur in seine Nähe lassen. Er hatte das blendende Aussehen der Dunkelelfen und jede Menge Charme und würde keine Sekunde zögern, von beidem unfairen Gebrauch zu machen.
    Ich schlenderte die Macunado entlang, bis ich die Einmündung der Gerstengasse erreichte, eine enge, dunkle Straße, die kaum noch jemand benutzte. Früher einmal waren dort die Lieferanten für die kleinen Familienbetriebe ein- und ausgegangen, aber die Leute hatten wegen der Unruhen aufgegeben. Die Gebäude neigten sich mit den Giebeln gegeneinander. Es war dunkel in der Gasse und stank nach Moder, obwohl es in den letzten Tagen genug geregnet hatte, daß der Dreck hätte weggespült werden müssen. Ich stieg über die ausgestreckten Beine eines betrunkenen Rattenmannes und blieb soweit wie möglich in der Mitte der Gasse. Dort stolperte man wenigstens nicht auf etwas Unerwartetes. Dabei schreckte ich eine Rattenfamilie auf, die einen Festschmaus an einem Hundekadaver hielt. Sie zeigten mir die Zähne. Wehe, wenn ich versuchte, ihnen ihr Abendessen zu stehlen! Ich trat der größten Ratte der Stadt in die Seite. Vielleicht hatte meine neue Freundin ja Angst vor Ratten.
    Ich ging weiter in die düstere Straße hinein, an Schläfern verschiedener Rassen und Geschlechter vorbei und achtete sorgfältig darauf, niemanden aufzuwecken. Ich halte mich an bestimmte goldene Regeln. Außerdem kann ich es auch nicht leiden, wenn mich jemand zu Hause belästigt.
    An einer Kreuzung etwa fünfzehn Meter weiter blieb ich stehen. Das plötzliche Sonnenlicht röstete meine Augen.
    Ich wartete. Und wartete. Dann wartete ich noch ein bißchen. Nachdem ich noch ein bißchen länger gewartet hatte und kurz davor war, seufzend aufzugeben, kam eine Frau an die Mündung der Gerstengasse. Sie hatte die richtige Größe, aber der Alterungsprozeß hatte bei ihr schon vor Generationen aufgegeben. Sie war eine lahme, abgerissene Straßenoma, die sich auf einen krummen Stock stützte. Sie spähte mit teuflischer Konzentration unter ihrem gelben Strohhut in die Gasse, als wisse sie genau, daß in der Gasse irgendwas Böses lauerte. Eine Frau ihres Alters überlebte nicht so lange die Straße, ohne paranoid zu werden.
    Ich halte mich im Grunde für einen netten Kerl und verkniff es mir, ihr Angst einzujagen. Ich wartete, bis sie beschloß, die Gasse lieber nicht zu betreten.
    Verblüffenderweise hielt Der Gottverdammte Papagei die ganze Zeit den Schnabel. Der Tote Mann hatte ihn gründlich ruhiggestellt.
    Mein Plan allerdings schien gescheitert zu sein. Eine Amateurin hatte mich ausgetrickst.
    Besser, wenn ich das für mich behielt. Meine Freunde nehmen mich schon genug auf den Arm, auch ohne daß ich ihnen freiwillig Munition liefere.
    Ich ging zurück auf die Straße. Wenigstens wurde es nicht noch schlimmer. Ausnahmsweise geriet ich nicht mal in eine Schlägerei. Ich ging zu einem Wassertrog und reinigte mit der grünlichen Brühe meine Schuhe von dem Schlamm. Daß die Soße dadurch noch schmutziger wurde, störte mich nicht. Diese öffentlichen Pferdetränken ermutigen die Leute nur, Pferde zu halten. Und Pferde waren die bevorzugte Waffe von Mutter Natur, wenn es darum ging, einen armen Kerl namens Garrett zu quälen.
    Mit dem linken Schuh war ich fertig und machte mich an den rechten, wobei ich versuchte, meine Hände nicht zu beschmutzen, als sich die Menge überraschend teilte, und ich die Rothaarige erblickte. Unsere Blicke trafen sich. Ich schenkte ihr mein strahlendstes Grinsen und bombardierte sie mit meinem Brauen-Blick-Trick. Mit dieser Kombination kriege ich sie alle.
    Sie ging stiften.
    Nichts wie hinterher! Jetzt war ich in meinem Element. Das ist mein Leben. Ich hätte ja nach der Meute und dem Jagdhorn gerufen, wenn dann nicht mit Sicherheit auch Gäule aufgetaucht wären.
    Der Gottverdammte Papagei stieß ein fragendes Geräusch aus. Ich verstand ihn jedoch nicht, und er verzichtete auf eine Wiederholung.

 
4. Kapitel
     
    Wieder fiel mir dieses merkwürdige Phänomen auf: Kein einziger Mann auf der Straße achtete
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