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Götterdämmerung (German Edition)

Götterdämmerung (German Edition)

Titel: Götterdämmerung (German Edition)
Autoren: Angela Schwarzer
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müde.“
    „Also gut“, gab Simon nach. „Suchen wir die Ausfallstraße. Wenn es dort keine Verteilstelle gibt, verlassen wir die Stadt.“
    Er bog auf die Hauptstraße ab. Sicher würde die Armee das Medikament zuerst dort verteilen, wo sich viele Menschen befanden: auf öffentlichen Plätzen und entlang der großen Straßen.
    Er war kaum mehr als vierhundert Meter gefahren, als er bemerkte, dass es auf Straße und Fußweg von Robotern wimmelte. Die meisten liefen einfach weiter, ohne von dem Fahrzeug Notiz zu nehmen. Andere betrachteten es aufmerksam. Eine dritte Gruppe kam geradewegs auf sie zu: sieben, acht Roboter, die eine Art Schussvorrichtung vor dem Oberkörper montiert hatten. Sie musterten das Fahrzeug aus großen schwarzen Augen, ihre untere Gesichtshälfte war von langen spitzen Zähnen bedeckt.
    „Fahr zurück!“, kreischte Isabelle. „Beeil dich!“
    Sie griff ins Lenkrad. Das Fahrzeug machte einen Schlenker. Simon trat auf die Bremse.
    „Lass das Lenkrad los!“ brüllte er und versuchte, ihre Hand wegzuziehen. Isabelle sah ihn mit aufgerissenen Augen an, ließ aber los. Dann schlug das erste Geschoss ein.
    „Runter“, rief Simon. Er stoppte, legte den Rückwärtsgang ein, steuerte das Fahrzeug mit der höchstmöglichen Geschwindigkeit. Dem Autopiloten traute er nicht. Er musste zurück in die Seitenstraße. Aus den Augenwinkeln sah er, dass Isabelle sich geduckt hatte und Yasmin zu ihren Füßen hockte.
    Die Windschutzscheibe zerbarst. Es roch nach verschmortem Gummi und Rauch. Plötzlich spürte Simon einen heißen Schmerz in seinem Kopf.
    „Ich bin getroffen!“, schrie er panisch. „Ich bin getroffen.“ Er fasste sich an die Schläfe.
    Isabelles Stimme klang so weit weg, als stünde sie außerhalb des Fahrzeugs. „Nur ein Streifschuss“, sagte sie. „Hör auf zu schreien und mach Platz! Ich fahre.“
    Simon starrte auf seine blutverschmierte Hand. Schwerfällig rückte er über den Notsitz zur Beifahrerseite, um Isabelle Platz zu machen.
    Das alles geschah in wenigen Sekunden, aber Simon kam es vor, als wären sie in einer Zeitblase gefangen, die wie ein schwarzes Loch jede Bewegung bis kurz vor den Stillstand bremste. In der jedes Wort Stunden brauchte, um den Anderen zu erreichen, begleitet von immerwährendem ohrenbetäubendem Lärm.
    Weitere Geschosse trafen den Wagen. Yasmin weinte. Simon sah Isabelle auf dem Fahrersitz sitzen und wandte sich seiner Tochter zu, die schluchzend unter ihm lag. Mit der rechten Hand, die nicht blutverschmiert war, strich er sanft über Yasmins Kopf. Der Wagen rollte langsam rückwärts.
    „Wir schaffen das“, flüsterte er. „Isabelle bekommt das hin. Sie ist stark. Du wirst sehen.“
    Von seiner Position aus konnte er nicht sehen, dass Isabelle, die aufrecht auf dem Fahrersitz saß, längst mehrere Treffer abbekommen hatte. Er bemerkte nur aus den Augenwinkeln, dass sie mehrmals zusammenzuckte und schob es auf die schlechte Straße und das Knallen der Schüsse.  
     
    •
     
    Nadja warf sich nicht zu Boden, als die Roboter den Raum betraten.
    Sie wich vor ihnen zurück, lief vom Nebenraum in das Labor, stolperte über das Fußteil der Liege und bewegte sich weiter rückwärts, bis die Wand im Rücken sie stoppte. Ihr Hinterkopf schlug gegen das gerahmte Porträt von Alexander Naval. Es klirrte leise, blieb jedoch hängen.
    Die Roboter blieben vor der Liege stehen und betrachteten Eisenberg. Ihr Gesichtsausdruck wirkte gleichgültig, Nadja wusste jedoch, dass dieser Ausdruck nichts besagte. Den Maschinen war der Mann im Transfergerät keineswegs gleichgültig. Sie überlegten sehr genau, was sie mit ihm machen sollten.
    Der größte der Roboter hatte seinen Körper so zusammengeschoben, dass er Nadja kaum mehr überragte. Ihr fiel auf, dass er seinen Blick von Eisenberg abwandte und auf sie richtete.
    Sie drehte sich zur Wand um und presste ihre Stirn gegen das Glas von Alexanders Foto. Sie wollte die Maschinen nicht sehen, wenn sie sie trafen. Vor ihren Augen verschwamm Alexanders Gesicht zu einer zerfließenden bunten Masse. Sein Lächeln verzerrte sich zu einem dämonischen Grinsen. Dann hörte sie einen gewaltigen Donner und einen heißen Wind, der ihr den Rücken verbrannt hätte, hätte sie weiter im Raum gestanden.
    Sie riss die Hände nach oben und presste sie gegen die Ohren. Im Zimmer stank es nach verbranntem Fleisch und verschmorter Plastik. Nadja würgte. Der nächste Schuss würde sie treffen. Sie biss die Zähne so fest
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