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Götter des Meeres

Götter des Meeres

Titel: Götter des Meeres
Autoren: Hubert Haensel
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Handrücken traf. Doch er biß die Zähne zusammen und hastete weiter, obwohl ihm vorübergehend schwarz vor Augen wurde. Er hatte das Gefühl, daß sein ganzer Arm abwechselnd in Eiswasser und dann wieder in die Glut eines Schmiedefeuers getaucht würde. Von Schmerzen gepeinigt, griff er zu, aber seine Finger verkrallten sich nicht in weichem Fleisch, sondern stießen auf harten Widerstand. Mythor mußte all seine Kräfte aufwenden, um das Ding zu umfassen und loszureißen. Fast schlagartig veränderte es sich. Seine Oberfläche begann zu funkeln wie ein riesiger Edelstein, der das Licht in tausend Farben bricht. Eine ungeheure Verlockung ging davon aus. Der Sohn des Kometen erkannte sich selbst in vielen verzerrten Spiegelbildern, und gleichzeitig fühlte er die fremde Macht, die seinen Willen zu brechen suchte.
    Mythor dachte an Gorgan, an die Freunde, die er dort zurückgelassen hatte und die vielleicht auf ihn warteten…
    Zwischen seinen Fingern zerbarst der Kristall.
    Mythor hastete weiter, prallte fast gegen Gerrek, der zitternd stehengeblieben war.
    Den Mandaler hatte es am schlimmsten getroffen, denn er trug kaum Kleidung. Zum Glück schien seine borstige Drachenhaut dick genug, um ihn wenigstens für kurze Zeit zu schützen.
    Gerreks Glubschaugen waren angstvoll aufgerissen; sie quollen noch weiter aus ihren Höhlen hervor, als dies ohnehin der Fall war. Mühsam rang er nach Atem, und als er des Gorganers gewahr wurde, stieß er keuchend hervor:
    »Hilf mir! Es erdrückt mich sonst…«
    Mythor packte zu, ohne zu überlegen. Mit beiden Händen zerrte er die Klumpen von Gerreks Körper. Erst jetzt fiel ihm auf, daß diese sich mit winzigen Saugnäpfen festklammerten. Dort, wo die Haut des Beuteldrachen wieder sichtbar wurde, wies sie unzählige verfärbte Blasen auf, unter denen sich das Blut staute.
    Schmarotzer! Nichts anderes waren die Klumpen, deren Leben endete, sobald man sie ablöste.
    »Seht!« rief Mythor. »Sie sind zu besiegen.«
    Endlich begriff auch Gerrek, und obwohl er heftig zitterte, fiel es ihm mit seinen Krallenhänden leichter als den anderen, sich der Angreifer zu entledigen, die weder Tier noch Pflanze zu sein schienen, sondern vielleicht eine Ausgeburt Schwarzer Magie. Aber der Mandaler behielt diese Überlegung für sich. Ihm war nicht nach großen Worten zumute. Selbst für Mythor hatte er nur ein stummes Nicken übrig.
    Mit Abscheu betrachtete Gerrek die Blutblasen, die ihn fürchterlich entstellten. Selbst sein Schwanz war nicht verschont geblieben.
    Der Beuteldrache hätte heulen können. Nie hatte er sich schlechter gefühlte als gerade jetzt. Denn nun war er wirklich zum Zerrbild geworden; kein Gegner würde mehr vor ihm erschrecken oder gar das Weite suchen.
    »Ich Elender«, murmelte er leise vor sich hin. »Zeitlebens werden die Weiber über mich spotten.«
    Rein zufällig bemerkte Gerrek, daß Scida ihn nicht aus den Augen ließ.
    »Was ist?« brauste er auf. »Weshalb stierst du mich an? Ja, ich weiß, du spottest meiner. Aber das Lachen soll dir vergehen, euch allen. Lieber sterbe ich im Kampf.« Hastig zerrte er sein Schwert aus der Scheide. »Du wirst mir Genugtuung geben.«
    »Ich denke nicht daran«, erwiderte Scida.
    »Du weigerst dich?« Gerrek schien es nicht fassen zu können. »Amazone«, brüllte er, »meine Klinge wird dich durchbohren.«
    »Sei vernünftig«, warf Mythor ein, »und laß den Unsinn.«
    »Ich war nie unvernünftig - ein Gerrek weiß stets, was er tut.«
    Der Gorganer seufzte und schüttelte den Kopf.
    »Du bist auch gegen mich? Geh mir aus dem Weg. Wenn sie nicht kämpfen will, werde ich ihr den Hintern versengen.«
    »Vielleicht bekommst du endlich ein paar Narben«, sagte Gorma, »damit man wirklich den großen Krieger in dir erkennt.« Ob Gerrek die besondere Betonung ihrer Worte bewußt überhörte, blieb dahingestellt. Auf jeden Fall stutzte der Mandaler. Es war als werde ihm erst jetzt richtig bewußt, was eigentlich geschehen war. Langsam ließ er sein Kurzschwert sinken, vermied es aber geflissentlich, Scida anzusehen. Im Grunde war er heilfroh, daß die Amazone ihn nicht forderte.

2.
    Der Tunnel nahm kein Ende. Ab und zu huschten bunte Leuchterscheinungen wie Irrlichter über die Wände und eilten den Gefangenen der Tritonen voraus, als wollten sie ihnen den Weg weisen. Als Gefangene jedenfalls sah Mythor sich und seine Begleiter.
    Die Vorstellung, sich möglicherweise im Innern eines lebenden Wesens zu bewegen, war nicht eben dazu
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