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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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vorbereitet. Filos wich der Klinge mit einer Drehung aus. Das Wasser färbte sich dunkelrot. War Filos verletzt oder Kratos? Wo war Filos jetzt?
    Hylas nutzte die Gelegenheit zur Flucht. Er kletterte die Wand des Frachtraumes hinauf, umklammerte das Ende des Mastes mit beiden Händen und schwang sich mit aller Kraft daran hin und her. Zuerst rührte er sich nicht, gab dann aber nach. Hylas hörte das Holz ächzen und splitternd brechen und brachte sich mit einem Sprung in Sicherheit, ehe der Mastbaum auf Kratos herabpolterte.
    Das Brüllen des Erderschütterers war abgeebbt und hatte sich in ein Knurren verwandelt, das langsam zu einem leisen Rumoren verklang. Schließlich trat Stille ein. Hylas hörte das Schlagen der Wellen und seinen eigenen abgerissenen Atem. Einige Kiesel rollten am Hang der Landzunge hinab. Von Kratos war keine Spur zu sehen. Der Mast hatte ihn offenbar sofort erschlagen.
    Filos war ebenfalls verschwunden. War er ins offene Meer zurückgeschwommen?
    Das Wrack ging allmählich unter, die Wellen reichten Hylas bereits bis zur Brust. Er war zu erschöpft, um aus dem Frachtraum herauszuklettern oder bis zum Strand zu schwimmen. Wenn Filos ihm nicht half, wenn Filos …
    Du darfst jetzt nicht aufgeben, Hylas , sagte er zu sich.
    Die Wände des Frachtraums ragten unüberwindlich vor ihm auf. Keuchend ergriff er die Takelage und versuchte, sich daran hochzuziehen.
    In diesem Augenblick legte sich eine Hand um seinen Knöchel und zog ihn in die Tiefe.
    Er trat verzweifelt um sich, aber Kratos’ Griff lockerte sich nicht, während Hylas sich wie ein Aal wand und den Biss des Dolches fürchtete.
    Doch der Dolchstoß blieb aus. Als Kratos ihn unter Wasser gezogen hatte, erkannte Hylas in der wirbelnden Dunkelheit, warum. Der herabgestürzte Mast hatte den Schwertarm des Kriegers samt Dolch eingeklemmt. Kratos kämpfte mit einer Hand.
    Ein Beben durchlief das sinkende Wrack und das Wasser stieg weiter. Kratos’ schwarze Haarsträhnen ringelten sich wie Schlangen in den Wogen, während er versuchte, sich über Wasser zu halten und seine eingeklemmte Hand zu befreien.
    Er schaffte es nicht. Als ihre Blicke sich trafen, wusste Hylas: Sein Feind hatte begriffen, dass er sterben musste. Kratos erwiderte den Blick. Er hatte keine Angst. Ja, ich sterbe – aber du stirbst mit mir.
    Hylas stampfte mit dem freien Fuß auf die Hand an seinem Knöchel. Der Griff des Kriegers lockerte sich für einen Augenblick – und er riss sich los.
    Als Hylas sich zur anderen Seitenwand des Frachtraums durchgekämpft hatte, stimmte Kratos einen sonderbaren, rauen Gesang an. Kurz darauf ertönte ein ohrenbetäubendes Donnern, ein heftiger Wolkenbruch folgte und Regen prasselte auf Hylas nieder.
    Kratos stieß ein schreckliches, gurgelndes Lachen aus. »Die Götter haben mich erhört!«, keuchte er. »Jetzt schaffst du es nicht mehr.«
    Mit letzter Kraft griff Hylas in die Takelage und hievte sich aus dem Frachtraum. Als er zurückblickte, sah er Kratos nach Luft schnappen und den wilden Triumph in seinen schwarzen Augen: Sein eigener Tod war ein angemessener Preis dafür, dass er den Dolch der Koronos zurückerobert hatte.
    Wieder vernahm Hylas das unheimliche gurgelnde Lachen. Dann schlug eine Woge über Kratos zusammen und brachte ihn für immer zum Schweigen.

    Der Stier Unten im Meer stampfte nicht mehr, der Wolkenbruch war abgeklungen. Pirra erhob sich schwankend. Ein Teil der Landzunge war ins Meer abgerutscht, und ein riesiger, gezackter Spalt erstreckte sich quer über den Strand. Telamon saß im Sand und rieb sich benommen die Schläfen. Er war während des Bebens von den Felsen gestürzt und hatte sich den Kopf angeschlagen.
    Wie im Traum sah Pirra die Krieger an sich vorbeistürmen. Einige kletterten die Felsen hinauf, andere liefen ins Wasser. Sie hatten es nicht auf sie, sondern auf Hylas abgesehen, der sich an die letzte Planke des Wracks klammerte, während ihn die Wellen überspülten. Ehe sie einen Warnruf ausstoßen konnten, sah er, wie die Krähen auf ihn zielten, und rettete sich mit einem Sprung ins Meer.
    Aber die Männer waren bereits zu nahe, und sein heller Schopf war im dunklen Wasser gut zu erkennen.
    Pirra watete in die Wellen und ging auf den erstbesten Krieger los, der sie mit beleidigender Mühelosigkeit von sich stieß. Telamon hüpfte aufgeregt am Strand auf und ab und befahl den Männern, nicht zu schießen. Er hätte ebenso gut den Wind anbrüllen können. Die Krähen stießen unermüdlich ihre
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