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Gnadenlos (Sara Cooper)

Gnadenlos (Sara Cooper)

Titel: Gnadenlos (Sara Cooper)
Autoren: Petra Richartz
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Anzeigentafel über dem Band, wo San Diego, American Airlines, Flugnummer AA 3501 blinkte. Endlich setzte sich das Band in Bewegung. Es war, als hätten sich alle Passagiere um Sara versammelt: ständig wurde sie hin und her geschubst. Sara musste sich zusammenreißen, die Leute nicht anzuschreien. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis sie ihren Rucksack entdeckt hatte. Sie ging durch die Ankunftshalle und trat durch die Flughafentür nach draußen. Ein Schwall heißer Luft fuhr ihr entgegen. Sekundenschnell war ihr T-Shirt schweißgetränkt. Die Taxifahrer buhlten um Sara, sie winkten, riefen und zerrten an ihr. Reisende liefen aufgeregt durcheinander, einer war lauter als der andere und sie wurde ständig angerempelt. „Hey, pass doch mal auf!“, blaffte sie einen Mann an, der sie fast umgerannt hatte, weil er in ein Taxi springen wollte. Sara beschloss, zunächst zurück in die klimatisierte Eingangshalle des Flughafens zu flüchten, dort eine kalte Cola zu sich zu nehmen und in aller Ruhe mit Cruz zu telefonieren. In einem Stehimbiss fand sie einen Platz und setzte den schweren Rucksack ab. Nach etlichem Klingeln hörte sie Cruz‘ schlaftrunkene Stimme. „Hallo“, flüsterte er.
    „Cruz, ich bin es, Sara. Was ist denn mit dir los?“
    Er räusperte sich. „Es ist mitten in der Nacht, meine Liebe! Sorry, dass ich geschlafen habe“, er klang genervt und Sara registrierte jetzt erst, dass sie ihm durch die Zeitumstellung 14 Stunden voraus war.
    „Ach herrje, das tut mir leid“, entschuldigte sie sich sofort. Cruz war nicht nur ihr Kollege, sondern ein langjähriger Freund, der ihr immer beigestanden hatte – insbesondere damals, bei Noahs Entführung. Nachdem Sara auf eigenen Wunsch hin in den Innendienst versetzt worden war, hatte sie Cruz als neuen Teamleiter vorgeschlagen. Von der logischen Rangfolge her wäre eigentlich der Dienstältere Shawn O’Grady mit seinen 42 Jahren dran gewesen, aber Sara wollte Cruz – und Miller folgte ihrer Empfehlung, auf Missfallen O’Gradys. Shawn war ein Spezialist im Kombinieren von Zusammenhängen und in der Analyse menschlichen Verhaltens. Ohne ihn hätten sie Noah damals nicht gefunden. Aber Emotionalität, Empathie und auch Kollegialität fehlten ihm gänzlich. Nachdem seine Frau bei der Geburt ihrer Tochter gestorben war, schien er völlig abgestumpft zu sein. Er war ein Einzelgänger, ein Analytiker, der lieber für sich allein arbeitete, als seine Erkenntnisse mit anderen zu diskutieren.
    Cruz war eher wie Sara – emotional geleitet. Und Sara wusste, dass diese Gabe unabdingbar für die Stelle der Teamleitung war. Nun führten Cruz und Shawn einen kleinen Machtkampf um die Vormachtstellung.
    Sara räusperte sich. „Aber Cruz, wo ich dich schon mal dran habe, was hast du rausgefunden?“
    Ihr Kollege lachte. „Sekunde Boss, ich habe mir alles aufgeschrieben.“ Sara nahm einen kühlen Schluck von ihrer Cola, während Cruz sich aufraffte. „Also“, sagte er gähnend. „Mia ist sauber, ihre Eltern sind dir ja bekannt. Bei Claire sieht es etwas anders aus. Ihr Vater starb, als sie 15 war. Sie hat einen Bruder, Philip. Er ist fünf Jahre älter und kein sonderlich sympathischer Zeitgenosse. Vorbestraft wegen mehrfacher Körperverletzung und Drogenbesitzes.“ Sara hörte aufmerksam zu. „Sein Verhalten scheint auch auf unsere Claire abgefärbt zu haben. Mit 16 wurde sie mit Drogen erwischt. Seitdem keine Einträge mehr. Ihre schulischen Leistungen sind durchwachsen, eine Überfliegerin war sie nie. Die Mutter hat vor ein paar Jahren wieder geheiratet und führt ein betuchtes Leben in La Jolla“, berichtete Cruz weiter.
    Sara seufzte. „Alles klar. Knöpft euch als Erstes Philip vor. Wie sieht es mit diesem Todd aus, Mias Ex-Freund?“
    Cruz blätterte in seinen Aufzeichnungen. „Todd Haim, ebenfalls 19 Jahre alt, nichts Auffälliges. Er kommt aus gutem Haus, seine Eltern leben in Boston und er wohnt hier im Wohnheim. Er hat anständige Noten und spielt in der Basketball-Mannschaft der Schule. Anscheinend ein ganz normaler Kerl.“
    „Das sind meistens die schlimmsten“, entgegnete Sara trocken. „Was ist mit Polizei und Krankenhäusern? Irgendwelche neuen Erkenntnisse?“, fragte sie.
    „Nein, nichts. Wobei ich noch nicht alle Krankenhäuser durch bin. Bei der Polizei ist nichts eingegangen.“
    „Dank dir. Bleib an den Krankenhäusern dran. Fax die Unterlagen ins Hotel und schick mir bitte vorab noch mehr Bilder von Claire und Todd auf mein
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