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Glueckstreffer - Roman

Glueckstreffer - Roman

Titel: Glueckstreffer - Roman
Autoren: K A Milne
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hoffnungsfroh.
    »Stör mich jetzt nicht!«, fauchte Sophie. »Ich kann so nicht nachdenken. Halt wenigstens ein paar Minuten lang den Mund. Bitte!«
    »Ich nehme das als ein Ja«, wisperte Evalynn und machte Anstalten, das Büro in Richtung Verkaufsraum zu verlassen, wo ein Tablett mit frischen Trüffeln wartete.
    »Mach, was du willst«, lenkte Sophie ein. »Aber lass mich ein paar Minuten in Frieden. Bin gleich fertig.«
    Eine Viertelstunde später hatte Sophie den Tagesbedarf an Zetteln mit Sinnsprüchen beschrieben und trat zu Evalynn in den Verkaufsraum.
    »Na, was spricht das Orakel heute?«, erkundigte sich Evi.
    Sophie reichte ihr den kleinen Stapel Papierstreifen. »Lies selbst! Und anschließend steckst du sie in die Kekse, okay? Ich muss hinten noch klar Schiff machen, bevor wir öffnen.«
    Selbst bei den besten Chocolatiers lief das Geschäft am Vormittag erwartungsgemäß nur schleppend. Sophie machte sich nichts daraus, dass vor ihrer Tür noch kein einziger Kunde mit den Hufen scharrte, als sie pünktlich um zehn das Schild mit der Aufschrift »Geöffnet« im Schaufenster umdrehte.
    Die ersten Kunden tauchten gegen halb elf auf, interessierten sich jedoch vorwiegend für die kostenlos angebotenen Proben. Kurz nach elf Uhr setzte dann langsam die mittägliche Rushhour ein, und das Geschäft kam in Schwung. Wie stets waren Sophies Unglückskekse der Verkaufsschlager. Jeder Keks enthielt einen ihrer einzigartigen handgeschriebenen Orakelsprüche, die allesamt Kummer, drohendes Unheil oder bevorstehenden Herzschmerz verhießen.
    Mit Absicht waren die Unglückskekse die geschmacklich am wenigsten attraktive Süßigkeit im Angebot. Die Kekse waren in der traditionellen Form eines Glückskekses gefaltet und gebacken und in einen ungesüßten Schokoladenfond mit hohem Kakaoanteil getaucht worden. Das Rohprodukt dafür bezog Sophie direkt von einer Kakaoplantage in Brasilien. Der bittere Schokoladenüberzug war ein ausgesprochen hinterhältiger Angriff auf arglose Geschmacksnerven.
    Als Sophie elf Monate zuvor diese ungewöhnlichen Kekse kreiert hatte, waren sie bestenfalls als kurzfristige Attraktion gedacht gewesen – als geschäftsförderndes Lockmittel, das wie so oft irgendwann an Attraktivität verlieren und uninteressant werden würde. Doch zu Sophies großer Überraschung hatten sich die bittersüßen Häppchen zum Dauerbrenner entwickelt. Die in ihnen enthaltenen pessimistischen Weissagungen waren so beliebt, dass die Kunden Sophie die Kekse geradezu aus der Hand rissen. Allabendlich waren die Schalen mit den Unglückskeksen leer. Inzwischen erreichten Sophie sogar Bestellungen aus anderen Landesteilen.
    Kurz vor zwei Uhr nachmittags, während Sophie gerade ein Ehepaar verabschiedete, das sich sehr über die Sprüche in ihren Unglückskeksen gefreut hatte – ihr Auto würde bald den Geist aufgeben, und andere redeten hinter ihrem Rücken schlecht über sie –, pochte Evi mit dem Finger auf die Uhr und bedeutete Sophie stumm: Es ist gleich so weit!
    Bei dem Gedanken an die Arrangements, von denen die Freundin früher am Morgen gesprochen hatte, runzelte Sophie die Stirn. Sie wartete, bis das Ehepaar den Laden verlassen hatte, bevor sie sich ihr zuwandte. »Also gut, Ev. Spuck’s endlich aus. Was für eine große Überraschung soll das werden?«
    Evalynn warf erneut einen Blick auf die Uhr. »Von mir erfährst du nichts. Wart’s ab.«
    »Wird sie angeliefert? Hier in den Laden?«
    Sie bekam keine Antwort.
    »Ist es etwas Gegenständliches oder eher etwas Ideelles?«
    Schweigen.
    »Komm schon, Evi! Gib mir einen Tipp! Du weißt, dass ich Überraschungen hasse!«
    »Das ist ja gerade das Prickelnde. Also gut. Ja, die Überraschung kommt direkt in den Laden. Und sie ist nicht gegenständlich. Aber mehr kriegst du aus mir nicht raus.« Zum Zeichen ihrer Verschwiegenheit legte sie einen Finger auf ihre Lippen.
    »Wann? Hoffentlich bald.«
    Evalynn blickte über Sophies Schulter zur Ladentür, sah wieder auf die Uhr und schlich auf Zehenspitzen nach hinten in die Küche. »Oooh«, entfuhr es ihr dann gedehnt. Sie warf erneut einen flüchtigen Blick auf das Schaufenster neben dem Eingang. »Ich schätze, gerade in diesem Moment …« Evi brachte sich außer Sichtweite, rief aber über ihre Schulter noch zurück: »Jetzt!«
    In diesem Augenblick schlug die Glocke über der Ladentür an. Sophie blieb mit dem Rücken zum Eingang stehen. Sie spielte auf Zeit, zögerte die Konfrontation mit der unliebsamen
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