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Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen

Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen

Titel: Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen
Autoren: Hermann Scherer
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Sie haben den Amerikanern zum dritten Mal in Folge einen empfindlichen Schlag versetzt. Und das in nur fünf Jahren. 1957 der Sputnikschock. 1961 das Desaster in der Schweinebucht. Und jetzt das. Kein Punktsieg, sondern ein Knock-out. Voll auf die Bretter geschickt, vor den Augen der ganzen Welt, von einem System, dem |20| man sich wirtschaftlich und moralisch um Lichtjahre überlegen wähnt. Nur einer fliegt zum ersten Mal ins All. Der erste Amerikaner hätte erst in drei Wochen abheben sollen. Das konnte man sich jetzt sparen. MISS – »Man in Space soonest«, das amerikanische Programm ist gescheitert.
    Der Herr mit der Fönwelle, auf dessen Lippen sich nun die Augen der Welt heften, heißt John Fitzgerald Kennedy. Aufrecht steht er im Kongress vor dem Sternenbanner. Vor allem aber steht er mit dem Rücken zur Wand. Er hat eine Überraschung mitgebracht für die geschundene amerikanische Volksseele. »Die Zeit ist gekommen, einen Sprung voran zu machen. Zeit für ein großes, neues amerikanisches Unternehmen. Unsere Nation sollte sich das Ziel setzen, noch vor dem Ende dieses Jahrzehnts einen Menschen auf dem Mond zu landen.« Der Trick kommt zum Schluss: »Es wird nicht nur ein Mann zum Mond fahren. Sondern eine ganze Nation. Denn wir alle müssen mithelfen, ihn da hoch zu bringen.«
    Mit diesem Geniestreich sichert Kennedy sich alle Systemvorteile. Er vereint Politik, Wirtschaft und Gesellschaft hinter sich. Das bleibt nicht ohne Folgen. Das Wirtschaftswachstum steigt, die Stundenlöhne auch. Die Arbeitslosigkeit sinkt, die Scheidungsrate und die Selbstmordrate auch. Sogar die Zahl der Alkoholiker geht in den folgenden Jahren messbar zurück. Die Nation hat ein leuchtendes Ziel. Jeder Amerikaner kann es sehen. Beim Aufstehen, beim Zubettgehen, im Autokino, beim verliebten Spaziergang durch die Nacht. Der Mond. Nicht mehr und nicht weniger. Ein Ziel aus kaltem politischem Kalkül. Denn fünf Stunden vor seiner Rede war der Mond für Kennedy noch aus grünem Käse.
    Ein handfestes Problem ist immer ein guter Anfang.
    Chancen sind eben keine Visionen. Das ist der dritte Punkt. Politiker, Sportler, Banken, Joghurts, Baumärkte – alle haben heute Visionen. Aber was sollen das für Visionen sein? Da liegt eine Verwechslung der Begriffe vor. Lieber mal Probleme haben, finde ich! Ein handfestes Problem ist immer ein guter Anfang. Kennedy war ein abgekochter Hund. Er hatte Marilyn Monroe in einem Hinterzimmer des Weißen Hauses. Aber hatte er eine Vision? Ich weiß |21| es nicht. Ich weiß nur, dass er ein großes Problem hatte: Die Russen hatten drei Jahre Vorsprung. Doch weil JFK ein ziemlicher Hasardeur war, witterte er dahinter die Chance.
    Wer zentrale Probleme sichtbar besser löst als andere, der regt einen kybernetischen Kreislauf an, mit dem er seinen Erfolg am Ende nicht verhindern kann!
    Das ist nichts weiter, als ein Differenzierungsfenster im Wettstreit der Ideen zu öffnen. Wer ein Problem löst, erwirbt für einen bestimmten Zeitraum eine Alleinstellung. Einen Selektionsvorteil. Das ist ein Prinzip der Wirtschaft, weil es ein Prinzip der Welt ist: Wer zentrale Probleme sichtbar besser löst als andere, der regt einen kybernetischen Kreislauf an, mit dem er seinen Erfolg am Ende nicht verhindern kann! Mit ein wenig Glück währt dieser Vorteil ein Leben lang. Doch vielleicht kopieren ihn auch morgen schon die Chinesen. Und so wie der Fisch nicht an den Haken springt und das Reh nicht vor die Flinte läuft, will auch die Chance gejagt sein, Punkt vier.
    »Der Zivilisation ist es gelungen, das Raubtier im Menschen auszuschalten. Nicht aber den Esel«, wusste Churchill. Raubtiere müssten eigentlich Chancentiere heißen. Sie sind Fleisch gewordene Initiative. Mit jeder Faser ihres Körpers erzwingen sie die Entscheidung. Würden wir mit dem Blick des Jägers auf Gewohntes, Gewöhnliches, auf das Tagesgeschäft schauen, wären überall Chancen sichtbar. Gerd Müller, wahrscheinlich das größte Chancentier in der Geschichte des Fußballs, hat das so formuliert: »Wenn’st denkst, is’ eh zu spät«
    Und wie das immer ist: Hinterher sieht alles ganz einfach aus. So zwingend, so logisch.
    Denn Punkt fünf: Chancen liegen nie in der Zukunft. Sondern immer vor der Nase. Alle warten auf den einen Job, das eine große Ding. Dabei ist es die Hingabe an das Jetzt und Hier, die aus nichts die Chance schafft. Der Schlüssel ist Initiative. Erst in der Rückbetrachtung reihen sich die Gelegenheiten wie Perlen auf der
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