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Glückskind (German Edition)

Glückskind (German Edition)

Titel: Glückskind (German Edition)
Autoren: Steven Uhly
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und sie sagte, sie sei hergekommen, um ihr Baby in die Mülltonne zu werfen.« Hans macht eine Pause.
    Leo Kelber schaut ihn mit starren Augen an. Er sieht aus, als werde er Hans beim ersten falschen Wort einen Schlag versetzen. Die Tarsis rücken instinktiv dichter an Hans heran. Alle Kinder sind ganz still. Die Frau mit dem Mädchen auf dem Arm hat Tränen in den Augen. Plötzlich denkt Hans an Doktor Sadeghi, und er weiß, dass dies der Augenblick ist, an dem sich alles entscheidet. Grausame Wahrheit oder barmherzige Lüge? Beides bedeutet Leid, darin besteht das Dilemma. Hans sagt: »Aber sie konnte es nicht tun. Sie war verzweifelt, sie sagte, dass sie nicht mehr kann, dass alles zu viel geworden ist. Sie nannte Sie, Herr Kelber, ein Arschloch.« Hans schweigt und schaut Leo Kelber an. Leo Kelber wirkt, als hätte er unvermittelt einen Faustschlag ins Gesicht bekommen. Er schaut Hans jetzt verunsichert an. Hans sagt: »Sie sagte, dass sie sich an Ihnen rächen wollte, weil Sie sie verlassen hätten.«
    Leo Kelber sagt ungeduldig: »Aber wie sind Sie an das Kind gekommen, Mann?«
    »Sie hat sie mir gegeben, weil sie Angst hatte, dass sie ihr etwas antun könnte. Sie sagte: ›Passen Sie auf sie auf, bis ich mich bei Ihnen melde.‹ Aber sie meldete sich nicht mehr.«
    Leo Kelber schaut Hans wütend an. Fast brüllt er, als er sagt: »Und Sie sind nicht auf den Gedanken gekommen, zur Polizei zu gehen? Nicht mal, als die Polizei in Ihr Wohnhaus gekommen ist und den Müll durchwühlt hat?«
    Hans sagt: »Es tut mir leid, Herr Kelber, ich hatte Ihrer Frau mein Wort gegeben und hoffte, dass sich alles ohne die Polizei klären ließe.«
    »Es tut Ihnen leid? Wie heißen Sie? Ich will Ihren Namen!« Hans seufzt. Er sagt: »Sie bekommen alles.«
    Frau Tarsi sagt: »Ich kann Ihnen versichern, Herr Kelber...« Weiter kommt sie nicht. Leo Kelber brüllt sie an: »Halten Sie den Mund!« Er wendet sich an Hans. Er sagt: »Und jetzt will ich Ihren Namen, sofort!« Er dreht sich zu der Frau um. Er sagt: »Irene, ruf die Polizei!« Die Frau geht los. Chiara hat Hans die ganze Zeit angeschaut und schmatzend an ihrem Schnuller gesaugt. Hans schaut sie an. Er lächelt ihr zu. Leo Kelber starrt ihn wütend an. Hans ist heilfroh, dass die Tarsis dabei sind.
    Zehn Minuten lang stehen sie im Flur der neuen Wohnung von Leo Kelber, ohne ein einziges Wort zu sprechen. Dann läutet es an der Tür und kurze Zeit später kommen zwei Männer in Zivil herauf. Einer der beiden Männer ist Herr Lindner. Er lässt sich nicht anmerken, ob er Hans wiedererkennt. Leo Kelber erzählt den Kriminalbeamten, dass Hans seine Tochter entführt habe, er erzählt ihnen, dass seine Frau Veronika Kelber dahinterstecke, dass es ein Racheakt sein sollte. Er verlangt, dass Hans festgenommen wird.
    Herr Lindner wendet sich Hans zu. Er fragt: »Was sagen Sie dazu?« Hans sagt: »Wenn Sie Veronika Kelber gesehen hätten, hätten Sie ihr die Kleine auch abgenommen.«
    »Und warum haben Sie nichts gesagt, als wir die Mülltonnen bei Ihnen durchsuchten? Sie hätten uns eine Menge Arbeit und Dreck ersparen können.«
    Hans zuckt mit den Schultern. Er sagt: »Ich hatte Frau Kelber mein Wort gegeben, sie niemand anderem zu überlassen. Und ich befürchtete, dass sie noch mehr traumatisiert würde, wenn sie schon wieder in fremde Hände käme.«
    Leo Kelber brüllt: »Aber sie wäre doch zu mir gekommen, Sie Schwein! Ich bin ihr Vater!«
    Chiara fängt erschrocken an zu weinen. Herr Lindner wendet sich an Leo Kelber. Er sagt: »Bitte überlassen Sie das uns, Herr Kelber.« Leo Kelber schweigt und versucht, seine Tochter zu trösten. Hans ignoriert den Impuls, sie ihm aus den Armen zu reißen und die Treppe hinunterzulaufen. Und einfach immer weiterzulaufen, bis alle verschwunden wären, nur er und Chiara nicht. Zu Herrn Lindner gewandt sagt er: »Ich hatte kein Vertrauen in Herrn Kelber. Ich hatte ihn im Fernsehen gesehen. Dass er seine Frau verlassen hatte, erschien mir so, als hätte er auch seine Kinder verlassen. Deshalb habe ich gar nicht an ihn gedacht.«
    Leo Kelber macht den Mund auf, um etwas zu sagen. Herr Lindner wirft ihm einen kurzen Blick zu, Leo Kelber schließt seinen Mund wieder. Herr Lindner sagt zu Hans: »Sie haben also geglaubt, Sie könnten entscheiden, was mit diesem Kind zu geschehen hat.« Er schüttelt den Kopf. Er sagt: »Das wird Sie vor Gericht bringen, ist Ihnen das klar?«
    Hans schluckt und nickt.
    Herr Lindner wendet sich an die Tarsis.
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