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Glitzerbarbie

Glitzerbarbie

Titel: Glitzerbarbie
Autoren: Steffi Wolff
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klettern, zu erzählen, wie man die Elektrik von Motorbooten optimieren kann. Aber Richard ist in Watzelborn und nicht irgendwo zwischen Tobago und was weiß ich wo. Außerdem werde ich ihn sowieso nie wieder sehen! Da kommt eine neue Welle und kracht mir ins Gesicht. Ich schlucke so viel Wasser, dass ich ohnmächtig werde. Mein letzter Gedanke ist die Erinnerung an so ein Buch, in dem makabre Situationen beschrieben werden: Ein Mann bestellt einen Kranz für eine Beerdigung und schreibt auf einen Zettel für den Floristen, was der auf die Schleife schreiben soll. »Ruhe sanft auf beiden Seiten, und wenn noch Platz ist: Auf Wiedersehen.« Leider hat der Florist den geschriebenen Text komplett übernommen, und auf der Beerdigung schauten die Leute etwas komisch.
    Und dann bin ich weg.
     
    Ist das kratzig hier. Hat Marius wieder im Bett Brötchen gegessen oder Knäckebrot? Die Heizung hat er auch angelassen, hilf Himmel, ist das heiß. Wo issen die Wasserflasche? Hab Durst.
    Wie spät ist es? Wieso ist das so nass, wo es doch so heiß ist? Mal Augen aufmachen. Aaah! Augen wieder zumachen. Haben wir das Licht angelassen oder was? Wer ruft mich da? Issoleise.
    Wirdjetztlauter … Weiß auch nicht. Bin müde. Wo ist die Decke?
    »Carolin. Carolin! CARO !!!« Nur noch fünf Minuten. Gleich, gleich steh ich auf. Jemand schüttelt mich und zwickt in meinen Arm.
    »Menno. Lass das doch!«, sage ich wütend und mache die Augen nochmal auf.
    »Na endlich«, sagt Marius erleichtert. »Ich dachte schon, du würdest überhaupt nicht mehr zu dir kommen.«
    Verwirrt und durcheinander setze ich mich auf. Aua, das tut weh, wenn ich die Augen aufmache. Vor mir sitzt Marius. Er sitzt aber nicht auf unserem Bett, sondern an einem Sandstrand, den ich irrtümlicherweise für eine Matratze mit Knäckebrotkrümeln gehalten habe. Wo sind wir? »Wo sind wir?«, frage ich Marius.
    Der zuckt mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich bin erst mal froh, dass wir überhaupt leben.«
    Ich blicke mich um. Wir hocken auf einer Insel, vor uns Wasser, hinter uns Palmen und ein hoher Berg. Wo ist Tom Hanks? Wo ist Christian Fletcher? Wo die Bounty? Wo ist ÜBERHAUPT IRGENDJEMAND ???
    »Wir sind hier irgendwann angeschwemmt worden. Ein Glück, dass diese Insel kam. Du warst ja weggetreten, ich hatte große Probleme, dich überhaupt über Wasser zu halten«, sagt Marius. Er ist am Ende. Einen Schuh hat er auch verloren.
    Erst mal aufstehen. Gute Güte, hab ich einen Durst. »Wie spät ist es?«, frage ich. Zum Glück ist Marius’ Uhr wasserdicht, und zum Glück haben wir vor dem Urlaub neue Batterien reinmachen lassen.
    »Halb vier«, antwortet mir Marius.
    Ich wirble herum. »Unser Flug geht gleich! Wir müssen zurück!« »Sag mal, Caro, kapierst du das nicht? Wir sind hier auf einer gottverlassenen Insel. Ich habe keine Ahnung, was aus den anderen geworden ist. Und ob uns jemand sucht. Und da sagst du, unser Flug geht!«
    Also erst mal wieder setzen. »Natürlich suchen die uns«, sage ich böse. »Die MÜSSEN uns suchen. Die sind dazu verpflichtet.«
    »Das mag ja alles sein.« Marius wird langsam sauer. Er betont einzelne Silben dann akzentuiert. »Die Frage ist nur, wie lange sie uns suchen und ob sie uns FINDEN !«
    Da hat er Recht. Wir haben noch nicht mal unsere Handys dabei. Und selbst, wenn wir sie dabei hätten, was würden sie uns nützen? A) wären sie sowieso klatschnass, und B) ist hier garantiert nirgendwo Empfang. Es sei denn, ein Zitteraal schwimmt vorbei.
     
    Langsam beginne ich, die Situation zu begreifen. Im Klartext heißt das, dass wir nichts, aber auch gar nichts tun können. Komischerweise habe ich keine Angst, sondern bin eher resigniert. Marius steht auf. »Zieh dir mal die nassen Sachen aus«, meint er, »sonst erkältest du dich noch.« Wie, bitte, soll man sich bei vierzig Grad erkälten? Aber folgsam, wie ich bin, entkleide ich mich und hänge meine Klamotten an eine Palme.
    Davon gibt es jedenfalls genug.
    »Ich habe Durst«, meckere ich, »und Hunger auch.«
    »Gut«, erwidert Marius, »dann gehen wir jetzt los und schauen mal, ob es hier irgendwo einen Bach oder irgendwie sonst Süßwasser gibt. Sonst müssen wir versuchen, eine Kokosnuss aufzukriegen.«
    Zum Glück, zum Glück habe ich »Cast away« mit Tom Hanks gesehen, zum Glück. Deswegen weiß ich nämlich, dass man die vordere Spitze der Kokosnuss auf einem spitzen Stein aufschlagen muss, und der andere hält dann irgendwie die Hand drunter und fängt die Milch
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