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Glennkill: Ein Schafskrimmi

Glennkill: Ein Schafskrimmi

Titel: Glennkill: Ein Schafskrimmi
Autoren: Leonie Swann
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habe. Hätte merken müssen, wie schlecht es ihm ging. Er hatte ja sonst keinen Freund – und ich auch nicht.«
    Mopple starrte den Metzger mit geweiteten Augen an. Die Metzgerspranke vor seiner Nase hatte sich jetzt zu einer Faust geballt.
    »Habe ich aber nicht«, sagte der Metzger. »Habe einfach weggeschaut. Gleichgültigkeit. So was hat sich George zu Herzen genommen.«
    Die Metzgerspranke zitterte ein bisschen, dann zog sie sich vorsichtig zurück. Mopple wurde schwindelig.
    Plötzlich war die Tür vor seiner Nase wieder offen.
    Der Metzger sagte nichts mehr, aber er beobachtete Mopple mit glänzenden Augen. Seine Hände lagen weich und leblos auf seinen Schenkeln.
    Es dauerte eine Weile, bevor Mopple begriff, worauf der Metzger wartete.
    Dann stand Mopple the Whale benommen im Freien. Draußen war es dunkel geworden. Dicke, samtige Nachtluft von einer unglaublichen Süße und Klarheit strömte in seine Nüstern.
     
    *
    Inspector Holmes sah fassungslos zu, wie sich auf der Bühne des Smartest-Sheep-of-Glennkill-Contest sein Fall von alleine löste. Selbstmord also. Und das mit dem Spaten war die grauhaarige Frau gewesen. Darauf wäre er nie im Leben gekommen. Aber im Nachhinein kam es ihm gar nicht so unplausibel vor. Ein einsamer alter Mann, versponnen, Ehe gescheitert, Tochter weg. Das Übliche. Richtig verstehen konnte man es ja doch nie.
    Ein dezentes Räuspern in nächster Nähe riss ihn aus seinen Gedanken.
    Neben Holmes war ein Mann in dunkler Kleidung aufgetaucht. Diskret. Das war das Wort. Einer von den Burschen, bei denen man schon nach fünf Minuten keine ordentlichen Täterbeschreibungen mehr bekam.
    »Mein Border-Collie heißt Murph«, sagte der Mann.
    »Ah«, sagte Holmes, »ich hab’s nur fast gedacht. Was wollen Sie denn noch? Ich habe Sie doch in Ruhe gelassen, wie abgemacht.«
    »Zweifellos. Wir sind wirklich beeindruckt von Ihrer Fähigkeit, nichts zu tun.«
    »Was halten Sie davon?«, fragte Holmes und nickte mit seinem Kinn in Richtung Bühne, wo die Grauhaarige gerade zu sprechen aufgehört hatte.
    Der Diskrete zuckte mit den Achseln. »Betrifft uns nicht. Betrifft Sie aber auch nicht besonders, nicht wahr? Hätten Sie eigentlich gerne einmal einen echten Fahndungserfolg? Einen eigenen?«
    Plötzlich lag eine Videokassette auf dem Tisch, direkt neben Holmes’ Guinness. Das Guinness war schon wieder halb leer.
    »Stecken Sie sie schon ein«, sagte der Mann. »Und finden Sie alles über diesen McCarthy heraus. Könnte gut sein für Ihre Karriere.«
    Als Holmes die sperrige Kassette endlich in seiner Anzugtasche verstaut hatte, war der Mann längst verschwunden. Na und? Fragen hätte der ihm sowieso nicht beantwortet. Holmes starrte auf den Tisch, wo ein Bierdeckel Ruhm und Größe durch Guinness versprach. Ein seltsames Gefühl lag in seiner Magengrube, und es hatte nicht nur mit dem Fall Glenn zu tun.
    Es hatte mit seinem Leben zu tun. Mit der Wache und dem sicheren Gefühl, dass er nicht wieder dorthin zurückwollte.
    Sein Guinness ließ er halb voll stehen.

23
    »Vielleicht kam ihm das ja wirklich alles nur wie ein Trick vor, der Spaten und die große Aufregung im Dorf. Vielleicht ist es ihm leichter gefallen, wenn er an die Verwirrung gedacht hat, die er stiften würde.« Rebecca schniefte.
    Die Schafe hatten sich um den Schäferwagen versammelt wie in alten Zeiten, doch mit den Pamela-Heften war jetzt Schluss. Stattdessen gab es großblättrige, raschelige Zeitungen aus noch dünnerem Papier. Das Wunderbare an den Zeitungen war, dass sie Geschichten über George enthielten, über Beth und sogar über ihren Auftritt beim Smartest-Sheep-of-Glennkill-Contest. Wunderbar war auch, dass Rebecca manchmal mehr wusste, als geschrieben stand. Weil sie mit Beth gesprochen hatte, die inzwischen aus Glennkill fortgegangen war, um den Rest ihres Lebens mit guten Werken auf einer Insel zu verbringen.
    Am besten gefiel den Schafen die Geschichte »Schafe brachten die Wahrheit ans Licht«. Dazu hatte es ein Bild gegeben, auf dem klein, grau und geruchlos, aber unverkennbar Maple, Mopple, Othello und Zora auf der Bühne des Mad Boar abgebildet waren. Rebecca hatte es ihnen direkt vor die Nasen gehalten, damit sie es gut erkennen konnten, und Mopple hatte versucht, ein Stück Zeitung zu fressen. Seitdem durften sie die Bilder nur noch aus sicherer Entfernung ansehen.
    Es gab ein Bild von George, wie er mit einem unbekannten Lamm im Arm auf dem Rasen stand und sehr jung und abenteuerlustig aussah.
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