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Glatze mit Sommersprossen

Glatze mit Sommersprossen

Titel: Glatze mit Sommersprossen
Autoren: Wolfgang Ecke
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legte sie einen Umschlag auf den Tisch. „Dasselbe nach Abschluß!“
    Ich warf einen flüchtigen Blick auf das Angebot, und mir stockte der Atem. Ohne nachzuzählen wußte ich, daß der Betrag bei weitem das überstieg, was ich bei den letzten drei Fällen insgesamt verdient hatte.
    „Das Finanzielle wäre geklärt!“ verkündete ich. „Sie können mich morgen erwarten!“

    Knappe vierundzwanzig Stunden später traf ich mit Pinsel und Gepäck auf ,Burg Fernerstein’ ein.
    Sankt Pollawe, zu dem „die“ Fernerstein gehörte, war so winzig, daß es nicht einmal eine eigene Postleitzahl besaß. Trotzdem sah man dem Ort den Wohlstand an.
    Das Hotel, hoch oben über einer unvergleichlich schönen Landschaft, war das, was man ohne Übertreibung als Luxushotel bezeichnen konnte. Und ich war bereit, ihm noch einen weiteren Stern zuzubilligen, denn auf ,Burg Fernerstein’ gab es sogar eisgekühlte Buttermilch!!!
    Meine „Gemächer“ bestanden aus einem riesigen Raum mit jeglichem Komfort — wie sich das für einen Meisterdetektiv gehört! einem Bad mit Saunateil und einem Balkon, von dem es über dreißig Meter steil in die Tiefe ging.
    Bereits eine Viertelstunde nach meiner Ankunft lernte ich Direktor Leiermeier und die Schwester und Erbin Olga Maßwein kennen. Letztere machte auf mich den Eindruck eines ängstlichen, verschüchterten Hühnchens. Aber sie schöpfte sichtlich Mut, als ich ihr denselben zusprach. Und dann erklärte ich den beiden meinen Plan, der eigentlich gar kein richtiger war.
    „Um den hinterlistigen Tätern beikommen zu können, muß man sie auf frischer Tat ertappen“, meinte ich.
    Herr Leiermeier nickte zwar beifällig, glaubte jedoch, meine Zuversicht einschränken zu müssen. „Wer es auch sei, Herr Pfiff, die betreffende Person geht so raffiniert und vorsichtig vor, daß es sehr schwierig sein dürfte, sie auf, wie Sie sagen, frischer Tat zu ertappen.“
    „Irgendwie wird es schon klappen... Zunächst will ich versuchen, mir von den netten Verwandten ein Bild zu machen. Wie könnte das am besten geschehen?“
    „Wir essen immer alle gemeinsam an einem Tisch!“ sagte Herr Leiermeier.
    Ich zog einen Zettel aus der Tasche. Er enthielt die Namen, die mir Isabella Maßwein genannt hatte.
    „Wie erkenne ich zum Beispiel Margitta Fröhlich?“
    „An ihrer dicken Brille!“ bemerkte Olga wie aus der Pistole geschossen.
    Und Herr Leiermeier ergänzte: „Sie ist so extrem kurzsichtig, daß sie ohne Brille blind ist.“
    „Und Alfons Nagel?“
    Olga lachte kurz und bitter. „Das ist unser Cousin, Margittas Bruder. Sie erkennen ihn an zwei Merkmalen: Wo er steht, geht, sitzt oder liegt, gibt es ein gefülltes Sektglas, zum anderen wachsen ihm aus den Ohren dicke Haarbüschel!“

    „Dann habe ich hier noch stehen Theo Fröhlich.“
    „Das ist der Ehemann von Margitta. Ein ruhiger, bescheidener Mann, der ebenso ruhig und bescheiden nach Margittas Pfeife tanzt.“ Olga schien mit dem „ruhigen, bescheidenen“ Theo richtig Mitleid zu empfinden. So jedenfalls war es ihrer Stimmlage zu entnehmen.
    „Wenn Margitta verkaufen will, will auch Theo verkaufen. Wenn mich Margitta wegen meiner Furcht vor Wespen und anderem Getier auslacht, lacht auch Theo, und wenn Margitta eine Suppe versalzen schmeckt, dann legt auch Theo den Löffel beiseite. Theo hat rötliches Haar und blasse Haut. Sie können ihn in seiner Unscheinbarkeit gar nicht verfehlen...“
    „Können Sie mich so plazieren, daß ich sie mir aus der Nähe in aller Ruhe zu Gemüte ziehen kann?“
    „Ich werde es veranlassen“, nickte Herr Leiermeier.
    Es war ein netter kleiner Tisch, den man eigens für mich aufstellte, und ich kam mir vor wie auf einem Logenplatz im Kino. Keine fünf Meter von mir entfernt rollte der Film „Abendessen“ ab. Zum erstenmal sah ich alle Erben versammelt, und wenn ich ehrlich sein soll, so flößte mir die Cousine Margitta die meiste Abneigung ein.
    Olgas Beschreibung von Theo war so zutreffend, daß ich ihr heimlich anerkennend mit meiner Buttermilch zuprostete. Theo spießte nur winzige Stückchen auf die Gabel und führte diese so vorsichtig zu Mund, als fürchte er, die Häppchen beim Draufbeißen zu verletzen.
    Alfons Nagel, der Sektliebhaber, aß auch zum Abend Sekt. Siebenmal, zählte ich, füllte er sein Glas bis zum Rand. Dagegen war das, was er speiste, minimal. Am meisten beeindruckte mich sein Ohrbartwuchs. Was da aus seinen Lauscherchen wucherte, hätte man, ei der Daus und heiliges
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