Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glatze mit Sommersprossen

Glatze mit Sommersprossen

Titel: Glatze mit Sommersprossen
Autoren: Wolfgang Ecke
Vom Netzwerk:
„Ich trinke das gleiche wie Sie!“
    „Einen Augenblick, bitte!“ strahlte ich sie an, schnellte meine hundertneunundneunzig Pfund in die Höhe und anschließend in die Küche. Ich nahm die teuersten Gläser aus dem Küchen- und die Buttermilch aus dem Kühlschrank.
    Als ich beladen in die gute Stube zurückkehrte, lehnte Frau Mallinger mit geschlossenen Augen in der Sofaecke. Heiliges Kanonenröhrchen, erschrak ich, sie wird doch hoffentlich nicht eingeschlafen sein.
    Doch ich irrte! In diesem Augenblick öffnete sie ihre Tiefstrahler wieder und meinte putzpudelmunter: „Je länger ich darüber nachdenke, um so überzeugter werde ich, daß Sie der richtige Mann für meinen Plan sind. Danke!“
    Bei „Danke!“ nahm sie mir das angebotene Glas ab, leerte es bis zur Hälfte und stellte es auf den Tisch. Als auch ich wieder Platz genommen hatte, überfiel sie mich mit der Frage: „Wie stehen Sie zu Kindern, Herr Pfiff?“ Hoppla! Ich dachte eine halbe Sekunde über diese Frage nach und machte dann eine alles vereinnahmende Armbewegung. „Ich liebe Kinder, und die Kinder lieben mich. Und wenn ich einen Neffen hätte, wäre ich, Onkel Baldi, bestimmt sein Lieblingsonkel.“
    „Hm“, machte sie und sah mir nachdenklich ein Loch ins Gesicht. Hätte ich das mit dem Lieblingsonkel vielleicht nicht
    sagen sollen? Aber warum nicht? Ich liebte Kinder ja wirklich.
    „Sie glauben also, mit einem Jungen von etwa zehn Jahren auskommen zu können?“
    Ich nickte mit Eifer und Nachdruck. „Kleinigkeit!“
    „Kleinigkeit, meinen Sie?“
    Sie hatte irgendwas Komisches in der Stimme. Beim gepeinigten Samuel, ich hab’ dem Komischen keine Beachtung geschenkt. Warum warnte mich das Schicksal an dieser Stelle nicht??? Das einzige, worüber ich mich wunderte, war, was ihre Fragen mit mir als Detektiv zu tun hatten.
    „Und wenn dieser Junge nun schwierig ist?“
    „Ich bin Spezialist für Schwierigkeiten!“ antwortete der Angeber-nämlich ich.
    „Es könnte aber sein, daß der Junge sehr schwierig ist.“
    Mir kam eine Idee: „Sie meinen damit, er ist krank?!“
    „Im Gegenteil, er ist übergesund! Das meine ich mit sehr schwierig.“
    „Ich bitte Sie, Frau Mallinger, nun lassen Sie das Kätzchen aus dem Säckchen. Sie tun ja gerade so, als ginge es hier um ein Geheimnis.“
    „Gut“, nickte sie und griff nach dem Buttermilchglas, „ich will es Ihnen verraten.“ Ich lächelte ihr ahnungslos zu, während sie Schluck für Schluck schluckte und mich dabei nicht aus den Augen ließ. Nachdem sie das Glas zurückgestellt und sich den Milchschnurrbart weggewischt hatte, ließ sie „das Kätzchen aus dem Säckchen“...

Ein Geheimnis wird gelüftet

    „Wenn Sie ein Spezialist sind für Schwierigkeiten, dann könnte es eventuell klappen. Ich möchte Sie für eine Reise engagieren, Herr Pfiff!“ sagte sie.
    Blitzschnell und rasierklingenscharf kombinierte ich: „Für eine Reise mit einem schwierigen Zehnjährigen!“
    Sie sagte nichts, dafür nickte sie und ließ die weißen Löckchen wieder hüpfen.
    „Na gut, Frau Mallinger, jetzt fehlt als nächstes die Antwort auf die Frage: Wozu brauchen Sie als Reisebegleiter einen Detektiv?“ Ich räusperte mich und verbesserte: „Einen Meisterdetektiv noch dazu!“
    Die feine weißhaarige und doch so resolute Dame sah mich ein wenig ratlos an.
    „Ja, warum?“ wiederholte sie, und dann: „Also gut, ich verspreche mir was davon. Ich könnte mir vorstellen, daß Philip bei einer Respektsperson, wie es zum Beispiel ein Meisterdetektiv ist, nicht ganz so den Wilden und Widerspenstigen spielt.“
    „Tut er das sonst?“ fragte ich laut, insgeheim fragte ich mich selbst, was schon dabei sein sollte, einen zehnjährigen Wildling von einem 6rt zum anderen zu transportieren...
    „Ja, leider nimmt seine ungebremste Wildheit von Tag zu Tag mehr zu. Er ist kaum zu zügeln. Er quillt in einem fort über vor verrückten Einfällen und gefährlichen Ideen. Er ist ein Wirbelwind, und ich bin seiner Quirligkeit kaum noch gewachsen. Seine Gedanken und Ideen gleichen aufgescheuchten Ameisen.“ Sie seufzte einen abgrundtiefen, zu Herzen gehenden Seufzer.
    „Hat er Hobbys oder besondere Vorliebe für dieses und jenes?“
    „Seine Hobbys sind seine Streiche.“
    „Und wie steht’s mit der Schule?“
    „Oh, da gibt’s nichts auszusetzen. Er hat blendende Zensuren, aber...“ Sie schluckte die Fortsetzung zusammen mit der Restbuttermilch weg und schien das „aber“ vergessen zu wollen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher