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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)
Autoren: Tanja Meurer
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üblichen Prozessen in einer Klinik?
    Frau Wallraf sah sie still an. Dann erhob sie sich ebenfalls. »Das ist kein Film, Camilla.«
    Die Wortwahl und der belehrende Unterton reizten Camillas Widerspruchsgeist noch mehr. Doch bevor ihr Dinge über die Lippen sprudelten, mit denen sie sich um Kopf und Kragen geredet hätte, biss sie sich lieber auf die Zunge. Die Idee, sich auf die Suche nach ihren Eltern und Theresa zu machen, nahm langsam Gestalt an. Sie würde die nächste Möglichkeit nutzen, um sich fortzustehlen.
    Noch immer lag der Blick der Ärztin auf ihr. Für einen Moment wurde der Wunsch, wegzulaufen, übermächtig. Eilig streifte sie T-Shirt und Jacke über. Als sich Camilla umdrehte, wusste sie, dass Frau Wallraf ihr eine Flucht nicht einfach machen würde.
    Ein Handy klingelte und im ersten Moment glaubte Camilla, es wäre ihres, doch da hatte die Ärztin bereits ihr Telefon am Ohr.
    Das Gespräch dauerte nicht lang.
    »Die Beamten sind da.«
    Camillas Mut sank, als sie an den unheimlichen Andreas Grimm dachte. Das Erlebnis vor einigen Stunden reichte für ihr ganzes Leben. Mittlerweile war sie überzeugt, dass sein Bewusstsein gezielt in ihre Gedanken eingedrungen war. Er hatte versucht, zu sehen, was sie gesehen hatte. Und er hatte ihr eine Drohung übermittelt – ihr gezeigt, dass er die Macht besaß, sie zu … töten!
    Ob Grimm etwas mit Theresas Verschwinden zu tun haben könnte?
    »Ich will nicht mit den beiden reden.«
    Frau Wallraf trat auf sie zu.
    Camilla sah sich zwischen Schrank und Betten gefangen. Wenn sie jetzt nichts unternahm, würde sie erneut diesem widerlichen Beamten begegnen. Was wäre, wenn er dieses Mal Erfolg hatte und sie seinen mentalen Attacken nicht standhielt? Allein bei dem Gedanken spürte sie den unsichtbaren Klammergriff um ihre Kehle.
    Ohne länger zu überlegen, machte sie einen Ausfallschritt. Mit einem Satz über ihr Bett hatte sie bereits die Tür im Visier. Der Schwung reichte knapp über die Mitte der weichen Matratze, bevor sie unsanft über die Kante rollte und auf dem PVC aufschlug. Dumpfer Schmerz zog durch ihr Schultergelenk, während sie sich duckte und über den Fußboden zurück spähte.
    Frau Wallraf wirbelte um ihre Achse.
    Camilla federte auf die Füße und spurtete zur Tür. Dieses Mal nahm sie sich nicht die Zeit, zurückzublicken. Sie drückte die Klinke und glitt in den Flur. Ein Ruck durchfuhr sie, als die Ärztin nach ihrer Kapuze griff. Der Schreck gab Camilla zusätzliche Kraft. Unsanft riss sie sich los.
    Auf dem geraden Flur gewann sie schnell an Tempo, sie hörte noch, wie Frau Wallraf ihr etwas hinterherrief. Zimmertüren flogen an ihr vorüber, einige wurden geöffnet. Camilla betete, dass ihr kein Patient in den Weg trat oder das Personal sie aufhielt. Rasend schnell näherte sie sich der Tür des Treppenhauses, ohne dass sie gehindert wurde.
    Der Erfolg gab ihr Mut. Umso mehr erschrak sie, als sie Weißhaupt durch die verglasten Scheiben auf dem Podest stehen sah. Der Polizist öffnete die Flurtür und kam ihr entgegen. Camilla konnte nicht mehr abbremsen und prallte in vollem Lauf gegen den massigen Beamten.
    Lungen, Gesicht und Schultern taten ihr weh, als sie zurückstolperte. Sie verlor ihre Schuhe, die sie noch in den Händen hielt. Camilla hatte das Gefühl, gegen einen Baum gerannt zu sein. Weißhaupt – dessen war sie sich sicher – hatte sich um keinen Millimeter bewegt. Dennoch griff er zu, bevor sie das Gleichgewicht verlor.
    »Na na, es reicht, wenn uns heute eine von Ihnen ausbüxt«, rief er und zog Camilla näher.
    Frau Wallraf hatte sie eingeholt und trat ebenfalls heran. »Lassen Sie ihr etwas Zeit, Herr Weißhaupt.«
    Überrascht holte Camilla tief Luft. Sie hätte jeden Eid geleistet, dass sie unter Beruhigungsmittel gestellt würde, aber die Ärztin schien daran keinen Gedanken zu verschwenden. Sie legte Camilla eine Hand auf die Schulter.
    »Meine Patientin ist nicht auf der Flucht, sondern in Sorge. Frau Hofmann möchte sich an der Suche nach Theresa beteiligen, oder habe ich das falsch gedeutet?«
    Camilla nickte und schüttelte zugleich den Kopf. »Klar will ich nach Theresa suchen«, antwortete sie schließlich.
    »Und wo?«, fragte Weißhaupt.
    Camilla rückte näher an Frau Wallraf heran. Nachdenklich lutschte sie an dem Ring in ihrer Unterlippe.
    »Sie kennt in Berlin keinen. Unser Hotel vielleicht?«
    »Ich werde eine Streife hinschicken.«
    »Pfefferbett Hostel , Prenzlauer Berg.«
    Weißhaupt nickte.
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