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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)
Autoren: Tanja Meurer
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nach Luft. »Ich will weg!«
    »Warum rufen unsere Eltern nicht an?« Camilla erkannte mit Schrecken die Angst in ihrer eigenen Stimme.
    »Ihre Eltern wollten sich umgehend auf den Weg machen«, sagte Grimm aufgesetzt mitfühlend. »Theresas Eltern konnte ich nicht erreichen. Sind sie in Urlaub?«
    Camilla biss sich auf die Unterlippe. Der boshafte Unterton machte sie wahnsinnig. Aber er sagte die Wahrheit. Sie hatte in all der Panik vergessen, dass Theresas Eltern nicht zu Hause waren. Zum Glück würde ihre Familie bald da sein. Sie würde ihnen Sicherheit geben und Trost spenden, denn Theresa war für sie wie eine zweite Tochter.
    »Bald sind meine Eltern da. Dann wird alles gut«, versuchte sie, Theresa zu beruhigen, obwohl sie zu spüren glaubte, dass nichts gut werden würde. Außerhalb des unüberschaubaren Spiels, das Grimm trieb, lauerte etwas auf sie, unheimlich und gewaltig. Es schien, als wäre all das erst der Anfang.
    »Soll ich Ihnen ein Beruhigungsmittel geben?«, fragte die Ärztin leise.
    Camilla schüttelte den Kopf.
    »Sie sollten sich am besten erst mal hinlegen und versuchen, zur Ruhe zu kommen.«
    Aus dem Mund der Ärztin klang der Vorschlag eher wie ein Befehl. Dankbar nahm Camilla zur Kenntnis, dass sich die Beamten schweigend der Autorität der Ärztin beugten.

Kapitel 2
    Theresa
     
     
    C amilla konnte nicht einschlafen. Sie starrte unverwandt das Handy an, das neben ihr auf dem Kopfkissen lag. In den vergangenen Stunden hatte sie immer wieder versucht, ihre Eltern zu erreichen. Es war wie verhext. Sie nahmen nicht ab. Nicht einmal der Anrufbeantworter lief, obwohl sie nie das Haus verließen, ohne ihn einzuschalten. Auch an das Handy ging niemand. Fast glaubte sie, ihre Versuche liefen ins Leere, und nur, um ihre Idee als Unsinn zu entlarven, rief sie über den Münzfernsprecher in der Halle bei ihrer Familie an. Ohne Erfolg. Schließlich entschied sie, darauf zu vertrauen, was Frau Wallraf gesagt hatte. Wahrscheinlich hatten ihre Eltern alles stehen und liegen gelassen und befanden sich bereits auf dem Weg.
    Warum waren sie noch immer nicht hier? Fuhren sie die weite Strecke mit dem Auto? Standen sie im Stau? Wieso flogen sie nicht? Die Unsicherheit änderte sich schleichend zu Panik, die krampfhaft ihr Herz umschloss.
    Sie betrachtete Theresa, die endlich Ruhe gefunden hatte und hoffentlich zum ersten Mal an diesem Tag an nichts denken musste.
    Wo blieben ihre Eltern nur? Camilla rollte sich auf die Seite und zog die Beine an. Vielleicht saßen sie morgen früh hier, um sie in die Arme zu schließen, wenn sie erwachte. Der Gedanke kam ihr albern vor. Sie war schließlich kein Kind mehr und stand auf eigenen Beinen. Nur jetzt – jetzt wünschte sie sich nichts sehnlicher als ihre Familie. Ihre Sicht verschwamm, Tränen füllten ihre Augen. Sie verfluchte sich halblaut dafür. Ihre Kontaktlinsen rieben unangenehm. Schließlich nahm Camilla sie heraus. Sie blinzelte mehrfach, bis sie sich wieder im Griff zu haben glaubte.
    Sie wählte erneut die Nummer ihrer Mutter. Schon nach den ersten Klingeltönen gab sie auf. Sie wusste, dass niemand abheben würde. Wut und Verzweiflung wallten auf. Es war fast Mitternacht und sie waren noch immer nicht hier! Camilla warf dem Display einen zornigen Blick zu, drückte das Handy dann aber behutsam an sich. Mit einem Gefühl von Einsamkeit und Hilflosigkeit versanken ihre Gedanken in neblig dunklen Träumen.
    Der hell getünchte Flur war nur matt erleuchtet. Durch die Fenster ihres Zimmers fiel das Mondlicht schwach bis in den Gang und malte Schattenmuster auf den Boden. Die Tische und Stühle wirkten bizarr. Camilla musste sich zusammennehmen, um nicht ihrem ersten Impuls nachzugeben und sich mit Theresa im Zimmer einzuschließen.
    Das war eine Nervenklinik! So hell und angenehm sie bei Tag aussah, so unheimlich mutete der alte Bau bei Nacht an.
    Wo waren die Stationsschwestern? Musste nicht immer jemand da sein? Nervös sah sie in beide Richtungen des breiten Ganges. Sie erinnerte sich genau, dass sie an einem Schwesternzimmer vorübergekommen war. Sie warf einen Blick über die Schulter auf die schlafende Theresa und verharrte unschlüssig. Camilla wusste nicht einmal, warum sie aus dem Zimmer wollte, musste aber mit irgendetwas ihre Unruhe besänftigen.
    Leise schloss sie die Tür hinter sich. Das Einrasten des Schlosses war nichts als ein leises Klicken, das ihr in der erdrückenden Stille wie ein Pistolenschuss vorkam. Sie blieb für Sekunden
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