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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)
Autoren: Tanja Meurer
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Härchen an Camillas Armen richteten sich wieder auf. Theresas Griff wurde fester, schmerzhaft. Der Druck rieb die Knochen ihrer Hand gegeneinander. Ihre Nägel bohrten sich scharf in Camillas Haut.
    Grimm hatte etwas Lauerndes an sich. Camilla zwang sich zu anderen Gedanken, bevor ihre Fantasie endgültig mit ihr durchging.
    »Keine Angst«, sagte Weißhaupt gutmütig, »Sie sind im Urlaub, richtig?«
    Theresa nickte.
    »Aus Hessen?«
    »Frankfurt am Main.« Camilla fuhr ihren Ausschnitt entlang und zupfte am Rand ihres T-Shirts. Grimms Anwesenheit gab ihr das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.
    Weißhaupt lächelte. »Meine Tochter ist gerade im Taunus unterwegs.«
    Pflichtschuldig lächelte Camilla. Das Verziehen der Lippen fiel ihr immer schwerer. Grimms Blicke stachen in ihre Brust. Genau wie sich der Druck von Theresas Hand steigerte, verstärkte sich der Gedanke, zu ersticken. Wie durch dichten Nebel hörte sie Weißhaupts Stimme. Die Worte sickerten zäh in ihren Verstand.
    »Dann kannten Sie sicher den Mann auch nicht, oder?«
    Camilla schüttelte den Kopf. Leise hörte sie Theresa verneinen. Ein unfreiwilliges Stöhnen entrang sich ihrer Kehle.
    Frau Wallraf packte Camillas Schulter. »Alles okay, Camilla?”
    Plötzlich ließ der strangulierende Druck nach und sie konnte wieder frei atmen. Sie sog gierig nach Luft und fühlte sich, als wäre sie einen Marathon gelaufen. Ihr Herz und die Lungen hatten sich zusammengekrampft und entspannten sich endlich, wenn auch sehr schmerzhaft.
    »Also beide nicht.« Weißhaupt straffte sich. »Niemand war so dicht an dem Selbstmörder wie ihr. Er ist euch praktisch vor die Füße gesprungen.«
    Theresa saß blass wie eine Tote da und zitterte zunehmend. Vielleicht fühlte sie sich von Grimms Blicken bedrängt, aber wahrscheinlicher war, dass sie alles noch einmal vor sich sah.
    Frau Wallrafs Blick verdüsterte sich. Sie sah aus wie ein Panther vor dem Sprung, ihre Mimik drückte höchste Anspannung und Sorge um Theresa aus. Die seltsame Stimmung im Raum entging auch Weißhaupt nicht. Er tauschte einen Blick mit der Ärztin.
    »Geht es, Theresa?«, fragte sie und legte ihr sanft die Hände auf die Schultern. Ruhe strahlte von der Ärztin aus. Fast schien sie Theresa gegen die Angriffe abschirmen zu können.
    Theresa atmete mehrfach kontrolliert und schloss die Augen. Sie nickte. Ihr Griff um Camillas Finger lockerte sich und hinterließ ein Brennen an den Stellen, in die sie zuvor ihre Nägel gekrallt hatte.
    Weißhaupt räusperte sich. »Möchten Sie etwas trinken?«
    Camilla hatte eigentlich brennenden Durst, aber sie wollte das alles so schnell wie möglich hinter sich bringen. Auch Theresa schüttelte den Kopf.
    »Gut, machen wir weiter.« Weißhaupt senkte die Lider. Er grübelte offensichtlich. Als er erneut sprach, hatte sich seine Tonlage geändert. »Haben Sie gesehen, wie er gesprungen ist?«
    Theresa antwortete dieses Mal vor Camilla. »Er war plötzlich in unserem Sichtfeld und schlug auf. Ich habe gesehen, wie sein Kopf auf den Platten zerplatzte und breiter wurde. Seine Augen …«, sie würgte und presste beide Hände gegen die Lippen.
    Ihre Worte weckten den Moment erneut. Der dumpfe Aufschlag des Schädels, der unter der Haut zersprang, und die Adern, die in seinen Augen und seinem Gesicht platzten. Seine blasse Haut, die sich erst rot, dann blau verfärbte. Camilla erinnerte sich an Details, die sie am liebsten nie gesehen hätte. Der Aufprall hatte einige Zähne aus seinem Kiefer geschlagen. Sie sah seine Zunge, die er halb durchgebissen hatte, und die verdrehten, mehrfach gebrochenen Gliedmaßen, die durch Haut und Stoff stachen.
    Alles Blut wich aus ihrem Kopf. Kälte kroch in ihren Leib, trieb für Sekunden jedes Gefühl aus ihren Gliedern. Zum ersten Mal überfiel sie das entsetzliche Grauen, das Theresa bereits die ganze Zeit ertrug.
    Erst Theresas panischer Aufschrei zwang sie zurück in die Wirklichkeit. Sie befand sich nicht mehr auf der Museumsinsel, stand nicht mehr in seinem Blut. Sie saß hier, in Frau Wallrafs Büro, in Sicherheit, sofern es so etwas gab.
    Theresa weinte hysterisch.
    Erst jetzt wurde Camilla klar, dass sie all ihre Erinnerungen laut ausgesprochen hatte. Sie schloss ihre Freundin in die Arme. Theresa krallte sich fest, sie schien keine Luft zu bekommen, so hilflos, wie sie keuchte.
    »Wir brechen ab«, befahl Frau Wallraf mit fester Stimme. »Das ist mehr als genug für die beiden.«
    »Ich will heim!« Theresa schnappte
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