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GK201 - Der Hexer von Colombo

GK201 - Der Hexer von Colombo

Titel: GK201 - Der Hexer von Colombo
Autoren: A.F.Morland
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ich den Eindruck, als würde ich durch das Glas stolpern, wenn niemand da war, der mir die Tür aufmachte.
    Hinter dem Rezeptionspult stand ein Mann, dessen freundliches Gesicht ich schon mal irgendwo gesehen zu haben glaubte, aber das lag vermutlich daran, daß er ein Dutzendgesicht hatte.
    »Sie wünschen?« fragte mich der Mann im korrektesten BBC-Englisch.
    »Ich muß dringend mit Mr. Lorne Waiss aus Colombo sprechen. Welche Zimmernummer hat er?«
    »303. Aber…«
    Ich hob abwehrend beide Hände und schüttelte unwillig den Kopf. »Kommen Sie mir bloß nicht mit dem Einwand, daß keine Herrenbesuche erlaubt sind.«
    »Ich wollte etwas anderes sagen«, näselte der Rezeptionsmann.
    »Und zwar?«
    »Mr. Waiss ist nicht im Haus.«
    Statt zu fluchen, schob ich mir ein Lakritzenbonbon zwischen die Zähne. »Wissen Sie, wo Mr. Waiss hingegangen ist?«
    Natürlich wußte er es, aber er wollte es mir nicht sagen, jedenfalls nicht umsonst. Also langte ich in die Tasche und schob ihm eine Banknote zu. Jetzt war das etwas ganz anderes. Nun hätte ich sogar die Seele des Mannes haben können, doch dafür hatte ich keine Verwendung. Der Geldschein verschwand so schnell, daß ich ihm nicht einmal Lebewohl sagen konnte.
    Meine Augen wanderten hoch und blickten dem Rezeptionsmann voll ins Gesicht.
    Er sagte: »An und für sich bin ich so diskret…«
    »Wie ein Beichtvater«, nickte ich ungeduldig.
    »Und ich kann Ihnen versichern, daß ich noch niemals einen unserer Gäste belauscht habe…«
    »Genug der Werbung«, sagte ich hektisch.
    »Ich habe rein zufällig aufgeschnappt, daß Mr. Waiss von Lord Alistair Peel zur Jagd eingeladen wurde.«
    Das war wie eine Ohrfeige für mich. Ausgerechnet jetzt, wo ich mit Waiss über dieses Haus in Colombo reden wollte, ließ der Mann sich von Lord Peel zur Jagd einladen.
    »Wann hat Mr. Waiss Ihr Haus verlassen?« fragte ich wie aus der Pistole geschossen.
    »Heute morgen.«
    »Wird er wiederkommen?«
    »Das ist anzunehmen. Er hat ja noch einen Teil seines Gepäcks bei uns.«
    »Würden Sie mir einen Gefallen tun?« fragte ich den Mann, und damit er nicht nein sagte, schob ich ihm noch eine Banknote zu. Auf den Geldschein legte ich eine von meinen Karten. Der Bursche nickte schon, bevor ich meinen Wunsch vorgetragen hatte. Mit Geld kann man sich eben die halbe Welt gewogen machen – die andere Hälfte hat bereits so viel davon, daß sie darauf nicht mehr angewiesen ist. »Rufen Sie mich an, sobald Mr. Waiss die Nase zur Tür hereinsteckt, okay?«
    »Natürlich, Mister…« Er warf einen schnellen Blick auf die Karte, lächelte und sagte dann vollständig: »Natürlich, Mr. Ballard.«
    ***
    Duwa lief hastig durch den Garten.
    »Komm!« lockte die Dunkelheit. »Komm, Schwester!«
    Geisterhaft huschte die junge Frau durch die Finsternis, verschwand hinter Hibiskussträuchern, tauchte schemenhaft wieder auf, lief, lief, lief, ohne auch nur ein einzigesmal stehenzubleiben. Ihr schönes Gesicht war bleich vor Erregung. Ihr Herz klopfte wie verrückt gegen die Rippen.
    Sie war auf dem Weg zu ihm, und ihr Verlangen nach ihm peitschte sie zur größtmöglichen Eile auf.
    Rasch, und ohne sich umzusehen, durchquerte sie einen weitflächigen Park, dessen Rasen kurz geschoren war und in dem hohe Palmen sanft im Nachtwind rauschten. Das lockende Rufen wurde klarer, deutlicher, lauter.
    Duwa erreichte eine Straße. Sie war menschenleer. Wenige Autos parkten entlang des Bürgersteigs.
    Die junge Frau fühlte, daß es nun nicht mehr weit war. Bald würde sie ihr Ziel erreicht haben, dieser Gedanke beflügelte ihre Schritte. Wie eine weiße Spukgestalt huschte Duwa durch die nächtlichen Straßen. Und dann verlangsamte sie ihre Schritte. Um ihren schmalen Mund lag ein zufriedenes Lächeln.
    Sie war da.
    Zwischen zwei Gebäuden – weit zurückgesetzt und auf einem riesigen Grundstück stehend – erblickte Duwa das Haus, das zu betreten ihr eine innere Stimme befahl. Ein finsteres, bedrohliches Gebäude war es, das eine seltsame Feindseligkeit ausstrahlte. Die Fassade war alt und grau. Die Fenster waren dreckverkrustet und starrten wie die leeren Augenhöhlen eines Totenschädels in die Nacht.
    Duwa fühlte sich von diesem unheimlichen Gebäude magisch angezogen. Die junge Frau gab dem unwiderstehlichen Drang willig nach. Sie überquerte die Straße. Ihre nackten Füße patschten über den Bürgersteig. Sie betrat das große, finstere Grundstück, fürchtete die rätselhafte Stille nicht, die hier
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