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GK095 - Fahrstuhl in die Hölle

GK095 - Fahrstuhl in die Hölle

Titel: GK095 - Fahrstuhl in die Hölle
Autoren: A.F.Morland
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wiedererlangt. Möglicherweise hatte sie diesen Umstand noch nicht richtig verdaut. Vielleicht hat sie sich mit dieser Axt ihre Freiheit erkämpfen müssen. Sie floh, und plötzlich stand ihr jemand im Wege. Vielleicht nahm sie an, das wäre wieder dieser Folterknecht, dem sie schon entronnen zu sein glaubte. In ihrer panischen Angst schlug sie wieder mit der Axt zu – und traf dabei einen Unschuldigen.«
    Frank Esslin nickte.
    »Das klingt einleuchtend, Tony.«
    Ich ließ meine Zunge über die Lippen huschen. Dann nahm ich Vicky das Glas aus der Hand und trank ihren Johnnie Walker.
    »Bleibt immer noch zu klären«, meinte ich nachdenklich, »wo diese Menschen so grausam gefoltert worden sind. Und wer das getan hat. Und wo sie diese alten Äxte herhaben. Was halten Sie von einer Zeitreise, Frank?«
    Esslin lachte gequält.
    »Mann, werden Sie bloß nicht utopisch.«
    »Angenommen, diesen drei Personen gelang es auf irgendeine unerklärliche Weise, ins Mittelalter einzudringen. Angenommen, sie haben ganz kurz da gelebt, Frank. Möglicherweise sprachen ihre Körper auf diese Zeit an. Das heißt, ihre Körper lebten plötzlich in dieser Zeit. Und nun stellen Sie sich vor, diese Körper gelangen wieder in die Jetztzeit zurück. Dann müßten sie doch eigentlich zu Staub zerfallen.«
    Esslin raufte sich die Haare.
    »Ihre Logik ist haarsträubend, Tony.«
    Ich war nicht mehr zu bremsen.
    »Das würde gleichzeitig auch erklären, wieso diese drei Personen mit Äxten aus dem zwölften Jahrhundert bewaffnet waren. Und noch etwas: Damals gab es die Inquisition, Frank! Sagte Ihr Freund Dr. Dickinson Boyd nicht, daß solche Foltern zu Zeiten der Inquisition an der Tagesordnung gewesen wären, daß er sich aber nicht vorstellen könne, wer heutzutage so etwas noch tun würde?«
    Esslin fuhr sich mit der zitternden Hand über die Lippen.
    »Tony, Sie machen mir beinahe Angst.«
    »Wieso?«
    »Ihre Theorie geht dahin, daß es irgend jemand…«
    »Nicht irgend jemand! Ein Dämon!«, sagte ich.
    »… daß es irgend jemand möglich gemacht hat, Leute vom Heute ins Gestern zu befördern. Und wenn diese Leute ins Heute zurückkehren, sind ihre Körper dem Tod geweiht.«
    »So könnte ich es mir gut vorstellen«, nickte ich. »Hier ist ein grausamer Dämon am Werk, Frank. Ich kann das beinahe fühlen. Das alles riecht nach Teufelswerk. Dagegen können Polizei und Wissenschaft nichts ausrichten. Es war gut, daß Sie mich unverzüglich verständigt haben…«
    »Was werden Sie unternehmen, Tony?«
    »Ich muß versuchen, diesen Dämon zu finden.«
    »In dieser Riesenstadt? Das schaffen Sie doch nie!«
    Ich lächelte.
    »Abwarten, Frank. Die Sache liegt nicht ganz so kompliziert, wie Sie sie sehen. Ich gebe gern zu, New York ist kein Dorf. Aber was sich ereignet hat, hat sich in St. Albans ereignet. Und nur da. Deshalb werde ich den Dämon in dieser Gegend suchen. Und ich bin sicher, daß ich ihn da finden werde.«
    Esslin erhob sich.
    »Darf ich Sie zum Abendessen einladen?«
    Wir nahmen die Einladung gern an. Er kündigte an, daß er seinen Freund Dickinson Boyd mitbringen würde. Wenn ich mehr über diese seltsamen Patienten wissen wolle, dann solle ich mich an ihn halten.
    ***
    Wie der Schatten eines Riesen fiel die Dunkelheit in die Murdock Avenue.
    Summend senkte sich der Fahrstuhl ins Erdgeschoß herab.
    Endlich kam die Kabine zum Stillstand.
    Dicker Rauch qualmte aus den Ritzen, flog träge durch die Halle, verbreitete einen üblen Gestank. Langsam glitten die Lifttüren auseinander.
    Das Qualmen verstärkte sich.
    Und mitten darin in dem wabernden Nebel begann sich plötzlich etwas zu regen.
    Eine Gestalt trat aus dem Fahrstuhl.
    Die Augen groß und verstört. Starr ins Nichts gerichtet.
    Mit steifen Schritten begann der Mann zu gehen. Sein Gesicht war erschreckend fahl und schmerzverzerrt.
    Irgend etwas machte ihm wahnsinnige Angst. Es hatte den Anschein, als versuche er vor etwas zu fliehen.
    Ab und zu blieb er keuchend stehen, schaute sich mit seinem glasigen, leeren Blick um, ging dann mit staksigen Schritten weiter.
    Er fand seinen Weg, ohne es bewußt zu begreifen.
    Seine sehnige Hand lag um den Stiel einer alten Axt.
    Er atmete schwer, rasselnd, manchmal ungemein mühsam, als drohte er zu ersticken.
    Unbemerkt erreichte er den Belmont Park. Zwischen Bäumen und Büschen verschwand er.
    Sobald er sich in Sicherheit wähnte, fiel er mit einem erstickten Gurgeln auf die Knie. Er konnte sich so aber nicht lange halten,
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