Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
GK0094 - Doktor Tod

GK0094 - Doktor Tod

Titel: GK0094 - Doktor Tod
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
vorbei. Er mußte sich erst räuspern, ehe er antworten konnte. »Ich weiß es selbst nicht, Helen.«
    »Was ist denn mit den anderen? Mit Jill und Nick?«
    Hank schluckte. Sollte er ihr wirklich die Wahrheit sagen?
    Lieber nicht, sie würde es doch nicht verkraften.
    »Ich weiß es nicht«, wiederholte er sich.
    »Du lügst, Hank. Die beiden sind tot, nicht?«
    Hank zuckte zusammen. Die brutale Deutlichkeit dieses Mädchens traf ihn bis ins Mark.
    »Wie – wie kommst du denn auf so etwas?« krächzte er.
    »Sie sind tot. Glaub mir.« Helens Stimme klang leise und monoton. »Es war kein Traum, was ich erlebt habe. Wir sind in dieses Kabinett gegangen, und plötzlich war Nick verschwunden. Ich ging weiter, suchte den Ausgang. Dann hat man mich gepackt. Eine Wachspuppe. Sie brachte mich zu einem Mann. Er trug einen scheußlichen Ring am Finger. Der Mann blickte mich an, und von dort an weiß ich nichts mehr. Nur einen Satz habe ich noch behalten. ›Deine Freunde sind tot.‹ Der Mann sprach so bestimmt, daß ich ihm glaubte.«
    Helen verstummte.
    Hank lauschte noch ihren Worten nach. Er blickte starr geradeaus, vernahm das Zwitschern der Vögel und hörte es doch wieder nicht. Eine innere Leere hatte sich in ihm ausgebreitet. Als er antwortete, geschah dies rein mechanisch. »Du hast recht, Helen, es war kein Traum. Ich habe fast das gleiche erlebt. Nur«, Hank stockte, »ich habe sie gesehen. Jill und Nick, meine ich. Sie waren beide nicht mehr am Leben. Man hat sie einfach umgebracht.«
    Helen stand auf. »Wir müssen gehen, Hank.«
    »Und wohin? Wir wissen ja nicht einmal, wo wir uns befinden. Und wie sind wir überhaupt hierher gekommen?«
    »Irgendwo wird der Wald zu Ende sein. Komm jetzt.«
    Auch Hank stand auf. Mechanisch folgte er dem Mädchen.
    Nach einigen Minuten Fußmarsch stießen sie auf einen schmalen Weg. Ihn gingen sie weiter.
    Plötzlich hörten sie Glockengeläut.
    Helen blieb stehen. »Heute ist Feiertag«, sagte sie. »Jetzt ist es nicht mehr weit bis zu dem Ort.«
    Die Bäume links und rechts des Weges wurden spärlicher, machten Buschwerk Platz.
    Die jungen Leute hatten freie Sicht.
    Vor ihnen lag Tonbridge.
    Eine kleine Stadt, eingebettet in der ersten Frühlingssonne.
    Hanks Blicke wanderten nach links.
    Da lag der Rummelplatz. Deutlich konnte man das Riesenrad erkennen.
    Helen faßte nach Hanks Hand. »Laß uns weitergehen.«
    »Wir müssen zur Polizei«, sagte Hank.
    Helen schüttelte den Kopf. »Aber nicht hier. In dieser kleinen Stadt würde man uns nicht glauben. Nein, wir werden nach London fahren und zu Scotland Yard gehen. Die sollen sich um die Sache kümmern.«
    Die ersten Häuser tauchten auf. Alte Bauten und einstöckig.
    Die bunt bemalten Fensterläden wirkten freundlich.
    Menschen begegneten ihnen. Manche sahen die jungen Leute erstaunt an, die an ihnen vorbei gingen, ohne zu grüßen.
    Sie erreichten das Zentrum des Ortes.
    »Hier irgendwo muß unser Wagen stehen«, sagte Hank.
    Helen blickte sich um. »Ja, dort ist der Rummelplatz.«
    Das Gelände wirkte verlassen. Einige Kinder sprangen um die Buden herum und versuchten durch einen Schlitz in den zugezogenen Rolläden einen Blick in das Innere zu erhaschen.
    Den 2 CV hatten sie in einer kleinen Seitenstraße abgestellt. Er stand immer noch an seinem Platz.
    Hank suchte in den Taschen nach den Wagenschlüsseln. Er fand sie.
    Die beiden jungen Leute stiegen ein.
    Bevor Hank anfuhr, legte er seine Hand auf Helens Arm. Das Mädchen blickte ihn an.
    »Was ist, Hank?«
    Hank setzte zweimal an, ehe er sprechen konnte. »Wie – wie sagen wir es den Eltern?«
    Helen zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Es ist mir auch irgendwie gleichgültig. Bitte, fahr.«
    Hank war über die Reaktion des Mädchens zutiefst entsetzt.
    War Helen wirklich so gefühlskalt, oder war es nur der Schock, der sie so reagieren ließ?
    Hank hoffte auf die zweite Möglichkeit.
    Sie fuhren über die Ausfallstraße in Richtung London. Beide sprachen kaum ein Wort.
    Helen sah stur aus dem Fenster.
    Hank dachte an den gestrigen Tag, an dem sie noch alle zusammen gewesen waren, Spaß gehabt hatten – und…
    Hank biß die Zähne zusammen. Gewaltsam mußte er die Tränen unterdrücken.
    Eine Menge Spaziergänger kamen ihnen entgegen. Sie strebten Tonbridge zu, wollten wahrscheinlich auf dem Rummelplatz etwas erleben.
    Hank war versucht, anzuhalten und auszusteigen, um die Menschen zu warnen, damit sie nicht in ihr Verderben rannten.
    Er ließ es bleiben.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher