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GK0049 - Dämonos

GK0049 - Dämonos

Titel: GK0049 - Dämonos
Autoren: Jason Dark
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stürzten sich auf den schreienden Dr. Möbius.
    Sie zerrten ihn weg, hinein in den Ring aus Menschenleibern.
    Die Meute kannte keine Gnade.
    Dr. Möbius’ gellende Schreie wurden leiser, gingen in ein klägliches Wimmern über und verstummten ganz.
    Die Männer, die sich über den Toten gebeugt hatten, formierten sich wieder zu einer Reihe, so, als ob gar nichts gewesen wäre.
    Samantha schloß schaudernd die Augen.
    Dämonos lachte auf. Wild, satanisch.
    »Bringt sie her zu mir!« gellte seine Stimme.
    Die beiden Chinesen schoben Samantha bis dicht vor den Altar.
    Dämonos hielt immer noch den wertvollen Dolch in der Hand. Jetzt streckte er den Arm aus und drückte die Spitze der Waffe leicht gegen Samanthas Hals.
    Die Frau stand stocksteif. Ein feiner Blutfaden lief zwischen ihren Brüsten herunter.
    »Diese Frau«, dröhnte Dämonos’ Stimme auf, »wird das letzte Opfer an die Göttin sein, bevor sie zurück auf die Erde kommt. Li Ten Sai wird die Seele der Frau gnädig aufnehmen. Es ist die letzte, die noch fehlt.«
    Dämonos machte eine Pause.
    Dann schob er seinen Fuß vor und trat gegen eine bestimmte Stelle des Altars.
    Etwas Seltsames geschah.
    Die eine Wand der Halle schob sich plötzlich auseinander und gab den Blick auf ein Verlies frei, in dem ein bläuliches, aus dem Nichts kommendes Licht zu schweben schien.
    »Dreh dich um!« befahl Dämonos und ließ die Hand mit dem Dolch sinken.
    Samantha gehorchte.
    Ihr Blick traf genau die Stirnwand des Verlieses, die aus einer riesigen bleigrauen Scheibe bestand und hinter der zwei überdimensionale Augen schimmerten.
    »Die Göttin Li Ten Sai!« rief Dämonos.
    Die Meute warf sich auf die Knie. Die Männer hatten, genau wie Samantha, zum erstenmal die Göttin gesehen. Für sie war dieser Anblick ebenfalls unheimlich und schockierend.
    Samantha konnte ihren Blick nicht von den riesigen Augen lösen. Sie hatte das Gefühl, in den schwarzen, endlos tief scheinenden Pupillen zu ertrinken. Eine unsichtbare Kraft schien sie vorwärts zu ziehen, direkt auf die blaugraue Scheibe zu, in das Zentrum der Hölle.
    Hart packte Dämonos ihr Handgelenk. Seine Finger waren kalt und gefühllos.
    Samantha stöhnte auf. Sie wand sich unter dem Griff.
    Brutal zerrte Dämonos sie auf den Altar. Samantha spürte das kalte Gestein unter ihrem nackten Rücken und erschauerte.
    Dämonos’ schlitzäugige Fratze starrte sie an. Samantha sah sie durch einen dichten Tränenschleier.
    Sie wußte, diesmal konnte ihr keiner helfen.
    Garry Santer fiel ihr ein. Bestimmt hatte auch er auf diesem Altar gelegen, der das Blut vieler Menschen in sich hineingesogen hatte.
    Dämonos schwang seinen rechten Arm herum.
    Der flackernde Fackelschein spiegelte sich in dem blaugrauen Stahl des Dolches. Die Spitze vibrierte leicht.
    Samantha öffnete den Mund. Sie wollte ihre ganze Not hinausschreien.
    Doch nicht ein Laut drang aus ihrer trockenen Kehle.
    Dämonos beugte sich tiefer über sie. Die Dolchspitze näherte sich ihrem Gesicht.
    Samanthas Lippen bebten. Angst, grenzenlose Verzweiflung schüttelten ihren Körper durch.
    Wie aus weiter Ferne vernahm sie den monotonen Singsang der Männer.
    »Das letzte Opfer der Göttin!« zischte Dämonos. »Eine Seele noch – dann kommt sie wieder! Das Ziel ist erreicht!«
    In einem letzten Aufbäumen schloß Samantha Croydon die Augen und wußte doch, daß es zwecklos war, daß sie dem Messer nicht mehr entrinnen konnte…
    ***
    Der Chinese wandte sich langsam um und zog die Tür so weit zu, daß sie nur noch einen Spalt offen stand.
    Wenn jetzt nicht ein Wunder geschah, mußte er John Sinclair sehen.
    Das Wunder geschah. Der Chinese ging direkt nach rechts, ohne sich ein einziges Mal umzudrehen.
    Vorsichtig balancierte er auf den nassen Steinen entlang.
    John hatte unwillkürlich den Atem angehalten. Jetzt stieß er ihn erleichtert aus.
    Der Inspektor wartete, bis der Chinese weit genug weg war, löste sich von der Wand und schlüpfte durch die Tür.
    Ein stockfinsteres Verlies nahm ihn auf.
    John schaltete kurz die Taschenlampe an. Der scharfgebündelte Strahl wanderte über feuchtes Gestein und erfaßte eine Treppe.
    John hatte die Tür hinter sich fast geschlossen. Das Rauschen des Kanals war kaum noch zu hören.
    Dafür drang jedoch ein anderes Geräusch an Johns Ohren.
    Gesang! Monoton und einschläfernd.
    Er kam von oben, also über die Treppe.
    John handelte kurz entschlossen. So schnell es ging – aber dennoch immer auf seine Sicherheit bedacht –
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