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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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mehr als eine Kleinigkeit
schiefgehen könnte.
    Also los! Bünzli tastete mit seinen wulstigen Fingern an Hummels
Leiste herum.
    »Ja, wo isch denn das Äderli?«, murmelte er.
    Er versuchte den Zugang zu legen. Einmal, zweimal.
    Die Pfleger warfen sich amüsierte Blicke zu. »Hagottzack, isch des
en Schinkchre«, entfuhr es ihm nach dem dritten vergeblichen Versuch.
    Dass der Schinken in dem Moment aufwachte, jagte dem Oberarzt einen
ziemlichen Schrecken ein.
    »Schin…ken…?«, stammelte Hubertus.
    »Überprüfen Sie sofort den Zugang für das Schlafmittel«, befahl Bünzli
barsch.
    Bevor Hummel überlegen konnte, wo eigentlich der Chefarzt
abgeblieben war, schlief er wieder ein.
    Beim vierten Versuch spürte Bünzli endlich keinen Widerstand mehr.
Der Katheter war drin.
    »So, jetzt lueget mer mol inni«, sagte Bünzli und ließ sich von
einer Schwester die Stirn abwischen. Die Zugangsschleuse war gelegt.
    Nun bloß den richtigen Weg nehmen, sagte er sich, während er den
Katheter weiter in den Körper einführte. Als er nach ein paar ungelenken
Manövern endlich mit der Katheterspitze im Herzen angekommen war, beobachtete
Bünzli besorgt die Sprünge, die das Patientenherz auf dem EKG anzeigte. Vor
allem, als er an den Herzwänden entlangfuhr, nahmen die Rhythmusstörungen zu.
    »Jetzt das Kontrastmittel verabreichen«, forderte er einen der OP-Pfleger
auf, der mit einer Art Spritzenpistole das Mittel über einen Schlauch in den
Körper beförderte.
    Für Bünzlis Verhältnisse lief der Rest der Untersuchung reibungslos.
Jetzt noch ein ordentlicher Druckverband an der Leiste, aber das würden ja zum
Glück die Pfleger erledigen.
    Als Hubertus Hummel erneut aufwachte, stand gerade rechtzeitig
wieder der Chefarzt in grüner OP-Kleidung vor ihm.
    »Es ist alles gut verlaufen. Haben Sie gut gedreamt? Wir haben
jedenfalls hervorragend geteamt. Gleich holt Sie der Stationspfleger ab und
bringt Sie auf Ihr Zimmer.«
    Hubertus hatte tatsächlich etwas geträumt. Allerdings weder von
Kuhglocken noch von Kokospalmen. Er war beim Einkauf in seiner Stammmetzgerei
gewesen. Dort hatte hatte ihm der Metzger Schwarzwälder Kirschwasser eingeflößt
und zwischen abgehangenem Schinken und Salami eine Herzkatheteruntersuchung an
ihm durchgeführt. Es war schrecklich gewesen!
    »Ich schaue heute Abend noch mal bei Ihnen rein. Dann besprechen wir
auch den Befund«, erklärte Brückner, bevor er das Zimmer verließ.
    Hummel war eigentlich immer der Überzeugung gewesen, eine
Schwarzwälder Rossnatur zu haben und mindestens so alt wie sein Großvater zu
werden – sechsundneunzig Jahre. Und zwar bei genauso guter Gesundheit und bei
normalem Lebenswandel. Normal hatte für seinen Großvater geheißen, immer einen
gesunden Appetit auf Deftiges zu haben, schon mal gerne einen über den Durst zu
trinken und »Stumpen« zu rauchen. Das mussten die guten Gene sein, hatte Hummel
beschlossen und sich sogar vorgenommen, die Hundert vollzumachen.
    »Herr … hm«, begann der Chefarzt am Abend die Befundbesprechung.
»Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden. Sehr positiv ist, dass wir
bei Ihnen keine Herzkranzgefäße weiten mussten. Das bedeutet auch, dass Sie
nicht akut herzinfarktgefährdet sind.«
    Hummel schnaufte tief durch.
    »Schön, dann kann ich ja heute Abend nach Hause.« Er fühlte sich
schlagartig viel besser.
    »Nun mal langsam, Herr …«
    »Hummel. Ist aber auch egal.«
    »Sie sollten das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Immerhin
haben wir beim Herzkatheter festgestellt, dass Sie einige Engstellen in den
Herzkranzgefäßen aufweisen. Das wundert mich nicht bei Ihrem Beruf. Lehrer sind
heutzutage unglaublichem Stress ausgesetzt. Ich will Ihnen ja nicht zu nahe
treten: Aber Sie machen auf mich den Eindruck, enorm unter Strom zu stehen.«
    »Der Eindruck täuscht«, erwiderte Hummel trotzig. »Einige Engstellen
in den Herzkranzgefäßen? Könnten Sie das bitte konkret erläutern?«
    »Momentan ist die Durchblutung gewährleistet. Wir sollten aber
schauen, dass sich die Herzkranzgefäße nicht weiter verengen. Wir wollen Sie
doch nicht noch mal auf dem Kathetertisch haben. Aber dafür sollten Sie darüber
nachdenken, ob Sie Ihr Leben nicht etwas umstellen. Mehr Sport, fettarme
Ernährung, vor allem weniger Alkohol. Sie haben eine höhere Gamma-GT als unsere
komplette Ärzteschaft am Zentralklinikum zusammen.«
    Es hatte den Anschein, als musterte der Professor demonstrativ
Hummels Bauch, der sich unter der
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