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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
Autoren: Martin Krist
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beiden Gesprächspartner strafften ihre Haltung, als sie erkannten, wer dort auf sie zugeschritten kam. Niemand Geringeres als die Bundeskanzlerin persönlich: Elisabeth Heynemann. Ihren erwartungsvollen Blicken nach zu urteilen, hofften die beiden Polizisten darauf, ihr vorgestellt zu werden, aber da hatten sie sich geschnitten. Was glaubten die eigentlich, wer sie waren?
    Die Kanzlerin begrüßte den versammelten Fraktionsvorstand, der sich wie auf Kommando zum Halbkreis formierte, einschließlich Praktikant Götting. Mit jedem tauschte Heynemann kurze Nettigkeiten aus, bis sie schließlich vor von Hirschfeldt stand.
    Sie trug ihr Haar kürzer und blonder als noch bei ihrem letzten Aufeinandertreffen, was sie ein paar Jahre jünger wirken ließ. Leider machten die tiefen Grübchen um ihre Mundwinkel diesen positiven Eindruck wieder zunichte. Auch das Lächeln auf ihren Lippen war nur schwer zu deuten. Doch von Hirschfeldt war ihr oft genug begegnet, um sicher zu sein, dass sie sich freute. »Glückwunsch, mein Lieber!«
    »Elisabeth, ich freue mich, dich zu sehen.« Von Hirschfeldt schüttelte ihre Hand. »Aber bitte, gratuliere uns erst nach Wahlschluss am Sonntag.«
    »Es darf doch wohl als gesichert gelten, dass wir die Hauptstadt zurückerobern.« Wie eine stolze Tante ihren kleinen Neffen stupste sie ihn an. »Und das ist im Wesentlichen dein Verdienst.«
    »Ein Verdienst der Partei.«
    »Na, na, du und deine falsche Bescheidenheit. Ich habe dich gerade auf der Bühne erlebt. Und das nicht zum ersten Mal. Du sprichst den Menschen aus der Seele. Du bist ehrlich, verkörperst das, was sie sich selber wünschen: Erfolg, Zufriedenheit, Glück. Aber auch Vertrauen. Du und deine reizende Frau, deine Kinder, ihr lebt vor, dass der familiäre Zusammenhalt gerade in diesen schweren Zeiten wichtig ist.« Wie zur Bestätigung ihrer eigenen Worte nickte sie. Dann spitzte sie nachdenklich die Lippen und wandte sich nach rechts. »Und was ist mit dir, Karl-Edmund? Wo ist denn dein Sohn?«
    »Er ist heute nicht da.«
    »Hab ich ihn nicht gerade noch gesehen?«, meldete sich Praktikant Götting zu Wort und brachte sich in Stellung. »Soll ich nach ihm suchen?«
    »Nein, da hast du dich geirrt.« Von Hirschfeldt fluchte in sich hinein. »Er ist nicht da. Er ist heute leider verhindert.«
    »Schade«, befand die Kanzlerin. »Es hätte auch dir gut gestanden, wenn deine Familie mit dir auf der Bühne gestanden hätte, Karl-Edmund.«
    »Beim nächsten Mal bestimmt.«
    Sie sah kurz zum Praktikanten und neigte dann fragend den Kopf. »Aber es ist alles in Ordnung, oder?«
    »Natürlich«, sprang von Hirschfeldt abermals seinem Freund Karl-Edmund bei. »Alles ist in bester Ordnung.«
    »Sehr schön«, konstatierte die Kanzlerin. »Genau das ist es, was ich an euch mag: Ihr predigt nicht nur, ihr lebt vor, was ihr sagt. Das macht Eindruck. Nicht nur bei mir.«
    Abrupt packte sie von Hirschfeldts Ellbogen und zog ihn ein Stück weg von den anderen. »Ich frage mich allerdings …«
    Von Hirschfeldt sah sie aufmerksam an.
    »… ob du bereit wärst, bei den kommenden Bundestagswahlen auf Bundesebene zu kandidieren.«
    Von Hirschfeldts Mundwinkel zuckten nach oben, aber er unterdrückte die ihn plötzlich durchflutende Freude.
    »Frieder, reden wir nicht um den heißen Brei herum: Wir haben das intern bereits besprochen. Ich möchte dir den Posten des Justiziars der CDU-Fraktion im Bundestag in Aussicht stellen.« Sie sah ihn aufmerksam an. »Und später dann die Nachfolge von Dr. Peter Karschle.«
    »Dem Innenminister?«
    »Kennst du noch einen anderen Dr. Karschle?«
    Obwohl es genau das war, was von Hirschfeldt für seine Zukunft angestrebt hatte, war er dennoch überrascht, dass die Kanzlerin ihm so unverblümt und noch dazu heute, zwei Tage vor den Wahlen, das Angebot unterbreitete. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Wie wäre es mit danke?«
    »Ich danke dir.«
    Sie bot ihm die Hand dar.
    Er schlug ein. »Danke, Elisabeth.«
    Sie lächelte andeutungsweise. »Nichts zu danken, Frieder.«
    Dann verabschiedete sie sich vom Rest der Fraktion und schrieb noch einige Autogramme, bevor ihr Götting einen Rosenstrauß in schwarz-rot-gelben Farben überreichte. Die Kanzlerin belohnte ihn mit einer herzlichen Umarmung, so dass dem Jungen die Brust vor Stolz zu platzen drohte. Es war davon auszugehen, dass er das Hemd für die nächsten Monate nicht mehr waschen würde.
    Kaum war die Kanzlerin verschwunden, stand Karl-Edmund neben
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