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Ghostwalker - Raven, M: Ghostwalker

Ghostwalker - Raven, M: Ghostwalker

Titel: Ghostwalker - Raven, M: Ghostwalker
Autoren: Michelle Raven
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Gespräch, ohne Felicia ausreden zu lassen. Zuerst überlegte sie, das Handy ganz auszuschalten, doch dann erinnerte sie sich, dass sie es im Krankenhaus auf stumm gestellt hatte. So würde sie zumindest nicht mitkriegen, wenn ihre Mutter versuchte, sie zurückzurufen – oder eben auch nicht. Den Kopf gesenkt steckte sie das Handy in die Hosentasche, während sie versuchte, die Tränen zu unterdrücken, die hervorbrechen wollten. Wie konnte ihre Mutter ihr das antun?
    Caruso trat näher und legte seine Hand auf ihre Haare. »Geht es dir gut?« Isabel konnte seine Besorgnis in ihrem Kopf spüren. Spätestens jetzt wurde ihr endgültig klar, dass er wirklich die Wahrheit sagte, und die Tragweite dieser neuen Erkenntnis traf sie mit voller Wucht.
    Zögernd blickte sie auf, eine Träne löste sich und lief über ihre Wange. »Es tut mir leid, ich kann nicht … «
    Heftig schüttelte sie seine Hand ab und rannte an ihm vorbei. Sie riss die Tür des Motelzimmers auf und stürzte nach draußen. Caruso rief etwas, aber sie konnte jetzt mit niemandem reden, sondern wollte nur allein sein, um ihre Gefühle und Gedanken unter Kontrolle zu bringen. So schnell sie konnte, lief sie über den Parkplatz und über die daran anschließende Wiese. Hinter einem Baum brach sie zusammen und sackte zu Boden. Zitternd schlang sie die Arme um ihre Beine und vergrub ihr Gesicht an ihren Knien. Als Kind hatte sie Henry Stammheimer geliebt und wollte immer so werden wie er, ein bedeutender Wissenschaftler, der Gutes für die Menschen tat. Doch das hatte sich gegeben, als sie älter wurde und ihr Vater die Arbeit seiner Familie immer mehr vorzog, was letztendlich zur Scheidung geführt hatte. Als er sie dann letztes Jahr auch noch zusammen mit Bowen im Keller seines Hauses eingesperrt hatte, hatte sie sich gefragt, ob sie Henry überhaupt je gekannt hatte. Trotzdem war es ihr nicht gelungen, jegliche Gefühle für ihn abzulegen.
    Hatte Henry gemerkt, dass sie nicht seine Tochter war, und hatte sie deswegen einfach so abschreiben können, als wäre sie nicht mehr als ein lästiges Anhängsel, das ihn bei seiner Arbeit störte? Ihr Herz schmerzte bei dem Gedanken, aber es war eine Erklärung dafür, wie er ihr so etwas hatte antun können. Durch seinen Tod war es ihr nicht möglich gewesen, ihn wirklich dafür zu hassen, zu groß war der Schmerz gewesen. Doch jetzt drängte Wut über sein Verhalten in ihr hoch, und die Frage quälte sie, ob er gewusst oder zumindest geahnt haben konnte, dass sie nicht seine leibliche Tochter war. Das war noch eine Sache, die sie nun nie herausfinden würde.
    Isabel hob den Kopf und blickte mit verschwommenem Blick in den dunklen Himmel. Trotz der bestimmt immer noch dreißig Grad zitterte sie. Mühsam stand sie auf. Keira würde sicher bald zum Motel zurückkehren und sie wollte die Berglöwenfrau nicht beunruhigen. Ob Caruso noch da war? Oder hatte er sich überlegt, dass es vielleicht doch nicht so spaßig war, ein Teil ihres Lebens zu werden? Sie konnte es ihm nicht einmal verdenken. Nach allem, was im letzten Jahr passiert war, wollte sie selbst nicht an ihrem Leben teilnehmen. Leider konnte sie es sich nicht aussuchen.
    Genervt schüttelte Isabel den Kopf. Nein, es war nicht alles schlecht gewesen, es hatte durchaus auch schöne Momente gegeben. Ihre Freundschaft zu Claire zum Beispiel oder die Tatsache, dass sie jetzt ihren Highschool-Abschluss in der Tasche hatte. Und die wenigen Momente, in denen sie Bowen so nahe gewesen war wie vorher noch keinem Menschen. Noch jetzt glaubte sie, ihn manchmal in ihrem Kopf spüren zu können, doch das konnte nur Einbildung sein. Ihre Verbindung war endgültig abgerissen, als sie sich im Haus ihres Vaters verabschiedet hatten und Bowen mit Coyle weggegangen war. Bowen schien sie vollständig aus seinem Leben gestrichen zu haben, sonst hätte er sich irgendwann bei ihr gemeldet oder wäre mit Marisa und Coyle nach Nevada gekommen. Die Tatsache, dass er es vorzog, im Lager zu bleiben, sollte ihr ein für alle Mal klarmachen, dass er trotz des Kusses im Keller kein Interesse an ihr hatte.
    Das tat weh, aber sie würde lernen, damit zu leben. Vielleicht traf sie an der Universität einen interessanten Mann, der ihr half, Bowen zu vergessen. Ungebeten tauchte sein Gesicht vor ihren Augen auf: die schwarzen Haare und grüngoldenen Augen, der weiche Mund und die hohen Wangenknochen. Dazu der kräftige Körper, der bereits wie der eines Erwachsenen gewirkt hatte. Er war der
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