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Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig

Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig

Titel: Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig
Autoren: Peter Wilhelm
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Aushilfen mitzählt, beschäftigen wir zwischen vierzehn und zwanzig Personen, bilden junge Bestatter und Kaufleute aus und sind, wenn man das so sagen kann, ganz gut im Geschäft.
    Unser Haus hat drei Etagen, im Kellergeschoss die Technik (so nennen wir den Teil, in dem die Verstorbenen versorgt werden), das Sarglager und die Kühlräume, im Erdgeschoss die Büros, Beratungsräume und unsere eigene Trauerhalle mit Abschiedsräumen, und im Obergeschoss befindet sich unsere Wohnung.

    Damit Sie die nun folgenden Geschichten besser verstehen, sollten Sie einige der handelnden Personen kurz kennenlernen.

Sandy
    Sandy sieht klasse aus, ist mit achtundzwanzig Jahren noch recht jung, aber durch und durch Bestatterin und, um im Duktus zu bleiben, mein bestes Pferd im Stall. Ja, sie ist recht ungewöhnlich, schwankt zwischen Gothic und Punk, schafft es aber immer wieder, im richtigen Moment passend aufzutreten. Sie stand vor fünf Jahren auf einmal in meinem Büro und fragte nach einem Job. »Ach nee, nicht schon wieder«, dachte ich, denn es kommt immer mal wieder vor, dass junge Leute bei mir vorsprechen, nur um bei ihren Freunden mit einem »coolen«, ungewöhnlichen Job zu prahlen. Aber Sandy legte mir erstklassige Zeugnisse eines amerikanischen Bestattungsunternehmens vor; sie kam damals direkt aus den USA, wo sie zehn Jahre mit ihren Eltern gelebt hatte.
    Bis heute weiß ich nicht, welche Haarfarbe sie wirklich hat, wir haben da schon alle Farben gesehen, aber damals war sie blond, und vielleicht war es auch ein bisschen die Art, wie sie immer mit ihren Fingern durchs Haar fuhr, die mich schwach gemacht hat.
    Auf jeden Fall beeindruckte mich, dass sie ein sogenanntes Embalming Certificate, den Befähigungsnachweis zum Einbalsamieren, vorweisen konnte und ich sie, im Gegensatz zu vielen anderen jungen Leuten, nicht von Grund auf ausbilden musste.
    Sandy wurde sofort zum festen Inventar bei uns, keine Arbeit war ihr zu schwer, egal was es zu tun gab, sie war mit dabei, und jeder in der Firma empfand ihre Anwesenheit als echte Bereicherung und Erleichterung. Ihre Anstellung nach der Probezeit war daher nur eine Formsache.
    So ein paar Sachen muss ich allerdings hinnehmen, dazu gehört, dass sie in arbeitsschwächeren Zeiten auch mal ein Nickerchen unter dem Schreibtisch macht oder dass es im hintersten Lager auch schon mal nach verbranntem Heu riecht. Hinsichtlich der Arbeitszeit habe ich es nach einigen Wochen aufgegeben, mit ihr zu diskutieren. Wenn es nötig ist, bleibt sie ohne Anweisung bis zu zehn oder zwölf Stunden da, bis eben alles erledigt ist, und dafür kommt sie am nächsten Tag einfach später oder geht früher. Wenn ich sie brauche, ist sie auf jeden Fall immer da, und genau darauf kommt es mir an.
    Die anderen Mitarbeiter gucken manchmal etwas neidisch auf sie, und eine Weile wurde gemunkelt, dass zwischen ihr und dem Chef etwas laufe und sie nur deshalb so viel Freiheiten habe, aber da Sandy auf Frauen steht und daraus kein Geheimnis macht, verstummten diese Gerüchte doch recht schnell.
    Wir haben ja eine einheitliche Berufskleidung für unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen angeschafft. Es gibt genau drei Leute in unserer Firma, die davon befreit sind: Herr Huber unten in der Technik, ebendiese Sandy und natürlich ich. Sandy allerdings muss sich entsprechend umziehen, wenn sie zu Kunden fährt oder sie in unserem Haus betreut. Dann sieht sie sogar sehr vornehm aus, was vor allem auch daran liegt, dass man ihre vielen Tätowierungen nicht sieht.
    Ihre Arbeit ist stets tadellos, ihre Beratungen sind erstklassig, und die Kunden, die mit ihr zu tun haben, sind durchweg zufrieden.
    Sandy hat eben auch dieses amerikanische Gespür für Service und Kundenzufriedenheit und bindet die Kunden sehr gut an sich.
    Dafür nehme ich so manchen Trubel und so manches Theater, oft auch zähneknirschend in Kauf.

Frau Büser
    Frau Büser ist schon immer in unserem Unternehmen. Sie hat in den späten 70ern als Bürokraft hier angefangen und kennt den Betrieb wie keine andere. Sicher, souverän, manchmal etwas kühl, ist sie so etwas wie die Mutter der Kompanie. Alle Abläufe im Büro koordiniert und delegiert sie und ist in erster Linie auch für die Ausbildung unseres kaufmännischen Nachwuchses zuständig.
    An ihr vorbeizukommen ist ungefähr so schwer, als wolle man an sechs CIA-Agenten vorbei zum amerikanischen Präsidenten vordringen. Kurzum: So eine Seele braucht unser Unternehmen.

Herr Huber
    Auch Herr Huber
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