Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1
Autoren: Strugatzki Boris
Vom Netzwerk:
mal«, sagte Maxim, »ich habe gar nicht vor, eure Schlösser zu entzaubern und eure schlafenden Schönheiten zu wecken. Ich bin lediglich auf der Suche nach jemandem, der ein bisschen Grips im Kopf hat und mir mit den Positronenemittern weiterhilft.«

    Die Zauberer aber stellten sich taub. Zuerst versperrten sie Maxim mit einem meterdicken, morschen Baumstamm den Weg, dann rissen sie die Betondecke auf, hoben eine gewaltige Grube aus und füllten sie mit fauligem, radioaktivem Schlamm. Als selbst das nichts half und auch die blutrünstigen Mückenschwärme ihre Stechattacken irgendwann einstellten, tauchten die Zauberer zum Ende der Nacht den Wald in dicken, eisigen Nebel. Maxim begann zu frieren und schlug einen Laufschritt an, um sich aufzuwärmen. Die ölige Nebelsuppe roch nach Fäulnis und feuchtem Metall; aber bald mischte sich Rauchgeruch hinein, und Maxim begriff, dass irgendwo in der Nähe ein Feuer brannte.
    Der Tag brach an, und im fahlen Licht der Morgendämmerung entdeckte Maxim etwas abseits der Straße eine Feuerstelle. Daneben stand eine niedrige, mit Moos bewachsene Steinhütte; das Dach war eingestürzt, die Fenster unverglast. Menschen waren nirgendwo zu sehen, doch Maxim hatte das Gefühl, dass sie ganz in der Nähe waren und sicher bald zurückkehrten. Er sprang über den Straßengraben und ging, bis zu den Knöcheln im modrigen Laub versinkend, auf direktem Weg zur Feuerstelle.
    Sehr zur Freude seiner niederen Instinkte, strahlte das Feuer eine wohlige, archaische Wärme ab. Alles war so einfach: Man hockte sich hin, wärmte sich die Hände am Feuer und wartete schweigend darauf, dass einem der Hausherr einen Teller heißer Suppe und ein Getränk reichte. Der Hausherr war zwar nicht da, aber über dem Feuer hing ein rußiger Kessel, in dem eine dicke, scharf riechende Suppe köchelte. Neben der Feuerstelle stand ein schmutziger, halbleerer Sack mit Tragegurten. Auf dem Boden, etwas weiter entfernt, lagen zwei Kittel aus grobem Stoff, zwei große Becher aus verbeultem Blech sowie ein paar sehr merkwürdige Gegenstände aus Eisen.
    Maxim blieb eine Weile am Feuer sitzen, starrte in die Flammen und wärmte sich. Dann stand er auf und betrat das
Haus, vom dem jedoch wenig mehr übrig war als die vier steinernen Wände. Über dem brüchigen Gebälk, das früher einmal das Dach getragen hatte, graute der Morgenhimmel, und beim Begehen der verfaulten Bodenbretter fürchtete Maxim, jeden Moment einzubrechen. Aus den zum Teil freiliegenden, morschen Bodenbalken wuchsen Büschel himbeerfarbener Pilze. Sie waren giftig, aber gut durchgebraten würden sie sicher eine genießbare Mahlzeit ergeben. Der Gedanke ans Essen allerdings verging Maxim, als er im Halbdunkel einer Ecke ein Skelett entdeckte, dessen weiße Gebeine unter ausgeblichenen Stofffetzen hervorschauten. Maxim grauste es. Er wandte sich um, ging die zerfallenen Stufen hinab, formte die Hände zu einem Trichter und schrie aus vollem Halse »He-he, ihr Sechszehigen!« in den Wald. Sein Ruf verhallte irgendwo im Nebel zwischen den Bäumen. Niemand antwortete ihm. Nur ein paar Vögel tschilpten aufgebracht über seinem Kopf.
    Maxim kehrte zur Kochstelle zurück, warf ein paar trockene Zweige ins Feuer und schaute in den Kessel. Die dicke Suppe brodelte. Er sah sich um, entdeckte eine Art Schöpflöffel, roch misstrauisch daran, wischte ihn sorgfältig am frischen Gras ab und prüfte noch einmal den Geruch. Vorsichtig schöpfte er den grauen Schaum von der Suppe und kippte ihn in die Glut. Er rührte um, nahm einen Löffel voll Suppe heraus, blies und probierte sie mit gespitzten Lippen. Gar nicht übel, dachte er, schmeckt so ähnlich wie Tachorg-Lebereintopf, nur schärfer. Maxim legte den Schöpflöffel beiseite, nahm den Kessel vorsichtig und mit beiden Händen vom Haken und stellte ihn im Gras ab. Er sah sich noch einmal um und rief: »Frühstück ist fertig!« Nach wie vor hatte er das Gefühl, dass der Herr des Hauses sich in unmittelbarer Nähe aufhielt, aber weder im nebelnassen Gebüsch noch auf der Straße regte sich etwas, und außer geschäftigem Vogelgezwitscher und dem Prasseln des Feuers war nichts zu hören.

    »Dann eben nicht!«, sagte er laut. »Wie ihr wollt. Ich fange jedenfalls an.«
    Maxim gewöhnte sich sehr schnell an den Geschmack. Entweder lag es an dem übergroßen Löffel oder an den niederen Instinkten - auf jeden Fall verging keine Minute, und Maxim hatte sich ein Drittel der Suppe einverleibt. Mit Bedauern rückte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher