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German für Deutsche

German für Deutsche

Titel: German für Deutsche
Autoren: Jo Wueller
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greift begierig nach fast jedem Anglizismus. Es gibt Gründe, dass Anglizismen das Deutsche zunehmend prägen. Das Fragen nach den Gründen soll durch Vorverurteilung eines Anglizismus als » unnötiges Luxuslehnwort« nicht verhindert sein.
    Wie viele Anglizismen gibt es?
    In diesem Buch werden gut 600 Anglizismen vorgeführt. Es ist eine Auswahl. Sie folgt vier Kriterien:
Die ausgesuchten Anglizismen begegnen uns im Alltag.
Sie werfen ein Schlaglicht auf die besondere Kultur, in der sie ihren Platz haben.
Sie sollen möglichst überraschende Sprachfundstücke liefern.
Und sie sollen – wenn es möglich ist – einen bösen Kommentar des Autors gestatten. (Der schießt schwer berechenbar in alle Richtungen; selbst die eigene.)
    Wortgruppen wie Coach, Coacher, Coaching, coachen oder Consultant, Consulter, Consulting wurden unter einem Beitrag abgehandelt. Eine genaue Zählung samt einigen Ableitungen käme schon auf etwa 800 Wörter. Bei meinen Recherchen, die sich über fünf Jahre hinzogen, fand ich jedoch bereits 3135 Anglizismen (Zählungsstopp bei der Druckabgabe dieses Textes).
    Und auch das ist nur eine Auswahl. Dieser größere Fundus basiert auf Medien, die öffentlich sind. Also am gut sortierten Kiosk erhältliche Zeitungen und Zeitschriften, deutschsprachige Bücher, dazu die Sendeangebote des deutschsprachigen Satelliten- TV -Angebots, und vor allem: deutschsprachige Webseiten. Das Internet hat den Vorzug, die Inhalte aller Medien zu versammeln. Das macht die Suche nach interessanten Fundstücken leichter.
    Die Fachsprachen von Programmierern oder Tiefbauingenieuren oder Klimaforschern oder anderen Spezialisten blieben außen vor. Wer nicht zu diesen Gruppen gehört, wird mit deren Fachsprache auch (meist) nicht konfrontiert.
    Was treibt die Wissenschaft in Sachen Anglizismenforschung? Ein dreibändiges Anglizismen-Wörterbuch aus dem Jahr 2001 versammelt etwa 3500 Sprachimporte. Hier werden aber auch Lehnübersetzungen aufgeführt, denen die englische Abkunft nicht mehr anzusehen ist.
    Eine Anglizismenliste des Verbands Deutscher Sprache kommt auf knapp 6000 Anglizismen. Die liest sich in weiten Teilen aber wie ein schludrig kompiliertes Basiswörterbuch des Englischen. Dort genannte Wörter wie absence ( » Abwesenheit«), ambitious ( » ambitiös, ehrgeizig«) oder announcement ( » Ankündigung«) tauchen sicher an sehr vereinzelten Stellen in ansonsten deutschsprachigen Dokumenten auf. Sie gehören aber nicht zu der medialen Sprachsphäre, an der sich deutsche Leser-Hörer-Sprecher abzuarbeiten haben, wenn sie in der gegenwärtigen Gesellschaft kompetent kommunizieren wollen. Die VDS -Anglizismen-Liste ist zugleich aufgebläht wie unterbelichtet, weil viele durch Medien verbreitete englische Fachbegriffe aus Marketing und digitaler Technik nicht zu finden sind. Die Macher können sich eben darauf verlassen, dass ihre Fans nicht die Liste prüfen, sondern lediglich die Zahl der Einträge mit Grausen bewundern.
    Neologismenwörterbücher, wie sie für die 1990er und dann für die ersten Jahre des neuen Jahrtausends im Rahmen universitärer Forschungsprojekte erstellt wurden, kommen für die erste Phase auf knapp 1000, für die spätere auf 2200 Neologismen. Davon sind gut ein Drittel Anglizismen. Das wären etwa 1200 frische Anglizismen für die Zeit zwischen 1990 und 2007. Durchschnittlich 70 Anglizismen pro Jahr – reicht das für ein sprachapokalyptisches Bedrohungsszenario?
    Noch unübersichtlicher wird das anglophone Sprachgeschehen, wenn man sich die faszinierende Eigenart des Deutschen vergegenwärtigt, durch Zusammensetzung unendlich viele neue Wörter bilden zu können. Was macht man mit Advergame Marketing, Daily Soap Design, Weekend Shopping oder dem Relax Center? Oder im Umfeld der Ski-Zeitgeist-Spielart Carving mit Carving-Ski, Carving-Boots, Carving-Piste, Carver-Cult und After-Carving-Chilling? Eine Zählung aller Varianten wäre schlicht unfair. Oder auch nicht: denn die Unzahl der rein deutschen Kombi-Packungen wie » Mülltonnen-Treppenaufwärts-Werfen« oder » Raumlageorientierungsstörung« würde das Verhältnis zwischen Anglizismen und Gesamtwortschatz ja wieder korrigieren.
    Manche durch computerisierte Textanalyse erstellten Neologismen-Listen wie » Die Wortwarte« (wortwarte.de), gepflegt von Lothar Lemnitzer von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, listen auch die Unzahl von Wortkombinationen auf, wie sie nur anekdotisch-episodisch zu finden sind,
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