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Gerettet von deiner Liebe

Gerettet von deiner Liebe

Titel: Gerettet von deiner Liebe
Autoren: CARLA KELLY
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Sie blieb aufrecht stehen, ließ nur den Arm sinken. „Wagen Sie, diese Anschuldigungen zu leugnen?“, schrie sie mit schriller Stimme, die den allgemeinen Aufruhr übertönte.
    Sag etwas, James, flehte Susannah innerlich, die ihren schluchzenden Sohn an sich drückte.
    James stand wie vom Donner gerührt mit versteinerter Miene da, und Susannah konnte es kaum ertragen, ihn anzusehen. Sir Joseph schlug mit dem Hammer energisch auf den Tisch, doch niemand schenkte ihm Beachtung.
    Alle Blicke richteten sich wieder auf James. Mit einer entschlossenen Geste nahm er die Medaille ab und legte sie auf den Tisch. Es wurde still im Saal.
    „Nein!“
    Susannah schaute sich erschrocken um, bevor ihr klar wurde, dass sie gesprochen hatte. Nachdem sie Noah sanft neben sich auf den Stuhl gesetzt hatte, eilte sie den Mittelgang entlang und stieg die Stufen zum Podium hinauf, wo ihr Patenonkel sich kreidebleich mit beiden Händen auf den Tisch stützte und ihr Mann mit gesenktem Kopf und geschlossenen Augen neben ihm stand.
    Den Blick auf James gerichtet, wischte Susannah sich hastig die Tränen fort und stellte sich zwischen die beiden Männer, denen ihre tiefe Liebe gehörte. Dann wandte sie sich an die beiden Herren, die ihrem Patenonkel auf das Podium geholfen hatten und ebenso fassungslos waren wie alle anderen Festgäste.
    „Bringen Sie Sir Joseph einen Stuhl, meine Herren“, befahl sie in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
    Susannah berührte den Arm ihres Mannes. James stand wie gelähmt da. Nun gut, wenn er nicht bereit war, sich zu verteidigen, würde sie es eben tun. Sie vergaß all ihre Hemmungen und Schüchternheit. Beau Crusoe hätte gehandelt, aber offenbar gab es ihn nicht mehr.
    „Lady Audley, Sie sollten sich schämen!“, rief sie mit lauter Stimme in den stillen Saal. „Dieser Mann hat furchtbare Strapazen durchgestanden, die kein anderer überlebt hätte.“ Sie hielt Ausschau nach Sir Richard Bickerton. „Die Lords der Admiralität wissen, welches Grauen ihm widerfahren ist, und haben ihn von jeder Schuld freigesprochen. Ja, er hat Menschenfleisch gegessen, um nicht elend zu verhungern. Ich ersuche alle Anwesenden in diesem Saal, ihr Gewissen zu erforschen, was sie an seiner Stelle getan hätten, um zu überleben.“
    Nun verstummten auch die weinenden Frauen. Mit zitternder Hand griff James nach seiner kleinen Zeichnung der Gloriosa, während Susannah sich wieder an das Publikum wandte. „Hat er sich des Mordes an Timothy Rowe schuldig gemacht? Die Admiralität hat ihn auch von dieser Tat freigesprochen, an die er sich nicht einmal erinnert. Er hat aus Selbstverteidigung gehandelt, weil ein geistig verwirrter Mann ihn töten wollte. Und wieder stelle ich die Frage: Wozu wären Sie fähig, wenn es darum ginge, Ihr eigenes Leben zu retten?“
    Es war so still im Saal, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören. „Um der Anschuldigung, ein Frauenverführer zu sein, entgegenzutreten, frage ich sämtliche in diesem Saal anwesenden Herren: Können Sie sich vorstellen, Lady Audley ließe sich verführen? Ich hege den Verdacht, das genaue Gegenteil trifft zu. Diese Dame ist eine schamlose Männerverführerin.“ Susannah blickte der Frau, die immer noch hoch erhobenen Hauptes in der Zuschauermenge stand, direkt ins Gesicht, das mittlerweile beinahe so rot angelaufen war wie ihr Kleid. „Lady Audley, schämen Sie sich nicht, Jagd auf einen verwirrten Mann zu machen, der fünf Jahre auf einer einsamen Insel ausgesetzt war?“
    Ihre Worte hallten in dem großen Saal wider. Lady Audley war im Begriff, sich auf Susannah zu stürzen, hätte ihr Mann sie nicht unsanft zurück auf ihren Platz gezwungen.
    Ein anderer Besucher sprang auf. Es war der untersetzte Schneider, auf den James Susannah beim Betreten des Saales aufmerksam gemacht hatte. „Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergeht, meine Damen und Herren“, rief er in heller Empörung und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Aber ich bin gekommen, um an einer Preisverleihung teilzunehmen.“
    „Hört, hört!“, wurden Zwischenrufe laut.
    Der Schneider aber war noch nicht fertig. „Ich heiße Thomas Redfern und bin der Schneider von Beau Crusoe. Meinetwegen werfen Sie ihm vor, die halbe Royal Navy verzehrt zu haben. Aber er ist der einzige Herr unter diesen erlauchten Gästen, der seine Schneiderrechnung pünktlich bezahlt!“
    Das Publikum verstummte abermals schockiert, und dann wurde verlegenes Räuspern laut und unterdrücktes Kichern
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