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Geraeuschkiller - Mutige Liebe

Geraeuschkiller - Mutige Liebe

Titel: Geraeuschkiller - Mutige Liebe
Autoren: Eva Severini
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heute Abend mit Knut drittes Programm
guckst, kannst du mich vielleicht in Großaufnahme sehen. Ordentlich
Lampenfieber hab ich! Unser Laienchor unter der Leitung von Rebrinow – live
übertragen!«
    Ihre Augen
strahlten. Seit Monaten bereitete sich der Chor fieberhaft auf das
Benefiz-Konzert vor. »Ich freue mich so, dass der Chefarzt mich heute von der
Spätschicht freigestellt hat!«
    Clara
begleitete sie zum Auto, half ihr den Kleidersack zu verstauen und winkte ihr
nach.
    Im Haus war
es bedrückend still. Das Tschilpen und Kreischen von Jule und Pünktchen fehlten
ihr. Wie gut, dass Knut, der Fischer, auf sie wartete. Bei Knut durfte sie
immer übernachten, wenn ihre Mutter abends im Chor sang und ihr Vater
geschäftlich verreist war. Knut wohnte in einem kleinen Haus am Meer.
    Sie ging
noch einmal zu Jule und Pünktchen. Stumm und verängstigt saßen sie im Käfig.
Clara öffnete das Türchen und streichelte die beiden. »Keine Angst«, flüsterte
sie. »Es ist bestimmt bald vorbei! Ganz bestimmt!«
    Aber das
flaue Gefühl im Magen wollte nicht vergehen. Sie füllte die Futternäpfe auf,
goss Trinkwasser nach und schloss das Türchen. Am liebsten hätte sie die beiden
mitgenommen zu Knut.
    »Morgen
früh bin ich wieder da!«, sagte sie und breitete sorgsam das Schlaftuch über
den Käfig. Anders als sonst, wenn sie zu Knut fuhr, fühlte sie sich nicht froh.
Alles kam ihr so fremd vor, als wäre die Welt aus den Fugen geraten.
    Sie holte
ihren Rucksack und packte Zahnbürste und Schlafshirt ein. Dann schob sie ihr
Fahrrad aus dem Keller und machte sich auf den Weg zu Knut. Am Karussell im
Kiefernwald wollte sie Pedro treffen. Er kam auch mit zu Knut.
    Der Weiher
lag lautlos da, obwohl der Wind kleine Wellen schlug. Die Enten schwammen stumm
ihre Runden. Sie lauschte in den Wald hinein. Wo sonst um diese Stunde die
Vögel sangen, war nichts zu hören. Als sie an dem kleinen Bach vorbeikam, der
sich durch die Wiese schlängelte, stieg sie vom Rad, legte sich auf den Bauch
in die Wiese und hielt den Kopf ganz nah ans Wasser – das Plätschern war
verschwunden.
    Beklommen radelte sie
weiter.

Auf der Ringstraße
     
    Knut, der
Fischer, war ein bärtiger Mann mit sonnengegerbtem Gesicht, der gut nach Meer
und nach Fisch roch. Große raue Hände hatte er und einen rotblonden
Lockenschopf. Er wohnte in einem kleinen Haus direkt am Meer.
    Um zu ihm
zu gelangen, musste Clara die B 105 überqueren, die das Dorf umfuhr und den
gesamten Durchfahrtsverkehr aus dem Umland aufnahm. Am Freitagnachmittag
donnerten hier pausenlos die Autos vorbei. Vom Lärm und den Auspuffgasen wurde
ihr noch elender zumute. Wie sie diese Straße hasste.
    Mit einem
Mal war ihr, als hörte sie ein hohes Röcheln um sich her. Kaum wahrnehmbar. Sie
schaute sich um. Sie konnte nichts Ungewöhnliches entdecken. Die Autoschlange
rollte stinkend und wummernd am Dorf vorbei. Es war alles wie immer.
    Aber das
Röcheln nahm unaufhaltsam zu.
    Fantasierte
sie schon?
    Jetzt
verzerrte sich das Tosen des Verkehrs zu einem metallischen Splittern, als
würden die Motoren auseinander brechen. Ein grässliches Gurgeln und Würgen
waberte für den Bruchteil einer Sekunde über die Ringstraße. Es kam von den
Autos!
    Dann war es
plötzlich totenstill.
    Aber die
Autos rollten weiter! Ohne einen Laut rollten sie weiter! Clara biss sich auf
die Zunge vor Entsetzen. Kein Motorgeräusch, kein Reifengeräusch!
    Nach dem
ersten Schock drehten die Leute durch. Die Autofahrer hupten, traten auf die
Bremsen, doch das alles sah sie nur – sie hörte es nicht! Manche gaben vor
Schreck Vollgas und prallten dem Vordermann aufs Heck. Im Nu stand der ganze
Verkehr still. Viele Autofahrer stiegen verärgert aus und klappten die
Kühlerhaube auf, um den Motor zu untersuchen.
    Clara kam
es so vor, als wäre sie am Straßenrand angewachsen, wie in den Albträumen, in
denen man um sein Leben rennt und keinen Schritt weiterkommt.
    Schließlich
riss sie sich los und schob ihr Rad durch das Chaos. Wo steckte ihre Mutter
gerade? Vielleicht ist sie schon im Konzerthaus und hat nichts davon
mitbekommen, beruhigte sie sich. Sie versuchte sie übers Handy zu erreichen.
Vergeblich. Jetzt telefonierte jeder. Die Mobilfunknetze waren überlastet.
    Sie musste
schnell zu Knut radeln, er wusste sicher einen Rat, und sie bog in den schmalen
Weg ein, der durch den Kiefernwald führte.
    Immer
tiefer fuhr sie in den Wald hinein. Sie mochte diesen Weg. Wie gut es hier
immer nach Harz duftete! Das
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