Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gequält

Gequält

Titel: Gequält
Autoren: Hans Koppel
Vom Netzwerk:
ist.«
    »Ich weiß.«
    Sara holte tief Luft und kaute nachdenklich auf ihrer Lippe.
    »Und was hat deine Schwester gesagt?«, fragte sie schließlich.
    »Was?«
    »Sag nicht die ganze Zeit Was . Deine Schwester, als du sie angerufen hast, was hat sie gesagt?«
    »Sie ist nicht drangegangen. Es hat fünf Mal geklingelt, dann war besetzt.«
    »Sie hat deinen Anruf nicht angenommen?«
    Henk antwortete nicht.
    »Steht ihr euch nahe, deine Schwester und du?«
    »Nicht direkt«, sagte Henk und sprach lauter, als richte sich sein Flehen an beide. »Habe ich euch jemals reingelegt? Ihr kapiert doch wohl, dass nicht einmal ich so dumm wäre!«
    Er drehte sich zu Matte um, den das, was da ablief, nicht zu interessieren schien. Sara ergriff Henks Hände.
    »Es geht nicht darum, wer was gemacht oder nicht gemacht hat. Du bist hier, aber das Geld nicht. Ob ich dir glaube oder nicht, ist irrelevant.«
    »Irrelevant?«
    Henk wiederholte das Wort als Frage.
    »Das heißt, es ist egal«, meinte Sara.
    »Aber ich  … «
    »Schhh, hör mir jetzt gut zu. Ob es um dich geht oder Conny oder sonst jemanden, ist mir schnuppe. Das Geld ist weg. Du hattest den Auftrag, es bei mir abzuliefern, du bist verantwortlich. Mehr will ich nicht wissen.«
    »Ich bring das in Ordnung, versprochen. Du kriegst jede Krone zurück. Ich werde dieses Schwein jagen, bis ich ihn gefunden habe, und dann  … «
    Sara hob die Hand. Henk hörte auf zu reden. Er atmete schnell und stoßweise, als wäre er gejoggt.
    »Ich bin doch nur der Bote«, fuhr er fort. »Du kannst doch nicht einfach den Boten erschießen.«
    »Meine Erfahrung ist eine andere. Es ist nie ein Zufall, wer einem die schlechten Nachrichten überbringt. Und wie bereits gesagt, geht es nicht um Schuld, es geht um Verantwortung, und die hattest du.«
    Sara hielt die weiße Plastiktüte in die Höhe, die sie aus dem Handschuhfach mitgenommen hatte. Sie öffnete sie langsam, wie jemand in einem Sketch eine Banane schält. Dann legte sie die Waffe auf den Tisch, ohne sie anzufassen.
    Henk stützte sich mit den Händen an der Tischkante ab.
    »Du hast nicht einmal genug Zeit, um nachzudenken«, sagte sie.
    »Nein. Verdammt. Ich  … «
    »Du bist stark, du schaffst das schon.«
    Henk keuchte angestrengt. Sein Hals war bis hoch zu den Wangen rotfleckig.
    »Bitte  … Also, ihr kriegt euer Geld. Ich finde ihn. Ich begehe einen Banküberfall.«
    »Und dann wirst du gefasst, und die Polizei fragt nach dem Warum, und du kannst dein Maul nicht halten.«
    Sara betrachtete ihn amüsiert.
    »Verdammt. Ich schwöre. Gib mir eine Chance. Ich beschaffe das Geld. Oder was anderes, was du willst. Sag mir, was ich machen soll.«
    »Es gibt Alternativen«, meinte Sara. »Das stimmt.«
    Henk nickte eifrig. Sein Kinn zitterte.
    »Ich könnte Matte sagen, dass er dich umbringen soll. Aber dann verspreche ich dir, dass ich die Kugel für deine Schwester aufhebe.«
    Henk sah sie fragend an.
    »Meine Schwester? Und was hat die damit zu tun?«
    Sara zuckte mit den Achseln.
    »Du hast sie angerufen. Das reicht mir.«
    Henks Lippen bewegten sich, aber kein Laut war zu hören. Er sah zu Matte hinüber, aber der rührte sich nicht.
    »Die Entscheidung liegt bei dir«, sagte Sara.
    »Ihr müsst euch Conny schnappen. Er hat das Geld geklaut, nicht ich.«
    Sara hob beide Hände in die Höhe.
    »Ihr seid wie kleine Jungs im Sandkasten«, sagte sie. »Er hat mir meine Schaufel geklaut. Das ist alles nicht mein Problem, oder?«
    Sie lächelte erneut. Fast mütterlich.
    »Wie gesagt, du hast eine Wahl.«
    Henk sah die Waffe an, Sara betrachtete ihn.
    »Was ist sie von Beruf?«
    »Wer?«
    Henk blinzelte Sara nervös an.
    »Deine Schwester. Was macht sie?«
    »Was?«
    »Sie hat doch wohl eine Arbeit?«
    Henk versuchte zu schlucken, aber sein Mund war genauso trocken wie seine Kehle. Er verzog das Gesicht.
    »Sie arbeitet als Kundenberaterin in einer Bank.«
    »Dann wirst du also Millionär.«
    Sara betrachtete Henk eingehend. Sein Gesicht zuckte, seine Hände zitterten.
    »Also, was ist dir lieber?«, sagte sie. »Kommst du allein klar, oder soll ich Matte rufen?«
    Henk antwortete nicht. Sara seufzte ungeduldig und hob den Arm. Matte richtete sich auf, um ihr beizustehen. Henk nahm die Pistole. Sara gab Matte ein Zeichen, und dieser lehnte sich wieder an den Kofferraum.
    »Ich könnte dich erschießen«, sagte Henk.
    Die Waffe zitterte in seiner Hand, und seine Stimme versagte fast. Seine Worte waren eine leere
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher